Als der ehemalige Beatle John Lennon nach ein paar Wochen Vorbereitungszeit ernsthaft mit den Aufnahmen für sein zweites echtes Soloalbum begann, war auch ein komplettes Kamera-Team mit am Start, das die Aufnahmen im Studio festhielt. Der Engländer hatte sich neben seinem Ex-Bandkollegen George Harrison den Schlagzeuger Alan White, mit Klaus Voormann seinen alten Kumpel aus Hamburg für den Bass sowie den Tasten-Zauberer Nicky Hopkins als Basis-Band eingeladen. Dazu kamen die allgegenwärtige, mit vielen Ratschlägen zur Seite stehende Yoko Ono, der bereits damals als lebende Legende geltende (und wegen der sehr engagierten Yoko irgendwie gar nicht wirklich zu Wort kommende) Produzent Phil Spector sowie einige weitere Musiker und Gäste. Und so kann man hier Zeuge werden, wie die Arbeit im Studio an den einzelnen Tracks und deren Entwicklung verlief. Selbstverständlich gibt es da so einiges Interessantes zu entdecken (beispielsweise ist Lennon für den Song "Imagine" zunächst alleine am Piano, dann kommt Nicky Hopkins dazu und spielt Lennons Noten zusätzlich eine Oktave höher, bevor auf der finalen Version dann doch nur der Ex-Beatle zu hören ist), ein bisschen Banalität und schließlich die Erkenntnis, dass auch John Lennon (entgegen anders lautenden Gerüchten) nur ein Mensch war.
Aber der interessierte Musik-Liebhaber ist nicht nur im Studio mit dabei, es gibt auch weitere Szenen von Geschehnissen bzw. Situationen, die damals stattfanden. Da kommt beispielsweise eben mal ein Miles Davis für eine Party bei den Lennons vorbei auf der sich unter anderem auch Andy Warhol rumtreibt, es werden Cover-Vorschläge für die anstehende Scheibe diskutiert, John und Yoko beraten, an welcher Stelle seiner Hose ein Blümchen von ihr aufgenäht werden soll, ein etwas verwirrt wirkender Fan, der sich unberechtigt Zugang zum Grundstück verschafft hat und bis vor das Wohnhaus kommt, wo Lennon dann mit ihm diskutiert und ihm schließlich was zu essen gibt usw. usw. … Klingt teilweise trivial? Ja, ist es auch, wobei wir wieder bei der oben genannten Feststellung angekommen wären, dass auch die Superstars der Rockmusik genauso essen, trinken und aufs Klo müssen, wie jeder andere auch. Das interessanteste an "Gimme Some Truth" sind aber natürlich die Szenen aus dem Studio, die während der Aufnahmen zum Album gefilmt wurden. Da ist etwa der Protagonist, der sich beim Einsingen von "Gimme Some Truth" selbst dazu ermahnt, nicht zu sehr wie Eddie Cochran klingen zu wollen oder wir lediglich dessen Stimme im Einsatz von so sensiblen Stücken wie "Jealous Guy" oder "How?" hören, während nur er dazu die Musik auf dem Kopfhörer hat. Der zumeist anwesende, aber aus welchem Grund auch immer irgendwie wie ein Fremdkörper wirkende Phil Spector will gemeinsam mit Lennon die Background Vocals zu "Oh Yoko!" einsingen, aber der Mann am Mischpult findet einfach nicht die richtige Stelle im Song, bis sowohl der gute John als auch Yoko etwas… naja, ungeduldig werden. Herrlich!
Der zweite hier enthaltene Film, genannt "Imagine", ist dagegen eine ganz andere Geschichte. Es heißt, dass es sich dabei um eines der ersten Video-Alben der Rock-Geschichte handeln soll. Bedeutet, dass hier jeder Song des Albums nacheinander erklingt und jeweils durch unterschiedliche Szenerien und filmische Eindrücke unterstützt wird, die insgesamt aber durchaus ein Großes-Ganzes ergeben. Diese Szenerien passen für mich zwar nicht immer zu den einzelnen Song Lyrics, aber die Protagonisten werden sich ganz sicher etwas dabei gedacht haben. Das ist manchmal sehr interessant und unterhaltsam, manchmal auch surreal oder im schlimmsten Fall (was aber glücklicherweise nur sehr selten der Fall ist) auch mal ein bisschen langatmig. Als Bonus-Material sind noch ein paar weitere Szenen aus dem Studio zu sehen, am interessantesten ist jedoch der Menüpunkt einer Foto-Session mit John und (vor allem) Yoko im Studio von David Bailey.
Letzten Endes sind "Imagine" und "Gimme Some Truth" zwei zumeist sehr kurzweilige Zeitdokumente, von denen "Gimme Some Truth" für meinen Geschmack allerdings deutlich interessanter ist, da hier der Studiobelegschaft beim Erschaffen solch großartiger Songs wie unter anderem "Crippled Inside", "How?", "Jealous Guy", "Imagine" oder "Gimme Some Truth" etwas genauer auf die Finger geschaut werden kann.
Diese DVD ist die ideale Ergänzung zum Album und – wenn auch bereits bekannt und ’nur' wieder neu aufgelegt – eine durch und durch zufriedenstellende Angelegenheit.
Kapitel-Liste:
- Imagine
- Gimme Some Truth
- Bonus-Material
Gesamtspielzeit: 152:00, Erscheinungsjahr: 2018
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