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Kaiser Franz Josef / Make Rock Great Again – CD-Review

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»Kicking Asses«, so lassen sich drei junge Österreicher vernehmen, wenn es um ihren musikalisch kulturellen Standpunkt geht. Klingt ein wenig nach Lemmy, oder? Establishment ist für die Tonne. So oder so ähnlich dringt die Botschaft von Kaiser Franz Josef in die weite Welt hinaus. Nein, der olle Monarch ist nicht aus seiner Gruft entstiegen, auch wenn das Cover von "Make Rock Great Again" eigentlich genau das Gegenteil vermuten lassen möchte. Eine Mumie mit adeligem Gesichtsbewuchs und antiker Uniform, der Kaiser gut hundert Jahre nach seinem Dahinscheiden – das Bild allein stellt schon einen kleinen Kulturschock für die alte Garde Wiener Beschaulichkeit dar. Die allerdings dürfte spätestens seit den genial bösartigen kulturellen Verfehlungen der Drahdiwaberl auf ein neues junges und aggressiv kontrastierendes, österreichisches Musikantentreiben eingestellt sein.

Sollte man Kaiser Franz Josef somit in dieser Tradition von Stefan Weber einordnen? Neue Bürgerschrecks von der Donau? Die Außendarstellung lässt dies ein wenig vermuten. "Make Rock Great Again" ist eben nicht nur eine recht großmäulige Phrase, sondern auch ein ziemlich unversteckt angelegtes Zitat auf eine besonders kontroverse Figur des aktuellen Zeitgeschehens. Zufall? Sicher nicht, aber wenn ich bei Herrn Trump nicht beurteilen mag, ob seine brachialen Abgrenzungsbekundungen gegen die Wallstreet Ganoven, denen er eigentlich selbst entstammt, einen Hoffnungsschimmer oder wahrscheinlich doch am Ende eine fatale Gefahr für den Rest der Welt darstellen, so habe ich beim Kaiser ein sehr viel besseres Gefühl. Die Jungs werden uns bereichern, dazu gleich mehr. Und ich glaube nicht, dass ihnen die wahrhaft kontroversen und provokanten Drahdiwaberl-Aktionen am Herzen liegen, Protest wird in den heutigen gesellschaftlichen Strömungen eh gerne eingefangen und kanalisiert, gar so krass wie früher geht es da sicher nicht zu. Nein, Kaiser Franz Josef haben einfach Bock auf gute alte Mucke, und die hauen sie mächtig raus.

Ihre bildhafte Metaphorik geht hingegen ein gutes Stück weiter und gipfelt in dem herrlichen Anagram 'KFJ', was eben nicht nur die Abkürzung für Kaiser Franz Josef darstellt, sondern eben auch eine künstlerische Verwurstung und Verdrehung des 'JFK', eben jenem Präsidenten, der sich nach heutigem Wissensstand mit den wohl gefährlichsten Vertretern des weltweiten kapitalistischen Machtkonglomerats angelegt haben soll, nämlich der privatrechtlich und eigentlich mafiös geführten amerikanischen Notenbank FED und den transatlantischen Geheimdiensten. Solche Feinde solltest du dir niemals machen und das Ende ist hinlänglich bekannt. Eine Anspielung in eine solche Richtung kann natürlich nicht unentdeckt bleiben und der politisch motivierte Querdenker fühlt sich erst einmal zuhause!

Kaiser Franz Josef - Pressefoto 2017 - Final 2

KFJ-Pressefoto

Großartig, wenn junge Menschen solche Provokationen bemühen, das ist der Spirit des Rock’n’Roll. Auflehnung und Protest gegen das Establishment, so ist unsere Kultur einst entstanden. Doch wenn den großen Tönen auch noch ein fantastisches musikalisches Konzept voll brachialem Herzblut und virtuoser Power folgt, dann gewinnt das Ganze noch an Glaubwürdigkeit. Und genau die zeichnet den Kaiser Franz Josef aus.

Auf Basis profunder Krachmacher wie Led Zeppelin oder Black Sabbath entwickelt ein junges Powertrio aus dem österreichischen Capitol ein hoch energetisches, zeitgemäßes Monster kompakt treibender Rockmusik, das schon in den Anfangstagen als Support keiner geringeren als AC/DC vor gut achtzigtausend Enthusiasten live on stage gehen durfte. Und gerade in diesen Tagen rocken sie am Ring – wenn der Terrorismus es erlaubt. Weniger Fans werden es dort sicher auch nicht sein, mögen sie alle gesund nach Hause kommen.

