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Keith Richards And The X-pensive Winos / Live At The Hollywood Palladium – CD-Review

Keith Richards And The X-pensive Winos - "Live At The Hollywood Palladium..." - CD-Review

Ich weiß es noch wie heute: In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre war ich (natürlich auch dem Alter geschuldet) überzeugt davon, der größte Rolling Stones-Fan des gesamten Universums zu sein und speziell hatten es mir das Songwriting, die Rhythmus-Gitarre und der damals schon riesige Mythos rund um die Person Keith Richards angetan. Dem Veröffentlichungs-Termin von dessen erstem Soloalbum Talk Is Cheap (1988) hatte ich damals wochenlang täglich entgegengefiebert. Heute ein Klassiker, war ich nach dem Kauf aber nicht sofort begeistert, sondern musste die Songs erst (an mir) wachsen lassen. Nachdem das Album auf dem Markt war und die Stones aufgrund einer internen Krise erstmal auf Eis lagen, ging der gute Keith dann kurzentschlossen mit seiner Band The X-pensive Winos auf US-Tour. Kurz vor Ende dieser Sause wurde das Konzert vom 15. Dezember 1988 im Hollywood Palladium in Los Angeles mitgeschnitten, das (warum auch immer erst so spät?) 1991 als Live-Album in die Läden kam und jetzt noch einmal neu aufgelegt vor mir liegt.

Und wow, das geht mit gleich drei Hammer-Stücken schon mal ganz kräftig zur Sache. Den Anfang macht mit "Take It So Hard" die erste Single-Auskopplung der Studioplatte mit einem typischen Keith-Riff. Die Band kocht und brodelt bereits bei dieser ersten Nummer und hier geht geradezu die (musikalische) Post ab. Direkt gefolgt von dem weiteren Rocker "How I Wish" (was hätte ich in meiner aktiven Zeit dafür gegeben, solche Riffs schreiben zu können…), der die Stimmung nicht nur oben hält, sondern sogar noch weiter anstachelt. Mit dem direkten Brief an Mick Jagger, "I Could Have Stood You Up" (»Ich hätte dich auch im Stich lassen können… hab ICH aber nie getan…«), geht es im Rock’n’Roll-Stil der fünfziger und frühen sechziger Jahre in die nächste Runde. Hier hat der legendäre Bobby Keys am Saxophon seinen ersten Einsatz und rockt die Nummer zielsicher sowie mit jeder Menge Power nach Hause.

Anschließend wird nach den ersten etwa 15 aufreibenden Minuten mit dem Reggae "Too Rude" sowie dem folgenden "Make No Mistake" zunächst in ruhigere Fahrwasser eingebogen. Der gute Keith macht zwischen den Songs immer wieder mal ein bisschen Konversation mit dem Publikum, was ihm aber offensichtlich (zumindest aus Entertainer-Sicht) nicht unbedingt im Blut liegt. Warum dann der Sechziger-Klassiker "Time Is On My Side" folgt, mag mehrere Gründe haben. Einer davon wird ganz sicher gewesen sein, dass sich Richards hier mal eine Gesangs-Pause gönnen kann, während die Background-Sängerin Sarah Dash die Lead Vocals übernimmt. Nach dem starken "Big Enough" wird dann mit "Whip It Up" wieder herzhaft nach vorne gerockt. Die komplette Band ist super eingespielt – da ist jeder einzelne Musiker ein Gewinner für sich und ganz nebenbei: Wer einen Waddy Wachtel (Ex-Warren Zevon, Ex-Linda Ronstadt u. v. m.) in der Band bzw. an der Lead-Gitarre hat, der braucht sich sowieso keine großen Sorgen mehr zu machen.

Nach der hervorragenden Ballade "Locked Away" wird schließlich mit den Stones-Klassikern "Happy" und "Connection" in die Zielgerade eingebogen. Die Stimme des Protagonisten konnte zwar 1988 – obwohl auf diesem Album richtig gut in Form – schon nicht mehr die Höhen der Original-Aufnahme erreichen, was sowohl das Publikum als auch der Rezensent (nach Richards in vielen Medien dokumentiertem exzessiven Lebensstil und eigenen Bekenntnissen – »Booze and pills and powders, you gotta choose your medicine – I wasn’t lookin' too good but I was feelin' real well…«, aus dem Stones-Stück "Before They Make Me Run", 1978) jedoch gerne in Kauf nehmen bzw. verstehen und akzeptieren. Erstaunlicherweise wird "Live At The Hollywood Palladium …" mit dem relativ unspektakulären "Rockawhile" beendet. Andererseits ein cooler Abschluss, der auch das Adrenalin des Hörers wieder in Richtung 'Normalzustand' runter fahren lässt.

Das Album ist nun in mehreren Formaten noch einmal erschienen, für dieses Review lag mir die neue CD-Version der Platte vor. Als Fazit kann es (auch ohne rosarote Fan-Brille) von meiner Seite diesbezüglich dann auch nur ein einziges Fazit geben: Jeder Mensch kann selbstverständlich ohne diese (wie auch alle anderen) Platten überleben, aber "Live At The Hollywood Palladium, December 15, 1988" von Keith Richards & The X-pensive Winos sollte in keinem gut geführten Rock-Haushalt fehlen!


Line-up Keith Richards And The X-pensive Winos:

Keith Richards (rhythm & lead guitars, lead vocals)
Waddy Wachtel (lead & rhythm guitars, background vocals)
Ivan Neville (keyboards, background vocals)
Bobby Keys (saxophone)
Charley Drayton (bass, background vocals, drums – #1)
Steve Jordan (drums, background vocals, bass – #1)
Sarah Dash (background vocals, lead vocals – #6)

Tracklist "Live At The Hollywood Palladium …":

  1. Take It So Hard
  2. How I Wish
  3. Could Have Stood You Up
  4. Too Rude
  5. Make No Mistake
  6. Time Is On My Side
  7. Big Enough
  8. Whip It Up
  9. Locked Away
  10. Struggle
  11. Happy
  12. Connection
  13. Rockawhile

Gesamtspielzeit: 67:24, Erscheinungsjahr: 2020 (1991)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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