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Johnny Cash / Blood, Sweat And Tears & Now, Here’s Johnny Cash – CD-Review

Johnny Cash - "Blood, Sweat And Tears" & "Now, Here's Johnny Cash" - CD-Review

Der legendäre Johnny Cash hatte in der ersten Hälfte der sechziger Jahre so richtig Spaß an Konzept- oder besser gesagt Themen-Alben gefunden. Beschäftigte sich die Scheibe "Orange Blossom Special" (1965) mit der Mystik der amerikanischen Freight Trains und allen möglichen Geschichten drum herum, so setzte er sich auf "Bitter Tears: Ballads Of The American Indian" (1964) für die in jeder Form unterdrückten amerikanischen Ureinwohner ein. Begonnen hatte diese Herangehensweise jedoch mit der Scheibe "Blood, Sweat And Tears" aus dem Jahr 1963, einem Song-Zyklus, der dem amerikanischen (bzw. weltweiten) Arbeiter gewidmet war und sich mit ihm beschäftigte. Dieser vor wenigen Wochen erschienenen Neuauflage (die auf 500 CDs limitiert ist) wurden dann sogar noch ein zweites Album, nämlich "Now, Here’s Johnny Cash", original 1961 erschienen, sowie sieben Bonus Tracks hinzugefügt, sodass bei der zu besprechenden CD am Ende eine stattliche Spielzeit von prallen (knapp) 73 Minuten steht.

In der von ihm zur damaligen Zeit gewohnten sparsamen Instrumentierung (klar, die Stimme ist der Star) beeindrucken die neun Tracks des Originalalbums nicht nur musikalisch, sondern auch durch die zumeist bis heute relevanten Texte der Stücke. "The Ballad Of John Henry’s Hammer" ist ein wahres Kleinod mit einer für damalige Verhältnisse ungeheurlichen Spielzeit von fast achteinhalb Minuten. Ebenfalls beeindruckend ist, wie sehr diese Scheibe offensichtlich weitere Generationen von Musikern beeinflusst hat. So weist beispielsweise "Take This Hammer" der Spencer Davis Group sehr deutliche Spuren von "Tell Him I’m Gone" auf, das Thema "Casey Jones" wurde später von Grateful Dead (wenn auch musikalisch anders) aufgegriffen und wenn wir schon bei dieser Band sind: Musikalisch hat sie die hier gebrachte Melodie von "Nine Pound Hammer" ganz klar für eines ihrer eigenen Stücke (wenn ich jetzt auch – wie verhext – nicht auf den Namen des Songs komme) verwendet. Gerne fachsimpeln darf man ebenso darüber, ob es ein Zufall ist, dass es einerseits einen Steve Earle-Song namens "Steve’s Hammer" gibt und Earle andererseits seinen jüngsten Sohn auf den Namen John Henry taufen ließ.

Weitere Highlights gefällig? "Busted" mag heute als Song vielleicht etwas antiquiriert wirken und "Waiting For A Train" etwas ZU sehr Country sein, beide sind jedoch wichtige Puzzleteile für die Grundaussage dieser Scheibe. Und dann ist da natürlich noch der Gassenhauer "Chain Gang", denn man einfach nur lieben muss. Ein sehr gutes und für die damalige Zeit ungewöhnliches Album, das weit weg vom Mainstream-Country keine Angst davor hatte, viele unangenehme Themen anzusprechen, die in gewissen Kreisen am liebsten für immer unter den Teppich gekehrt geblieben wären. Respekt, Mister Cash!

Der gute Sam Phillips, Chef, Inhaber und Produzent des legendären Labels Sun Records, war nicht gerade begeistert, als ’seine Entdeckung' Johnny Cash Ende der fünfziger Jahre zu einem neuen Stall und somit Columbia Records wechselte. Alles was ihm blieb, war die noch vorhandenen und nicht (oder bis dato nur als Singles) veröffentlichten Aufnahmen auf den Markt zu bringen, um noch ein bisschen Kohle rauszuholen. Eines dieser Alben ist "Now, Here’s Johnny Cash". Wer nun aufgrund dieser Vorgeschichte allerdings glaubt, es hier mit Ausschuss-Material zu tun zu haben, hat sich geirrt. Denn zum einen sind Single-Hits wie beispielsweise "Hey Porter" oder "Cry, Cry, Cry" vertreten, zum anderen überzeugen auch sämtliche weiteren Tracks, wie unter anderem "Down The Street To 301", "Home Of The Blues", "So Doggone Lonesome" oder "Life Goes On", um nur mal einige wenige zu nennen.

Manche Stücke wie "Port Of Lonely Hearts" (bei dem Cash ein etwas unglückliches Duett mit sich selbst singt) oder auch das etwas unter Par liegende "My Treasure" rutschen ein Stückchen unter die verdammt hochgelegte Messlatte, aber ganz ehrlich: Das ist schon Jammern auf ganz, ganz hohem Niveau. Schließlich sind da noch sieben Bonustracks (ebenfalls aus der Zeit bei Sun Records). Und hier beeindruckt umgehend das Stück "(There’ll Be) Peace In The Valley (For Me)" mit deutlichem Gospel-Einschlag und der Carter Family als Chor bzw. Background-Sänger.

Fazit: Als Johnny Cash-, aber auch als über den Tellerrand hinausschauen könnender Musik-Fan kann bzw. muss man hier zuschlagen, falls man beide Alben noch nicht im Plattenregal hat. Das Herzstück ist ganz sicher die Scheibe "Blood, Sweat And Tears", aber "Now, Here’s Johnny Cash" ist eine vortreffliche Ergänzung. Dicke Empfehlung!


Line-up Johnny Cash:

Johnny Cash (acoustic guitars, lead vocals)
Luther Perkins (electric guitars)
Bob Johnson (guitars, banjo)
Bill Pursell (piano)
Marshall Grant (bass)
W.S. Holland (drums)

With:
Anita Carter (vocals)
Maybelle Carter (auto harp)
The Carter Family (background vocals)

Tracklist "Blood, Sweat And Tears" & "Now, Here’s…":

  1. The Legend Of John Henry’s Hammer
  2. Tell Him I’m Gone
  3. Another Man Done Gone
  4. Busted
  5. Casey Jones
  6. Nine Pound Hammer
  7. Chain Gang
  8. Waiting For A Train
  9. Roughneck
  10. Sugartime
  11. Down The Street To 301
  12. Life Goes On
  13. Port Of Lonely Hearts
  14. Cry, Cry, Cry
  15. My Treasure
  16. Oh, Lonesome Me
  17. So Doggone Lonesome
  18. You’re The Nearest Thing To Heaven
  19. Story Of A Broken Heart
  20. Hey Porter
  21. Home Of The Blues
  22. (There’ll Be) Peace In The Valley (For Me)
  23. Pick A Bale O' Cotton
  24. Send A Picture Of Mother
  25. You Tell Me
  26. Thanks A Lot
  27. Luther Played The Boogie
  28. Goodbye Little Darling

Gesamtspielzeit: 72:57, Erscheinungsjahr: 2020 (1963, 1961)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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