Nach High Priest Of Nothing (2011), Told You So (2015) sowie "What You Need" (2019) ist Jimmy Reiters vierte Veröffentlichung – unschwer am Titel zu erkennen – ein Live-Album.
"Live" beinhaltet vierzehn Songs.
Zehn davon wurden Anfang 2020 im Blue Note, Osnabrück und vier im Wiener Reigen eingefangen.
Zum Quartett-Line-up gesellen sich für ganze sieben Nummern Tenor-Saxofonist Dmitry Suslov und Jürgen Wieching am Bariton-Saxofon.
Neben Jimmy Reiter spielt Nico Dreier die gehaltvollen Keyboards. Der Niederländer Jasper Mortier zupft die dicken Saiten und Björn Puls ist für die geschmeidigen Beats zuständig.
Viel mehr geht nicht. Bei der Gesamtspielzeit von fast neunundsiebzig Minuten kommen keine Klagen auf.
Die Mixtur aus Eigenkompositionen – unter anderem einige mit Doug Jay geschriebenen Nummern – sowie Coversongs ist stimmig.
Der Blues von Jimmy Reiter kommt auf der vorliegende Platte herrlich locker-flockig groovend in Schwung.
"Waiting For My Luck To Change" braucht nur wenige Sekunden, um die Fußwippe zu aktivieren. Ein erstes virtuoses Solo-Statement des Bandvorstehers zieht die Aufmerksamkeit an und ja, wenn man von einer eingespielten Band spricht, dann trifft das im positiven Sinn auch auf diese Formation zu.
Als zentrales "Live"-Stück darf man ohne Zweifel "Give It To Me Straight" ansehen.
Nicht nur wegen der über zwölf Minuten Spielzeit gehen die Erwartungen des Hörers in die Höhe. Mit dem Gebläse-Duo und einem Nico Dreier, der seine Keyboards auf Piano-Klänge eingestellt hat, werden wir von einem Slow Blues geradezu verführt. Die soulige Jimmy Reiter-Stimme überzeugt. Mit einer sich fabelhaft steigernden Dynamik verführt uns der Gitarrist bei seinen quasi endlosen Saiten-Fantasien, die im langen Mittelteil »[…] so leise werden, dass man die Bühnenbretter knirschen hört. […]« Herrlich, wie durch Jasper Mortier sowie dem Tastenmann ganz dezente Farbtupfer gesetzt werden. In Erwartung der wieder zunehmenden Dynamik stiegt und steigt die Spannung. Highlight!
Gleich danach ist Funk-Time angesagt.
Man lässt sich gerne von der infizierenden Wirkung von "Woman Don’t Lie" mit seiner aufgeheizten Atmosphäre anstecken.
Kommen die Horns – auch durch diverse Alleingänge untermauert – ins Spiel, wird das New Orleans-Feeling vieler Tracks noch verstärkt.
Bei den Coversongs gehen die Daumen, wegen der fraglosen Fähigkeiten, die Songs in einem eigenen Outfit zu präsentieren, nach oben. Klasse!
Das Publikum anerkennt die herausragenden Leistungen der Musiker mit viel (Szenen-) Beifall.
Zum Schluss gibt es Jimmy Reiters »[…] Tribut an seine Gitarren-Helden Freddie King und Magic Sam. […]«
Wow, wo Boogie drauf steht, wird auch Boogie satt geboten. Und wie! Geradezu furios begeistert man den Hörer vor den heimischen Boxen und die bei den beiden Konzerten anwesenden Zuschauer. Ein besseres Ende eines Jimmy Reiter-Konzerts kann man sich kaum vorstellen. Der Boogie rast den Blues-Highway hinunter. Herrlich!
"Live" zeigt Jimmy Reiter und seine formidable Band in Bestform.
"Live" zeigt die große Bandbreite von Jimmy Reiters Blues.
"Live" ist ein Album, das in allen Belangen überzeugt.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Jimmy Reiter:
Jimmy Reiter (guitar, vocals)
Nico Dreier (keyboards)
Jasper Mortier (bass, backing vocals)
Björn Puls (drums, backing vocals)
With:
Dmitry Suslov (tenor saxophone – #4-8,10-13)
Jürgen Wieching (baritone saxophone – #4-8,10-13)
Tracklist "Live":
- Waiting For My Luck To Change (4:24)
- What You Need (4:42)
- What’s In It For Me? (5:14)
- Too Many Cooks (5:12)
- I Shouldn’t But I Do (2:40)
- Hard Times [Have Surely Come] (5:48)
- I’ll Take The Easy Way (5:38)
- Give It To Me Straight (12:14)
- Woman Don’t Lie (5:02)
- It’s Easy When You Know How (3:51)
- I’m Givin' In (6:46)
- Hooked (4:55)
- Who’s Minding The Store (4:22)
- Jimmy’s Boogie (7:37)
Gesamtspielzeit: 78:43, Erscheinungsjahr: 2021
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