Im letzten Dezember hatten ihr noch einige Feuilletons in Deutschland gedacht und zum 85. Geburtstag gratuliert. Nun ist die große Sängerin mit der noch größeren Stimme am 27. April 2022 verstorben. In der Folk- und Kaffeehausszene der frühen 1960er Jahre startete sie ihre Karriere. 1962 traf sie in einem Club in Oklahoma City Dave Guard und wurde Mitglied der Whiskeyhill Singers.
Ihre Bühnenpräsenz verschaffte ihr schnell Popularität, allerdings war sie nicht der Typ Sängerin für eine große Karriere. Ihre Statur war zu groß, ihre Texte zu provokativ, ihre Scherze zu deftig. Dazu vertrat sie die Überzeugung, dass das Publikum keine Liebeslieder hören wolle, sondern lieber Songs über Sex und den Tod. Sie hatte eine vielseitige Stimme, die Billie Holiday heraufbeschwören und Janis Joplin vorwegnehmen konnte. Als Mitte der 60er Jahre Jefferson Airplane eine Sängerin suchte, wurde Henskes' Stimme als Referenz genannt.
Jerry Yester war ihr Lebenspartner und auch musikalischer Partner, bevor er Lovin' Spoonful gründete; in zweiter Ehe war sie mit Craig Doerge verheiratet. Jener Craig Doerge der bei so vielen Aufnahmen von Jackson Browne, Crosby, Stills & Nash oder James Taylor die Keyboards bedient hatte. Und natürlich war er auch ihr Mitmusiker und späterer Produzent.
Viele Jahre war sie von der Bildfläche verschwunden und das war zum Teil selbst gewählt. Als Mutter wollte sie für ihre Tochter da sein; Begründung: die bräuchte keine Sängerin, sondern eine Mutter. Mitte der 1990er Jahre tauchte sie als Radio-Stimme wieder auf in den Hard-Boiled-New-York-Krimis von Andrew Vacchs. Dieser hatte seinem Ermittler Burke im Kampf gegen Kindesmissbrauch nicht nur den Kämpfer ’stiller Max' und den neapolitanischen Mastiff 'Pansy' an die Seite gestellt. Kraft schöpfte er aus der wie Zaubertrank wirkenden ’sauer-scharf-Suppe' und aus der Musik von Judy Henske, die er im Autoradio hörte. Damit war der Name in der Öffentlichkeit wieder präsent und 1999 veröffentlichte sie ihr erstes Album seit Jahrzehnten: "Loose In The World", das Album "She Sang California" kam 2004 heraus. Alte und neue Fans waren positiv überrascht, zumal sie auch live wieder aktiv war.
Zuletzt sei sie sehr krank gewesen und hatte ihre letzten Tage in einem Hospiz in Los Angeles verbracht.
R.I.P. Judy
Neueste Kommentare