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Jeff Young / Choose Your Own Unknown – CD-Review

CD-Review-Jeff Young-Choose Your Own Unknown

Mit "Choose Your Own Unknown" legt der Amerikaner Jeff Young sein mittlerweile sechstes Soloalbum in zwanzig Jahren vor. Das mag quantitativ zwar auf den ersten Blick etwas mager aussehen, aber der Mann ist pausenlos beschäftigt. Nicht nur ist er festes Bandmitglied bei Jackson Browne, er ist auch ständig entweder im Studio oder auf der Bühne mit Leuten wie Eric Clapton, Sting, Josh Smith, Alanis Morissette, Bonnie Raitt oder Steely Dan im Einsatz. Aber hin und wieder nimmt er sich doch immer mal eine Auszeit, um seine eigenen Alben aufzunehmen. Mit Pure Herringbone und More Song Than Dance konnten wir euch ja bereits zwei Scheiben des in Kalifornischen Santa Monica lebenden Musikers vorstellen.

Und obwohl diese beiden Platten bereits auf ganz hohem Niveau waren, hat er mit seinem neuesten Werk nochmal einen draufgesetzt. Musikalisch ist sich Young auch auf den neun brandfrischen Tracks treu geblieben. Das ist feinster angebluester, pop-rockiger Soul der absoluten Spitzenklasse. Neben seinem festen musikalischen Partner Erik Eldenius hatte er außer weiteren jahrelangen Begleitern wie Toshi Yanagi (guitars), Jorgen Carlsson und Tim Lefebvre (bass) oder Danielle DeAndrea (background vocals) auch wieder einige Größen der Szene ins Studio eingeladen. Dass Leute wie der Top-Gitarrist Michael Landau, die Pedal Steel-Koryphäe Greg Leisz oder Luis Conte dann auch bereitwillig zusagen, spricht bereits Bände über das Ansehen von Jeff Young. Selbst sein Sohn Skyler hat sich für einen Titel ("Yesterday’s Blues") nicht lumpen lassen und den Bass übernommen.

Eine ganz starke, offensichtlich an die eigene Mutter gerichtete, Ballade ist "Two Years Shy Of A Century". Dieser, im vergangenen Jahr im Alter von (wie es der Titel schon sagt) stolzen 98 Jahren, verstorbenen Lady wird hier mit wunderschönem Piano, den Saiten-Künsten eines Greg Leisz und sehr einfühlsamem Gesang des Protagonisten gehuldigt, ach was, geradezu ein Denkmal gesetzt. Einer der stärksten Tracks dieser Scheibe. Mit "Cold Sweat" vom 'Godfather of Soul', Mister James Brown, ist die einzige Coverversion vertreten. Die hat Jeff Young hier interessanterweise zu einem Reggae umfunktioniert, nie jedoch ohne die soulige Grundauslegung aus den Augen zu verlieren. Anders, aber genauso cool!

"Long Handle Spoon" spricht einfach nur Bände über großartiges Songwriting, während "The Darkside" deutlich introvertierter kommt und ein paar nicht ganz so schöne Aspekte im Leben eines Menschen beleuchtet, oder besser gesagt betrachtet. Ein tolles Duett mit Melanie Nyema liefert sich der gute Jeff beim Opener "The Beauty Of A Woman", dessen Text von (der Schauspielerin) Audrey Hepburn stammt. Für "Art Of Conversation" sind schließlich Michael Landau und die glänzende Harmony-Sängerin Michelle Wolf am Start.

Erstaunlich rockig geht es dagegen beim Titelsong zur Sache, der so locker-luftig und trotzdem kraftvoll rockt, dass es eine wahre Freude ist. Ach ja, der (Titeltrack) ist übrigens gleich zweimal vertreten, selbst wenn sich die bluesige Version zum Ende der Scheibe auch ein gutes Stückchen anders anhört, ganz andere Vibes versprüht. Diesmal zur Abwechslung dann auch instrumental. Ganz tief in die Seelenmusik greift Young beim "Yesterday’s Blues", der auf einer wahren Begebenheit beruht. Nicht nur hier richtig klasse kommen auch immer wieder die Background Vocals der jeweiligen Ladies, speziell die von Danielle DeAndrea.

Dies ist ein Album für die ruhigeren Stunden, wenn man einfach mal für sich sein bzw. in sich gehen will. Seele baumeln lassen, Gedanken nachhängen, diese tollen Songs auf sich wirken und warm ums Herz werden lassen. Jeff Young bietet mit "Choose Your Own Unknown" den perfekten Soundtrack dazu. Aber nicht nur, denn die Scheibe funktioniert auch auf ganz anderen Ebenen, kann nahezu zu jedem Anlass laufen. Zweifelsfrei die beste der drei Scheiben, die ich bisher von dem Amerikaner kenne.

Im September ist Jeff Young nach drei Jahren erstmals wieder in Deutschland auf Tour. Haltet ein Auge (bzw. Ohr hinsichtlich des Albums) offen für diesen Mann. Wird sich lohnen!


Line-up Jeff Young:

Jeff Young (piano, e-piano, Hammond organ, Wurlitzer, lead & background vocals)
Erik Eldenius (drums, moog bass – #4, tremolo guitar – #4)
Mauricio Lewak (drum loop – #4)
Aaron Comess (drums – #6)
Luis Conte (percussion – #6)
Jon Evans (electric bass – #1)
Tim Lefebvre (electric bass – #2,3,9, double bass – #10)
Jorgen Carlsson (electric bass – #5,7)
Zev Katz (electric bass – #6)
Skyler Young (electric bass – #8)
Mark Shulman (electric guitar – #2,5)
Toshi Yanagi (acoustic guitar – #4, electric guitar – #3,4)
Kirk Fletcher (electric guitar – #6)
Michael Landau (electric guitar – #7)
Jon Herington (electric guitar – #8)
Greg Leisz (pedal steel & weisenborn guitar – #9)
Frank Mead (blues harmonica – #10)
Melanie Nyema (lead vocals – #1)
Danielle DeAndrea (background vocals – #1,3,4,6,8,10)
Erica Canales (background vocals – #1,3,8)
Kevin McCormick (background vocals – #3)
Kat Dyson (background vocals – #6)
Michelle Wolf (background vocals – #7)

Tracklist "Choose Your Own Unknown":

  1. The Beauty Of A Woman
  2. Cold Sweat
  3. Choose Your Own Unknown
  4. Rosario
  5. Long Handle Spoon
  6. The Darkside
  7. Art Of Conversation
  8. Yesterday’s Blues
  9. Two Years Shy Of A Century
  10. Choose Your Own Unknown (Blues reprise)

Gesamtspielzeit: 45:34, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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