Die Songs leben von einer ungeheuren Komprimiertheit auf das Wesentliche, keine Zeit für extravagante Experimente, es geht permanent und geradlinig wie in einem Boxkampf auf die Fresse. Solistische Exkursionen werden auf ein absolutes Minimum reduziert, es steht stets die machtvolle Dynamik der einzelnen Kompositionen im Mittelpunkt. Perfekt inszeniert und auf den Punkt gebracht. In der vorab veröffentlichten Single-Nummer "Believe" kulminiert diese komprimierte Geballtheit übrigens dann doch in einem atemraubenden Solo – sehr knackig und präzise, keine Angelegenheit für langes Ausholen. Eine genetische Verwandtschaft mit den ebenfalls sehr charismatischen Tirolern von Mothers Cake lässt sich deutlich heraushören, insbesondere bei der ersten, sehr riffigen Nummer "Slaughterhouse", selbst der aggressiv schrille Gesang geht ein Stück weit in diese Richtung. Aber der Kaiser ist bei all seinen Errungenschaften deutlich zielstrebiger, sucht nicht ein mitunter kompliziertes Gefrickel. Nein, hier wird drauf gehauen, dass es kracht.

Eine gewaltige Riffröhre bietet uns "Pinkenstein" und ich habe einen Moment gebraucht, um zu verstehen, dass der Song nicht einen wesentlich weniger appetitlichen Titel trägt. Über einen Pinkelstein hätte ich erst einmal reflektieren müssen. Egal wie es gemeint ist, diese gitarristische Säge reibt und treibt bis in den Wahnsinn, schlicht und einfach geil.

»Wir geben den älteren Fans, was sie von Rockmusik erwarten und der jungen Generation, was sie noch nicht kennt«, so Frontmann/ Gitarrist Sham. »In unseren Augen herrscht heute ein Mangel an guten, authentischen Rockbands. Sehr viel von dem, was heute als so genannter Rock bezeichnet wird, hat im Grunde mit echter Rockmusik nichts zu tun. Wir fangen dort an, wo die Ära der letzten guten Rockbands damals zu Ende gegangen ist. Wir wollen den Rock wieder groß machen!« Besser kann man die knackige Philosophie der Band wohl kaum auf den Punkt bringen. Touch Down!

Die rhythmische Vielfalt und Abwechslung auf dem Album hält sich in Grenzen, ich glaube, das schert die Band einen Teufel. Treibender Rock, ein Hauch von Blues und Boogie und ansonsten Vollgas, so funktionieren die kurzen harten Nummern. Nein, die Wirkung der Musik von Kaiser Franz Josef rührt aus ihrer fast martialisch traditionsbewussten Rock-Kultur, die sie in ein wunderbar aktuelles Gewand aus Klarheit und Transparenz hinein prügeln; mit gnadenlos guter Abstimmung zwischen den Hoch- und Tieftönern und einem leidenschaftlichem Getrommel. »Forget about establishment« bei gleichzeitiger Liebeserklärung an alte Traditionen des Rock, eine herrliche Schizophrenität auf höchstem Energielevel und mit extremer Konsequenz vorgetragen. Das ist echt mein Ding!

Österreich ist nicht umsonst so etwas wie meine zweite Heimat, auch wenn die eher in Salzburg anzusiedeln ist. Großartige Bands sind dort in den letzten Jahren aus dem Underground gewachsen, nun endlich hat man die berechtigte Hoffnung, dass sich ein Spross dieser fruchtbaren Entwicklung aufmacht, dem Rest der Welt in den Arsch zu treten. Kaiser Franz Josef wurden ganz sicher nicht von Ungefähr von einem weltweiten Markenführer wie Sony Music gedraftet, da kommt etwas auf uns zu und kluge Menschen hinter den Fassaden der Musikindustrie haben das erkannt. Ich möchte es ihnen allen von Herzen gönnen, denn die Rival Sons haben vor ein paar Jahren auf einer recht ähnlichen Basis ihren Siegeszug gestartet. Die aber stammen aus den guten alten Staaten – doch die Herkunft sollte kein Unterscheidungsmerkmal für Qualität sein und in Österreich verstehen sie ihr Handwerk wahrlich nicht schlechter als in Kalifornien.

Darum, liebes Gefolge, wenn der Kaiser Franz Josef um die Ecke kommt, rollt den roten Teppich aus und gebt dem Kaiser, was seines würdig ist. Er wird Euch belohnen, auch wenn gelegentlich ein bisschen Geschirr dabei zu Bruch gehen kann. Der alte Rochen von der Sissi ist lange tot, jetzt kommen seine krawalligen Erben und machen jede Menge Gaudi, da geht der Punk ab.

Gut so, gebt’s uns, Jungs!


Line-up Kaiser Franz Josef:

Sham (guitar, vocals)
Tom (drums)
Pete (bass)

Tracklist "Make Rock Great Again":

  1. Slaughterhouse
  2. Believe
  3. Mirror
  4. Inside my brain
  5. Disguise
  6. Give it up
  7. Hear me
  8. Alive
  9. Pinkenstein
  10. Stuck on you
  11. Bollywood
  12. Chuck
  13. Tinnitus / The Saint

Gesamtspielzeit: 48:19, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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