Der Texaner Joe Ely machte seine ersten Schritte ins Rampenlicht zu Anfang der siebziger Jahre mit der Band The Flatlanders. Nachdem diese sich nach der Veröffentlichung des gleichnamigen Debütalbums aber schon wieder aufgelöst hatte, wurde es einige Jahre etwas ruhiger um den Musiker. Dennoch gehörte er der progressiven Country-Szene in Nashville in den frühen bis Mitte der Siebziger an, gemeinsam mit Kollegen wie Guy Clark, Townes Van Zandt, Steve Earle oder John Hiatt. Erst 1977 erschien sein Solo-Debüt, dem er seither jedoch regelmäßig weitere folgen ließ.
Um ganz ehrlich zu sein, war ich mir nicht so ganz sicher, was von einem neuen Studioalbum des mittlerweile 77-Jährigen noch erwartet werden kann. Und prompt erlöst mich der Amerikaner, beispielsweise mit der Nummer "Didn’t We, Robbie?", von allen Zweifeln. Voller Adrenalin und mit einem starken Boogie Woogie-Piano geht hier nicht nur herrlich die Post ab, sondern der Song drängt sich auch noch ganz wunderbar ins Ohr. Wow, so kann’s weitergehen. Die meisten der Album-Tracks handeln vom Leben auf der Straße, vom Leben auf Tour, während dem man monatelang eine Buskoje sein Zuhause nennt.
Gestartet wird die Platte von dem nachdenklichen "Drivin' Man". Sparsam mit Akustik-Gitarre und Harmonika instrumentiert, entsteht vor dem geistigen Auge des Hörers eine unendliche Landschaft im Mittleren Westen der USA, durch deren von nichts als Wüstensand und ein paar Sträuchern geprägtem Bild sich lediglich eine Teerstraße bis zum Ende des Horizonts zieht. Joe Ely ist nach wie vor hervorragend bei Stimme, in die er dazu noch sehr viel Feeling legt. Richtig klasse kommt auch das erneut von Rock-Einflüssen durchzogene "Nashville Is A Catfish", das einmal mehr mit einer sehr eingängigen Gesangsmelodie aufwarten kann.
Und wenn wir schon beim Rock bzw. Rock’n’Roll sind, muss natürlich auch "Watchin' Them Semis Roll" erwähnt werden, das auch ohne elektrische Gitarre richtig Stimmung macht. Nochmal einen Gang höher schaltet dann der Titeltrack, der – fast am Ende des Albums angekommen – den Rezensenten erneut anerkennend bezüglich des Songwritings und der coolen Umsetzung in Richtung Joe Elys nicken lässt. Das vielleicht am tiefsten im Country verwurzelte Stück ist das musikalisch von einer Fiddle und einem Akkordeon dominierte "Slave To The Western Wind".
Für "Odds Of The Blues" war niemand Geringerer als Bruce Springsteen als Gast zur Stelle, der den guten Joe bei diesem langsamen Blues-Stück gesanglich zur Seite stand. Und selbst, wenn es bei Tracks wie dem country-bluesigen "Gulf Coast Blues" ziemlich ruhig zur Sache geht, so werden durch die bereits genannten, aber auch Songs wie die flotten "Ride Motorcycle" oder "For Your Love" immer wieder geschickte Gegenpunkte gesetzt. Somit wird dann jegliche Gefahr gebannt, dass es hier auch nur ansatzweise langweilig werden könnte. Zum Schluss wird mit dem "Jackhammer Rock" nochmal etwas mehr auf die Tube gedrückt.
Hut ab vor Joe Ely für dessen neues Studioalbum "Driven To Drive", das von Anfang bis Ende durch starke Songs und eine klasse Umsetzung besticht. Selbst wenn diese zwölf Tracks nicht an einem Stück komponiert wurden, sondern sich über die Jahre angesammelt hatten bis sie für diese Platte thematisch zusammengefügt wurden: Hier wurde sowohl bei der Einspielung, als auch bei den Arrangements und der Produktion ganze Arbeit geleistet. Die Favoriten und Anspieltipps des Rezensenten hören auf die im sehr starken Mittelteil der Scheibe platzierten Stücke mit den Namen "Didn’t We, Robbie?", "Nashville Is A Catfish", "Ride Motorcycle" sowie "Watchin' Them Semis Roll".
Line-up Joe Ely:
Joe Ely (guitars, vocals)
Jeff Plankenhorn (guitars)
Richard Bowden (violin)
Bill Guinn (keybaords)
Joel Guzman (accordion)
Pat Manske (drums)
With:
Bruce Springsteen (vocals – #2)
Eddie Beethoven (background vocals)
Tracklist "Driven To Drive":
- Drivin' Man
- Odds Of The Blues
- For Your Love
- Watchin' Them Semis Roll
- Didn’t We, Robbie?
- Nashville Is A Catfish
- Ride Motorcycle
- San Antone Brawl
- Slave To The Western Wind
- Gulf Coast Blues
- Driven To Drive
- Jackhammer Rock
Gesamtspielzeit: 40:23, Erscheinungsjahr: 2024
1 Kommentar
Manni
7. September 2024 um 20:58 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ohne diese neue CD abwerten zu wollen: Joe Ely hat 1987 ein Hammeralbum herausgebracht, das weiterhin seinesgleichen sucht: "Lord Of The Highway" ist ohne jegliches Füllmaterial und seine rockige Variante von "Tex Mex" ist einfach wunderbar. Die über acht Min. lange Rock-Hymne "Letter To L.A." überzeugt auch mit den geschmackvollen Einsatz eines Saxophons. Die Platte ist für mich ein Geniestreich und gehört ins Gepäck "für die Insel". Das ist eine echte "must-have"!