Wenn es live nicht geht, gibt es Konservenkonzerte.
Als ich meinen alten VW Käfer auf dem Parkdeck der Sporthalle abstellte, waren uns schon eine Handvoll 'Maskierte' über den Weg gelaufen. Zusammen mit meinen drei Kumpels rannte ich gleich auf den erstbesten nachgemachten Gene zu, um ein Foto zu schießen. Der war zwar etwas erstaunt über die vier seltsamen Typen aus der Eifel' doch bevor er seinen schwarzen Stift (nicht was ihr jetzt denkt) auspacken konnte um als Gene Simmons auf unseren Kutten zu unterschreiben, waren wir auch schon wieder weg. Damit niemand bemerkte, welche 'Eifeler Greenhorns' da rumliefen, legten wir uns einen lässigen Gang der Marke 'alter Konzerthase' zu und dabei bemerkten wir ein paar langhaarige Ledertypen die Instrumente aus einem Kleinbus kramten.
Das stieß bei uns allerdings auf wenig Interesse, denn aus der Halle dröhnte der Kiss-Soundcheck. "Is That You" vom neuen "Unmasked"-Album wurde geprobt und dröhnte bedrohlich durch die verschlossenen Türen. Auf unserem Rückweg zum Haupteingang bemerkten wir, dass die Langhaarigen verschwunden waren.
Einige der Kiss-Fans standen da rum und meinten »das war wohl die Vorgruppe«. Jahre später sollten uns noch dicke Tränen die Backe herunterrollen, weil wir so dumm waren und kein Foto mit dieser 'Vorgruppe' gemacht haben. Aber wer kannte 1980 schon eine Band aus England mit dem Namen Iron Maiden?
Was diese Jungs dann in der Halle den ca. 6000 Fans um die Ohren schlugen war der Hammer. Die Songs des "Iron Maiden"- Albums wurden wie Granaten in die Menge geschleudert und Sänger Paul Di Anno wurden von den Metalheads in der ersten Reihe die Stiefel geleckt. Als das Licht wieder anging wussten 5999 Fans in der Halle, welches Album als nächstes in die Metal-Sammlung aufgenommen würde. Auch als Kiss-Fan musste man ehrlicherweise zugeben, dass der Sound von Maiden an diesem Abend der bessere war. Die Show natürlich nicht, denn die sollte noch kommen.
Tosender Jubel kam auf, als die Roadies die schwarzen Tücher entfernten und damit die gigantische Kiss-Bühne freilegten. So etwas hatten unsere Eifeler Augen noch nicht gesehen und zwei Ordner mussten kommen, um uns zu beruhigen. Als dann das Licht ausging und alles in Trockeneis gehüllt wurde, gab es kein Halten mehr. Eine große Spiegelkugel an der Decke tauchte die Halle in ein Meer von Lichtern und nach einer gigantischen Explosion startete die Show. Good Lord, sie waren es wirklich und donnerten "Detroit Rock City" in den Saal . Es war laut, bedrohlich laut und Paul Stanleys Stimme schnitt in die Ohren wie Rasierklingen. Nach "Strutter" und "Cold Gin" begrüßte Paul die Halle mit »Hello Köln, we have to call the Doctor – Dr. Love«. Ein brachiales Riff leitete das Stück ein und Gene brachte seine Monsterstimme zu Gehör. Bei "Firehouse" schlugen gut zehn Meter hohe Flammen bis unter die Hallendecke und wir bekamen nasse Füße vom 'Pipi' der Feuerwehrmänner, die jetzt endgültig die Hosen voll hatten. Dann der spektakuläre Auftritt von Ace Frehley, der bei den Songs "Talk To Me", "New York Groove" und, oh Wahnsinn, "2000 Man" Raketen abschoss und seine Klampfe zum Brennen brachte.
Beim darauffolgenden "I Was Made For Lovin' You" tobten die Fans dermaßen, dass man sich Gedanken um die Grundmauern der Sporthalle machen musste. Der anschließende Flug von Gene über die Bühne war neben dem Blut und Feuerspucken ein weiterer Höhepunkt im Kiss-Zirkus der Sensationen. Am Ende der Show kam auch der 'Fuchs' Eric Carr zu seinem Drumsolo und donnerte mit präzisen harten Beats jeden Gedanken an Peter Criss von der Bühne. Eric wurde von den Fans gefeiert obwohl es eines seiner ersten Konzerte mit Kiss war und bei "Black Diamond" schwebte sein Drumkit hoch über den Köpfen der Fans.
Mit "Rock And Roll All Night" und einem Konfettiregen war die 90-minütige Show dann zu Ende und wir standen noch minutenlang mit offenen Mündern auf unseren Plätzen. Als wir mit dröhnenden Ohren die Halle verließen sahen wir entnervte Feuerwehrleute, die sich um eine Packung Pampers-Maxi stritten und einen Hausmeister, dem die Haare zu Berge standen. Ob das Gründe waren, dass bei den Reunion-Shows 97 die Pyro-Effekte zu kurz kamen?
2 Kommentare
martin
29. Juni 2023 um 10:27 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
hatte nach maiden keine stimme mehr und erblickte ace ohne schminke auf dem rücksitz des mercedes bei der einfahrt=))
Wilhelm Eric Berwanger
4. Juli 2022 um 10:10 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ich sehe gerade bei "oft gelesen", Kiss sind zurück!
Hätte ich nicht mit gerechnet, der Bericht hat ja schon einige Jahre auf dem Buckel. Kiss sind ja immer noch on Tour, auch wenn original nur noch Paul Stanley und Gene Simmons dabei sind. 7 Konzerte konnte ich in den letzten 42 Jahren besuchen. Sogar bei der einzigen Tour mit Vinnie Vincent 1983 durfte ich in Offenbach mit dabei sein.
Gene hat aktuell in einem Interview evtl. noch 100 weiter Konzerte angekündigt und ich hoffe, dass die Jungs dann nochmal nach Germany kommen. Ich habe jedenfalls noch keinen Bock auf das "Ende der Straße" und möchte mir gerne noch ein weiteres Kiss Ticket an meine Pinnwand heften.