»Das Leben eines Mannes« in Form seiner 18 größten Hits darzustellen, hat sich diese Compilation vorgenommen. Ob man das so machen kann, ist dann auch weniger die Frage, sondern vielmehr Geschmackssache. Meine persönliche Zusammenstellung von Songs des Engländers, die einen subjektiv viel tieferen Blick in das Leben Joe Cockers darstellt, würde definitiv ganz anders aussehen. Aber geschenkt, denn schließlich soll diese neue Veröffentlichung ja auch so viele Exemplare wie möglich verkaufen und das funktioniert selbstverständlich am besten mit den bekanntesten Tracks. Folgerichtig darf man getrost feststellen, dass "The Life Of A Man" nichts anderes als ein Deckname für 'Greatest Hits' ist. Wobei den jeweiligen Chartplatzierungen der Songs allerdings erstaunlich wenig Beachtung geschenkt wurde.
Wenn man nun bei der Tracklist wenigstens so konsequent gewesen wäre, auch die ganz wichtigen Nummern in Cockers Karriere, wie beispielsweise "I’m So Glad I’m Standing Here Today" oder "Civilized Man" mit einzubeziehen, wäre diese Geschichte etwas runder gewesen, anstatt Stücke wie "I Come In Peace" oder "Come Together" (die wie einige andere gar keine Hits waren) neu aufleben zu lassen. Glücklicherweise wurde immerhin "N’oubliez Jamais" außen vorgelassen. Aber gut, Compilations liegen ja stets auch im Auge desjenigen, der für die Auswahl verantwortlich ist, selbst wenn man sie als Fan nicht immer nachvollziehen kann.
Wie dem auch sei, Joe Cocker war unbestritten einer der großartigsten Rock- und Blues-Sänger der letzten vierzig Jahre, der selbst den ihm vom Management in den letzten beiden Jahrzehnten seiner Karriere 'aufgedrückten' – maximal mittelprächtigen – Songs mit seinem Gesang Klasse hinzufügen konnte. Selig die Zeiten, als er sich (zugegebenermaßen in sehr geringem Maße) noch selbst am Songwriting beteiligte. Immerhin ist aus dieser Phase mit "Woman To Woman" (vom großartigen Album "Something To Say", 1972) noch eine Nummer vertreten. Nicht ganz umhin kamen die Verantwortlichen auch, einige der ganz frühen Stücke wie den (bis zu seinem Tod gesungenen) Live-Klassiker "With A Little Help From My Friends", "Delta Lady" oder "Feelin' Alright" einzubinden.
Weitere ältere Nummern stellen "The Letter" sowie "Cry Me A River" (beide von dem großartigen Live-Werk "Mad Dogs And Englishmen", 1970) sowie der gelungene Abschluss "Performance" dar. Sehr wichtig für die Karriere des Briten war natürlich das mit Jennifer Warnes gebrachte Duett "Up Where We Belong" (1982) aus dem Film "Ein Offizier und Gentleman", das den guten Joe nach langer Auszeit (bzw. Schattendasein) wieder einen deutlichen Schritt in Richtung Erfolg führte. Zu Stücken wie "Unchain My Heart", "You Can Leave Your Hat On", "The Simple Things", "When The Night Comes" oder "Summer In The City" braucht man nicht mehr viel zu schreiben, die dürfte mittlerweile ganz Europa ausgiebig aus dem Radio und Fernsehen kennen. Sehr lobend sei hier aber noch zu erwähnen, dass der großartige Song "Many Rivers To Cross" (vom Album "Sheffield Steel", 1982) berücksichtigt wurde, der eigentlich auch kein großer Hit war.
Der Weisheit letzter Schluss ist also (wieder mal), dass Compilations immer Geschmackssache sind und der Verfasser dieser Zeilen äußerst selten glücklich mit solchen ist. Für eine Retrospektive ist "The Life Of A Man" viel zu oberflächlich, für eine 'Greatest Hits' total inkonsequent (denn dafür wurden so einige Stücke vergessen bzw. sind einige unbedeutende neuere vertreten) und für eine 'Best of' würden einhundert Fans wahrscheinlich einhundert unterschiedliche Tracklists aufstellen.
Dennoch soll hier trotz aller Kritik nochmal ganz besonders erwähnt werden, dass sich diese nicht auf einen der großartigsten und in seinem Bereich selten erreichten Sänger der letzten vierzig Jahre bezieht, sondern auf diese Zusammenstellung an sich.
Tracklist "The Life Of A Man":
- With A Little Help From My Friends
- Up Where We Belong
- Many Rivers To Cross
- You Are So Beautiful
- You Can Leave Your Hat On
- Delta Lady
- The Letter (live)
- Cry Me A River (live)
- Unchain My Heart
- Woman To Woman
- The Simple Things
- Summer In The City
- Fire It Up
- Feelin' Alright
- Come Together
- When The Night Comes
- I Come In Peace
- Performance
Gesamtspielzeit: 75:14, Erscheinungsjahr: 2016 (1968 – 2013)
2 Kommentare
Claus
17. November 2016 um 7:07 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Die CD habe ich als Doppel-CD aus 2015. Hier sind immerhin 36 Tracks vorhanden (auch Marjorine). Ich bin nicht so sehr der Cocker Fan, aber mit der Doppel-CD bin ich gut bedient.
Manni
16. November 2016 um 22:15 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Nicht geschenkt, Markus!
Deine Worte: "Meine persönliche Zusammenstellung von Songs des Engländers, die einen subjektiv viel tieferen Blick in das Leben Joe Cockers darstellt, würde definitiv ganz anders aussehen." ist sicher deckungsgleich mit Millionen anderer Cocker-Fans.
Meine Lieblinge sind sogar auf dem selben Album (With a little help…, 1969):
Marjorine … und
Sandpaper Cadillac
Unsterblich…