Der finnische Sänger Jyrki 69 hat gleich mehrere Eisen im Feuer. Da ist zum einen die Goth-Metal Combo The 69 Eyes, dann wäre da sein Gothabilly-Nebenprojekt The 69 Cats (siehe unser Review zu Seven Year Itch) und schließlich hat der Frontmann auch noch seine Solokarriere am Laufen, die erste Früchte mit dem Album "Helsinki Vampire" (2017) zeigte. Nun liegt mit "American Vampire" die zweite Soloscheibe vor, auf der sich der Mann mit der Bariton-Stimme bei jedem Track von anderen Musikern begleiten lässt und die (grob gesagt) zur Hälfte aus Eigenkompositionen und zur Hälfte aus Coversongs besteht. Nachdem das oben erwähnte "Seven Year Itch" in der RockTimes-Redaktion einen guten Eindruck hinterlassen hatte, war die Spannung groß, was der gute Jyrki aus Pop-Stücken wie "Don’t You Want Me" oder dem Jefferson Airplane-Klassiker "White Rabbit" machen wird.
Zunächst aber bricht der, zusammen mit der Band Shotgun Messiah eingespielte, Opener "Sex, Drugs, Rock’n’Roll" über den Hörer herein. Die Gitarre fährt das volle Heavy-Brett und außer der dunklen Stimme des Protagonisten klingt das eigentlich weniger nach Gothic, sondern viel mehr nach flottem Metal mit – wie gesagt – dunklem Gesang. Etwas düsterer wird die Atmosphäre da schon beim Titeltrack, bei dem sich die Gitarren in den Strophen bemerkenswert zurückhalten, was die gedrückte Stimmung aber noch erhöht. "Clover", eingespielt mit der Band Youlooktired präsentiert sich überraschenderweise erstmal mit einer clean gespielten Gitarre, die allerdings in – etwas enttäuschend – unspektakuläre Strophen führt. Hmm, das geht besser. Interessanter, wenn auch (wahrscheinlich bewusst) monoton gehalten, kommt da schon "Deviant Carousal", das gleichermaßen von dem ungewöhnlichen Sound (von der Experimental-Band Xiu Xiu) wie dem atmosphärischen Gesang Jyrkis lebt.
Wenn wir uns die Coversongs ansehen und die Pop-Nummer "Don’t You Want Me" (original von Human League) unter die Lupe nehmen, fällt zunächst die Duett-Partnerin Tiffany ins Ohr. Aber auch hier wird die Musik in einem eher dumpfen und irgendwie wenig aussagenden Sound gefahren. Klar soll das alles düster klingen und oft gelingt das auch, manchmal jedoch weniger. Ganz anders dann "White Rabbit", das in der hier gebrachten Version tatsächlich sehr geglückt ist. Eine sehr gute Wahl, denn der Song mit seiner Aussage und (auch in der Original-Version schon mit dunkler Aura umgeben) passt ganz hervorragend. Einer meiner Favoriten dieses Albums. Ach ja, und dann gibt es dann noch die Zusammenarbeit mit der Band Rosetta Stone, von der die Musik zu "Dreamtime" stammt, während Jyrki den Text geschrieben und gesungen hat. Auch dieses Stück weist durchaus poppige Züge auf, bis das dunkle Organ des Sängers ins Spiel kommt. Wenn es funktioniert, dann ist sowas einen richtig coole Mischung. Und hier funktioniert es auch.
Ich bin sicher, dass "American Vampire" seine Freunde finden, aber sehr wahrscheinlich auch seine Kritiker auf den Plan rufen wird. Den eingefleischten Goth-Fans wird hier möglicherweise einiges zu poppig und nicht 'dunkel' genug sein, die Pop- und Rock-Fans müssen die Stimme bzw. den Gesang von Jyrki 69 mögen, um dieses Album gut zu finden. Wer – wie der Rezensent – irgendwo dazwischen steht sollte seine Möglichkeiten nutzen, um die Platte erstmal anzuchecken. Prädestiniert dafür sind die Titel "Bite It, You Scum", "Sex, Drugs, Rock’n’Roll", das sehr gelungene "White Rabbit" oder auch der Titeltrack. Um ehrlich zu sein hätte es "American Vampire" zwar nicht auf einen Spitzenplatz meiner persönlichen Album-Rangliste 2021 geschafft, Spaß machen diese zehn Tracks mit einer (zugegebenermaßen etwas dürftigen) Spielzeit von knapp 34 Minuten aber trotzdem.
Tracklist "American Vampire":
- Sex, Drugs, Rock’n’Roll (feat. Shotgun Messiah)
- White Rabbit (feat. Steve Stevens)
- Dreamtime (feat. Rosetta Stone)
- Bite It, You Scum (feat. Leather Strip)
- American Vampire (feat. Skold)
- Don’t You Want Me (feat. Tiffany)
- Decision (feat. The KVB)
- Deviant Darousal (feat. Xiu Xiu)
- Clover (feat. Youlooktired)
- Last Dance (feat. Not My God)
Gesamtspielzeit: 33:56, Erscheinungsjahr: 2021
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