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Joe Satriani / The Elephants Of Mars – Digital Review

Joe Satriani / The Elephants Of Mars

Er ist ein Ausnahmekünstler, für den es reichlich Superlative gibt. Seiner Gitarre entlockt Joe Satriani mit großem Können und Begeisterung gern Bluestöne. Trotzdem wird er stilistisch oft mit Heavy Metal in Verbindung gebracht, was daran liegt, dass er sich nicht selten Musiker aus diesem Genre zur Seite holte. Festnageln kann man den US-Amerikaner nicht. Zu Hause ist er im Instrumental-Rock. Auf seinem 19. Album "The Elephants Of Mars" zeigt der 65-Jährige einmal mehr seine stilistische Vielfalt.

Fast alle seiner Projekte sind instrumentaler Natur. Zu den Ausnahmen mit Sängern gehört dessen Nebenprojekt Chickenfoot, zu dem die zwei ehemaligen Mitglieder von Van Halen, Sammy Hagar (Gesang) und Michael Anthony (Bass), sowie der Schlagzeuger der Band Red Hot Chili Peppers, Chad Smith, gehören.
Von kurzer Dauer war sein Engagement bei Deep Purple: Vom 1. bis zum 8. Dezember 1993 und vom 2. Juni bis 6. Juli 1994 ersetzte er Ritchie Blackmore auf der 'The Battle Rage On'-Tour. Dennoch ist diese personelle Konstellation als Mark VI-Besetzung in die Annalen der britischen Hard Rocker eingegangen.

"The Elephants Of Mars" hat etwas von Weltmusik, denn Joe Satriani wandelt stilistisch in verschiedenen Regionen. Das Album beginnt auf dem Opener "Sahara" mit einem nur 20 Sekunden währenden Einspiel, das stark an Pink Floyd erinnert. Der Rest des Stückes ist Satriani pur: Gesangliche Melodielinien und Sololäufe, die keine Spur Langeweile aufkommen lassen, die Spannung erzeugen. Daran knüpft das nachfolgende Titelstück an. Unterstützung leistet ihm seine Band mit den Musikern Bryan Beller (Bass), Kenny Aronoff (Schlagzeug), Rai Thistlethwayte und Eric Caudieux (beide Keyboards). Da auch Joe Satriani als Musiker mit Keyboard ausgewiesen ist, mutet diese Ansammlung schon erstaunlich an. Einen außergewöhnlich intensiven Keyboard-Einsatz hören wir deshalb aber nicht. Über allem steht die Gitarre. Die Musik ist dennoch nicht überladen, die Titel wirken einladend und sind inspirativ.

Der Gitarrist ist ebenso für musikalische Streicheleinheiten zuständig. Diese gibt es mit herrlichen Melodiebögen auf "Faceless". Ein zweiter ruhiger Titel ist später mit "22 Memory Lane" zu hören. Das Gehörte trifft ins Mark, das ist Musik fast schon vom anderen Stern. Der Titeltrack mit seinem Namen bietet sich als Einladung für das Wortspiel an, dass wir es hier mit keiner irdischen Musik zu tun haben. Geerdet bleibt der Solokünstler, der dadurch glänzt, dass er jedes Stück mit einer solchen Hingabe spielt, die im Verlauf stets eine Steigerung erfahren kann, wie beispielsweise "Blue Foot Groovy" beweist. Plötzlich holt uns Joe Satriani an dieser Stelle wieder in den Metal-Zirkus zurück. "Tension And Release" demonstriert, wie wichtig dem Hauptprotagonisten fette Bassläufe an seiner Seite sind. Gitarrist und Rhythmusgruppe vermitteln dem Hörer in dem fast sechs Minuten langen Lied das Gefühl, welchen Spaß sie am experimentellen Musizieren haben. Genau das zeichnet den vielseitigen Künstler aus. Seine Kompositionen sind – in positiver Hinsicht – nicht ausrechenbar. "Sailing the Seas of Ganymede" zeichnet eine faszinierende Stimmung und ist zugleich ein weiterer Schauplatz zum Experimentieren.

Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, welches Juwel sich klanglich vor uns ausbreitet. Die Gitarre im Fokus der Aufmerksamkeit und dabei so vielfältig wie selten erlebt. Joe Satriani umkreist geradezu unsere Gefühls- und Gedankenwelt. "Doors Of Perception" weckt Erinnerungen an orientalische Musik. Schon wieder sind wir auf unserer Weltreise, die uns der Komponist ansatzweise mit auf den Weg gegeben hat. Bei Joe Satriani klingt das in Worten alles recht brav: »Ich möchte den Leuten zeigen, dass instrumentale Gitarren-Alben weitaus unterhaltender und kreativer sein können, als sie denken«. Das nimmt man ihm aufs Wort ab.

Das Album "The "The Elephants Of Mars" mit seinen 14 Liedern zeigt sich mal zurückhaltend, dann aber wieder energiegeladen. Den typischen Joe Satriani gibt es ohnehin nicht. "E 104th St NYC 1973" bietet Improvisation der Extraklasse. Hier trifft Rockmusik auf Jazz und andere Stilarten – in jedem Fall ins Herz eines Musikfans. "Pumpin'" beweist, dass Instrumental-Rock alles andere als ein verstaubtes Image haben muss, sondern Musik immer wieder neu interpretieren kann. Was auf Distanz anstrengend anmuten mag, entpuppt sich vielmehr als kreativer Schmelztiegel und lässt keine Zweifel aufkommen ("Dance Of The Spores"). "Night Scene" wird mit Techno-Rhythmen eröffnet und führt wieder in eine andere Welt. Das kurze "Desolation" schließt die Produktion im Stile eines Orchesterwerkes. Dazu muss man nichts sagen, hier sollte man bei geschlossenen Augen einfach nur still genießen.

Das Album, das von Eric Caudieux produziert wurde, ist das erste Werk für Joe Satriani beim neuen Label earMUSIC. Auf den Fluren der Plattenfirma wird der Meister beim Betrachten von Bildern ganz gewiss auf eine Band aufmerksam, die ihm vor knapp drei Jahrzehnten eine Heimstätte war: Deep Purple.


Line-up Joe Satriani:

Joe Satriani (guitars, keyboards)
Kenny Aronoff (drums)
Bryan Beller (bass)
Rai Thistlethwayte (keyboards)
Eric Caudieux (keyboards)
Ned Evett (spoken word)

Tracklist "The Elephants Of Mars":

  1. Sahara
  2. The Elephants of Mars
  3. Faceless
  4. Blue Foot Groovy
  5. Tension and Release
  6. Sailing the Seas of Ganymede
  7. Doors of Perception
  8. E 104th St NYC 1973
  9. Pumpin'
  10. Dance of the Spores
  11. Night Scene
  12. Through a Mother’s Day Darkly
  13. 22 Memory Lane
  14. Desolation

Gesamtspielzeit: 66:31, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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