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Jesse Malin / The Fine Art Of Self Destruction – 2LP-Review

Jesse Malin - "The Fine Art Of Self Destruction" - 2LP-Review

Die Geschichte von Jesse Malin ist eine ziemlich spannende, denn ursprünglich kommt der Amerikaner aus der New Yorker Punk Rock- und Hardcore-Szene, bevor er seine Solokarriere einschlug. In den Jahren 1980 bis 1984 war er mit der Band Heart Attack am Start, von der 2002 immerhin eine Compilation alter Aufnahmen erschien. Anschließend ging es weiter zu den Glam-Punks D Generation, mit denen in den Neunzigern drei Alben (plus ein Reunion-album im Jahr 2016) entstanden. Nach deren Auflösung traf Malin seinen Kumpel Ryan Adams wieder, der sich nach dem Genuss von Jesses neuen Songs spontan anbot, dessen Debütalbum zu produzieren. "The Fine Art Of Destruction" erblickte in Europa schließlich 2002 (in den USA erst 2003) das Licht der Welt und sorgte zu recht für einige hochgezogene Augenbrauen und anerkennendes Nicken. Viele Kritiker konnten zunächst gar nicht glauben, es teilweise tatsächlich mit einem Singer/Songwriter-Album zu tun zu haben.

Was den guten Ryan Adams schon damals beeindruckte, hinterlässt auch beim Rezensenten umgehend seine Spuren. "Queen Of The Underworld" ist ein flotter Pop-Rocker, der mit jeder Menge Feeling und guten Melodien auf sich aufmerksam macht. Beginnt "TKO" zunächst etwas langsamer, besticht dennoch umgehend die brüchige Stimme des Protagonisten, der eine zwar unsichtbare, dafür aber umso schwerere Last auf seinen Schultern zu tragen scheint. Im Refrain wird es deutlich rockiger und die Fußwippe setzt sich automatisch in Bewegung. Nach dem rockigen "Downliner" wird bei "Wendy" gleich weiter aufs Gaspedal getreten wird. Die doch recht hohen Vocals mögen anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, gefallen jedoch mit jedem Hördurchgang besser. Mit "Brooklyn (Walt Whitman In The Trash)" schließt sich der Favorit des Rezensenten an. Eine ruhigere, melancholischere Nummer, die erneut jede Menge Feeling erzeugt und über einen fast schon unverschämt starken Refrain verfügt.

Die zweite Seite der Vinyl-Ausgabe wird mit dem Titelsong und viel Atmosphäre eröffnet, während Malin hier erneut durch sein starkes Songwriting punkten kann. Mit lediglich von Percussion unterstütztem Gesang beginnt das eine leichte Paranoia ausstrahlende "Riding On The Subway" seine einfangenden Runden zu ziehen. Sehr cool das von der Surf-Music der Sechziger beeinflusste Gitarrensolo und auch hier setzt sich der Refrain sehr schnell im Ohr des Hörers fest. "High Lonesome" schaltet dann erst mal wieder einen Gang höher. Grandios kommt das sehr offensiv vorgetragene "Solitaire", bei dem mit trotzig-rotziger Stimme herbeigeschrien wird, dass der Protagonist keinen anderen Menschen zum Glücklichsein braucht, die Art des Vortrags jedoch genau das Gegenteil vermittelt. Klasse! Der neben "Brooklyn" zweite echte Hit dieser Scheibe ist die sehr starke Pop/Rock-Nummer "Almost Grown" mit tiefgründigem Text, bevor die Platte von dem melancholischen "Xmas" abgeschlossen wird.

Dieses Album wurde also zum zwanzigsten Geburtstag sowohl digital, als auch dem mir vorliegenden Doppel-Vinyl noch einmal aufgelegt. Die zweite Scheibe enthält den sehr guten Bonus Track "Cigarettes And Violets" sowie weitere Songs des Original-Albums, die aber allesamt im vergangenen Jahr 2022 noch einmal, oft in abgespecktem Sound, neu eingespielt wurden. Feine Zugabe!

Über "The Fine Art Of Self Destruction" ist im weltweiten Netz immer wieder zu lesen, dass sich die Scheibe deutlich nach Ryan Adams und sogar ein bisschen nach Bruce Springsteen anhört. Vergleiche, die ich hier einfach mal dahin gestellt lassen möchte, da Jesse Malin durchaus und dazu eindeutig sein eigenes Profil, seinen eigenen Ausdruck und seine ganz eigene Art des Songwriting hat. Definitiv ein bärenstarkes Debütalbum, dem der Amerikaner seither bereits acht weitere folgen ließ.


Line-up Jesse Malin – Sides 1 & 2:

Jesse Malin (acoustic guitars, lead vocals)
Johnny Pisano (bass, upright bass, background vocals)
Paul Garisto (drums)
Joe McGinty (piano, Hammond organ, Wurlitzer)
Toby Dammit (percussion)
Ryan Adams (electric guitars, keyboards, background vocals)
Melissa Auf der Maur (background vocals)
Richard Fortus (lead guitar – #A1)
Esko (guitar – #A2)
Knox (cello)

Line-up Jesse Malin – Sides 3 & 4:

Jesse Malin (acoustic guitars, lead vocals)
Derek Cruz (bass, guitars, keyboards, background vocals)
Rob Clores (keyboards)
Randy Schrager (drums & percussion)
Paul Garisto (drums & percussion)
David 'Immy' Immerglück (guitars, mandolin)
Amanda Cross (background vocals – #D4)

Tracklist "The Fine Art Of Self Destruction":

Side 1:

  1. Queen Of The Underworld
  2. TKO
  3. Downliner
  4. Wendy
  5. Brooklyn

Side 3:

  1. Brooklyn (Walt Whitman In The Trash)
  2. Downliner (Afterglow Version)
  3. Solitaire (Song For Kelly Keller)
  4. Almost Grown (Busker Version)

Side 2:

  1. The Fine Art Of Self Destruction
  2. Riding On The Subway
  3. High Lonesome
  4. Solitaire
  5. Almost Grown
  6. Xmas

Side 4:

  1. Queen Of The Underworld (Cantina Version)
  2. Cigarettes And Violets ’22
  3. High Lonesome (PBR Vacation)
  4. Xmas, Etc.

Gesamtspielzeit: 19:47 (Side 1), 23:29 (Side 2), 16:21 (Side 3), 16:26 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2023 (2002)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. Rainer Hellstern

    Markus, das Album ist wirklich sehr gut.

    1. Markus Kerren

      Hi Rainer,

      sag ich doch 🙂

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