«

»

Josh Smith / Still – CD-Review

Anfang 2017 erschien "Still", der Modern Jazz/Fusion-Ausflug des amerikanischen Blues-Musikers Josh Smith. Im Trio mit Tedeschi Trucks Band-Mitglied Tim Lefebvre (unter anderem auch David Bowie, John Mayer, Elvis Costello oder Jamie Cullum) am Bass sowie Schlagzeuger Lemar Carter (auch Joss Stone) spielte der Protagonist die acht Titel live in den Sunset Studios, Hollywood ein. Der Drummer war auch bei Over Your Head mit von der Partie.
"Charlie’s Ray" – unschwer zu verorten als Tribute an Ray Charles – spielte Josh Smith als einzige Auskopplung der vorliegenden Platte während des Konzerts im Blues Moose Café.
Dieses elegante Stück verlangsamter Jazz ist alleine schon faszinierend. Josh Smith, begleitet von einem herrlich gezupften Kontrabass und eher zurückhaltendem Schlagzeug, das auf wunderschöne Art und Weise den Takt angibt, ist voll im Jazz vertieft. Mittendrin gibt Tim Lefebvre ein kräftig bis furios gezupftes Solo auf dem großen Instrument. Der Gitarrist spielt hier geradezu verführerisch.

Für die Gitarren-/Verstärker-Freaks sind auf der Rückseite des beidseitig schwarzen Pappschubers folgende Angaben gelistet: »[…] Guitar Rig: 1962 Gibson Super 400 graciously loaned out by Norman Harris played on all songs except, Black Chapin T-Bird on "Brown Gatton" and Real Guitars Burst on "Still". Amps: Morgan PR12, 1967 Fender Super Reverb, XTS X10 and vintage Leslie 122. No pedals except Lovepedal Tchula on "Still". […]«

Das Titelstück der Scheibe findet in dem Zitat gleich zweimal Erwähnung und diese Komposition sticht auch aus den anderen sieben Nummern hervor. "Still" – gleichzeitig auch das längste Stück der Platte – ist sehr experimentell ausgelegt. Anders ausgedrückt könnte man auch schreiben, dass sich die drei Musiker von ihrer inspiratorischen Improvisations-Gabe haben leiten lassen. Bei zu- sowie abnehmender Wucht geht dieses Lied ganz besondere Wege des Jazz oder besser der Fusion. Die freie Entfaltung der sich in einem Wechselbad befindlichen Gefühle bringt eine doch unvorhersehbare Wendung oder Überraschung auf der Scheibe mit sich. In immer wieder auftauchenden kürzeren Phasen werden vom Protagonisten riffige Klänge eingestreut, um zu einer Art neuen Teil des Tracks überzuleiten. Schon zu Beginn wird man Zeuge des anderen Sounds dieser Nummer und man wird verblüfft sein, welch expressive Pfade eingeschlagen werden. Highlight!

Gerade bei diesem Stück stellt sich die Frage, ob der Blues-affine Josh Smith-Fan dieses musikalische Reiseangebot in den Jazz/die Fusion buchen möchte.

Nach "Still" folgt das einzige Lied mit Vocals. "The End (Justifies The Means)" ist ebenfalls im Jazz verankert. Die Stimme von Josh Smith steht hier deutlich im Vordergrund und singen kann der in Middletown, Connecticut geborene Amerikaner definitiv auch im Feld des Jazz. Diese Ballade ist ein glänzender Abschluss des Albums.

Nach dem leichtgängig-ruhigen "Charlie’s Ray"-Beginn bewegt sich die Formation auf überzeugende Weise ein wenig zu den Ausläufern des Country Jazz. "Skunk Tree" ist eine heitere Angelegenheit, in der es zu einem abermals tollen Gitarren-Einsatz kommt. Flockig-locker geht es zu, wenn Josh Smith den gesamten Song über in einer Welt der Originalität spielt.
Ach wie schön! "Brown Gatton" erweist sich als eine herrlich groovende Fusion-Nummer. Der Blick zum Jazz Rock mit einer leicht fuzzigen Gitarre ist ebenfalls sehr lohnenswert und hebt die Platte auf ein hohes Niveau.
Wie das erste Stück und der Titeltrack gehört "Five Fourths Will Get You Six" zum Trio der längeren Songs. Klasse Breaks in etwas langsamer fließendem Fahrwasser bringen viel Abwechslung in die Szenerie des Liedes und wenn von 'fließend' die Rede ist, dann trifft es bestimmt auch auf die tollen Fretboard-Fahrten des Musikers zu. Wieder eine aufschlussreiche Nummer seines Jazz-Könnens auf dem Sechssaiter.
Mit einem Schlagzeug-Solo am Ende des Tracks, ein interessantes Sticks-Treiben in "Shaolin Blue" und einem kurzen Drum-Alleingang als Intro zu "Gloomy" setzt sich Lemar Carter bestens in Szene.

Der Modern Jazz-/Fusion-Abstecher "Still" von Josh Smith ist eine glanzvolle Quelle des musikalischen Vermögens des Künstlers. Die knapp einundvierzig Minuten lohnen sich rundum. Der Mann hat – auf anderen Alben  – den Blues und gibt eine äußerst überzeugende Figur im in dieser Rezension vorher bereits erwähnten Genre ab. Hats off, Josh!


Line-up Josh Smith:

Josh Smith (guitar, vocals – #8)
Tim Lefebvre (bass)
Lemar Carter (drums)

Tracklist "Still":

  1. Charlie’s Ray
  2. Skunk Tree
  3. Gloomy
  4. Brown Gatton
  5. Five Fourths Will Get You Six
  6. Shaolin Blue
  7. Still
  8. The End (Justifies The Means)

Gesamtspielzeit: 40:46, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
Über mich
Meine Seite Im Archiv
Mail: joachim(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>