Die beiden dem Rezensenten nun vorliegenden Alben von Kevin Coyne sind tatsächlich die ersten von diesem Musiker, mit denen er sich intensiv beschäftigt hat. Der Grund dafür steht – wie soviel anderes – in den Sternen, nachdem der Engländer bereits im Jahr 1969 sein Debütalbum veröfferntlichte und zeitlebens alles andere als unproduktiv war. Immer wieder mal, ob auf Partys oder bei Freunden, lief hier und da eine von Coynes Platten und erregte bei mir durchaus Aufmerksamkeit, seltsamerweise blieb es jedoch immer dabei. Wie dem auch sei, der Verfasser dieser Zeilen ist mittlerweile umso beeindruckter. Als im Jahr 1992 das Album "Burning Head" erschien, hatte der seit 1985 in Franken lebende Musiker bereits mehr als 25 Alben auf dem Kerbholz. Was ihn jedoch nicht müder machte, vielleicht auch, weil er – relativ frisch verheiratet – seinen jahrelangen Alkoholismus wieder im Griff zu haben schien.
"Burning Head" nahm Coyne im Prinzip im Duo mit Hans Pukke auf. Alleine dadurch kann man folgerichtig schon auf die spartanische Ausrichtung schließen, die sich auf meist akustische Gitarren sowie Keyboards beschränkt. Und dennoch glänzt die Scheibe und besticht durch starke Songs, bei denen sogar die so clever wie auf nötigste beschränkten Samples sowie Sounds 'aus der Dose' nicht stören. Dann wiederum ist es so, dass bei spartanischer Instrumentierung die Songs richtig was taugen müssen. Und genau das, scheint Kevin Coyne mit einer Leichtigkeit von der Hand zu gehen, dass man geradezu neidisch werden könnte. Auf beiden Alben sind wahre Perlen zu finden und wenn wir uns nur mal auf das erste konzentrieren wollen, dann können ohne mit den Wimpern zu zucken aus dem Stehgreif schon mal der Titeltrack, "Totally Naked", "Hope The Devil Don’t Come", "Emperor’s New Clothes", "Hardhearted", "Beautiful City" oder "Sugar Daddy" in einem Atemzug genannt werden.
Der Brite war außerdem nicht nur Musiker sondern auch Poet und Maler. Bezüglich der Poesie finden wir auf "Burning Head" in Form von "Skinhead In Heaven" und "Disappointed" auch zwei gesprochene, durchaus mit englischem Humor durchzogene Gedichte, die sich herrlich in die Songs einfügen bzw. diese abschließen. Auf "Tough And Sweet" halten der Bass und das Schlagzeug wieder Einzug, wenn auch nicht bei jedem Track. Aber auch hier gilt: Kevin Coyne war einfach ein bärenstarker Songwriter, dem die Melodien und eingängigen Refrains nie auszugehen schienen. "Elvis Is Dead", "Little Miss Dynamite", "All The Loving" oder auch "Pony Tail Song" sind die Favoriten des Rezensenten, der aber auch noch viele weitere Sahnestücke gefunden hat. Auf diesem zweiten Album war der Multiinstrumentalist Henry Beck die rechte Hand Coynes, der seinem Vorgänger Hans Pukke in nichts nachsteht. Etwas seltsam mutet nur an, dass hier drei Stücke von der Vorgängerplatte erneut aufgenommen wurden.
Dieser Doppel-Pack an Alben macht sehr viel Spaß, besonders dann, wenn man auf außergewöhnliche Gesangs-Stimmen und diese gewisse perfekte Unperfektheit steht, die der Musik Bauch und Seele verleihen. Keine Überproduktion, dafür Raum für kleine Fehler und das nötige Quentchen Individualismus kann man hier finden und findet sich damit wiederum in nichts anderem als im 'echten' Leben wieder. Oder um ein anderes Beispiel zu bringen: Wer von den vollkommen unnötig glattgebügelten Alben eines Joe Cocker spätestens ab Ende der achtziger Jahre irgendwann die Schnauze gestrichen voll hatte, der wird genau das Gegenteil bei einem Mann wie Kevin Coyne finden. Selbst wenn die beiden stilistisch anders unterwegs waren bzw. musikalisch nicht wirklich vergleichbar sind.
Selbst wenn der Rezensent "Burning Head" – vielleicht auch nur wegen seiner kurzen Knackigkeit – gegenüber "Tough And Sweet" bevorzugt, ist die zweite Scheibe qualitativ so gut wie gleichwertig und es entscheiden lediglich die individuellen Geschmacks-Knospen. Aufgrund des starken Songwritings wird der Rezensent ganz sicher auch noch in weitere Alben des Protagonisten eintauchen. Wird wohl allerhöchste Zeit!
Line-up Kevin Coyne:
Kevin Coyne (acoustic guitars, vocals)
Hans Pukke (guitars & keyboards – CD 1, electric & slide guitars – CD 2 – #3, 14, keyboards – CD 2 – #14)
Robert Coyne (guitar solo – CD 1 – #1, electric & acoustic guitars, keyboards, bass, drums – CD 2)
Henry Beck (keyboards, special effects, samples, bass, drums – CD 2)
Eugene Coyne (background vocals – CD 2)
Tracklist "Burning Head" & "Tough And Sweet":
- Burning Head
- Sugar Daddy
- Emperor’s New Clothes
- Beautiful City
- Skinhead In Heaven
- Wrong Song
- Hope The Devil Don' Come
- It’s Amazing
- Hardhearted
- Redlight
- Totally Naked
- Hey, Supremo
- Disappointed
- Little Miss Dynamite
- Precious Love
- Burning Head (pt. 2)
- Really In Love
- Pony Tail Song
- Elvis Is Dead
- Totally Naked (pt. 2)
- Walls Have Ears
- Baby Blue
- Talking Money
- Slow Burner
- All The Loving
- No Lullabies
- It’s Amazing (pt. 2)
- Tell Me, Tony
- Now’s The Time
- Getting Old
- Some Day
- Love And Money
- Let’s Get Romantic
- The Creeper
Gesamtspielzeit: 38:12 (CD 1), 68:43 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2023 (1992, 1993)
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