Oookay, ziemlich düstere Mucke kommt da aus dem schönen Italien zu uns rübergeschwappt. Obwohl, Italien stimmt nicht ganz, denn Kissin' Black definieren sich selbst klar als italienisch-schweizerische Band. Nach einer EP und dem Debütalbum steht nun mit "Dresscode: Black" das zweite Langeisen in den Startlöchern. Live-Auftritte bestreitet die Band übrigens als Sextett (mit Pascal Zwyssig an der elektrischen Gitarre, Heinz Gysin am Bass und Andre Huber-Meznaric am Piano), während auf dieser Studioproduktion neben einigen Gastmusikern offensichtlich nur der Bandgründer und Sänger Giu Mastrogiacomo, der Schlagzeuger Marcel Spiga sowie der Gitarrist Andy Dormann (der auf diesem Album auch den Bass übernahm) beteiligt waren.
Giu Mastrogiacomo, der diese Scheibe übrigens auch produziert hat, ist bereits seit vielen Jahren im Business und war früher unter dem Namen Aka Profound bei weitem kein Unbekannter in der europäischen Goth Rock-Szene. Was man durchaus heraushören kann, wenn man dem doch eher ungewöhnlichen Sound von Kissin' Black lauscht. Nicht gerade wenige der Tracks verzichten tatsächlich auf die elektrische Gitarre und ziehen die akustische vor. Das Trio springt hier immer wieder mal von eingängigen, sanften Melodien über in härtere Gitarrensounds, die dann fast schon logisch auch von aggressivem Gesang gekontert werden. Ein weiteres Stilmittel sind die (nicht immer) angewendeten Intros und auch ganze Songs, bei denen im Hintergrund ein Keyboard eher gespenstische Sounds hinzaubert, während Mastrogiacomo beschwörend und mit tiefer Stimme seine Lyrics ins Mikro spricht.
Sprachlich lässt sich die Band ebenfalls nicht festlegen und wechselt zwischen den einzelnen Nummern gerne mal von italienisch zu englisch, um dann ins Französische (inklusive Akkordeon und vom Chanson angehaucht) überzuschwenken. Frei nach dem Motto »Grenzen sind dazu da, sie einzureißen!« tänzelt die Band stilistisch um gewisse Genres wie Goth, ein ganz kleines bisschen Nu Metal, Singer/Songwriter und weitere herum, ohne sich jedoch jemals auf ein einziges festnageln zu lassen. Interessant ist die Kissin' Black-Version des The Doors-Klassikers "Riders On The Storm", die hier kurz "Riders" betitelt wurde. Witzigerweise kommt der Titel in dieser Fassung deutlich lebhafter und auch optimistischer als in der Original-Version, wenn im Sound sowie Gesang durchaus auch wieder düstere Stilelemente verwendet wurden. Gebracht als Duett, wird Mastrogicomo hier vor dem Mikro richtig klasse von Anna Murphy unterstützt.
Klar ist, dass sich an "Dresscode: Black" sehr wahrscheinlich die Geister scheiden werden. Die einen werden mit dem Stil-Mix nicht klarkommen, den anderen wird es deutlich zu wenig rocken, während wieder andere die immer wieder auftauchenden Aggressionsschübe nicht vertragen können. Aufgeschlossen und bereit für Neues sollte man also unbedingt sein, damit diese Scheibe gefallen kann. Das ’sich darin vertiefen' kann sich aber durchaus lohnen, denn zu entdecken gibt es hier sehr vieles, wenn vielleicht auch nicht direkt im ersten Durchlauf. Aber beim ersten Mal muss man sich sowieso erstmal aklimatisieren und versuchen zu orientieren, wie Kissin' Black überhaupt tickt. Hat man erstmal Gefallen an dem Variationsreichtum und der Experimentierfreude der Band gefunden, dann ist das nächste Dutzend Durchläufe der hier enthaltenen 14 Tracks garantiert.
Nicht für jedermann/-frau, aber durchaus interessant.
Line-up Kissin' Black (Live-Band):
Giu Mastrogiacomo (lead vocals)
Marcel Spiga (drums)
Andy Dormann (acoustic & electric guitars, bass)
Pascal Zwyssig (electric guitars)
Heinz Gysin (bass)
Andre Huber–Meznaric (piano)
With:
The Barbetta Clan (voices – #1)
Florian Grey (additional recitation – #9)
James C. Christensen (piano – #10)
Antonio Maiorano (accordion – #10)
Faruk Muslijevic (accordion – #10)
Anna Murphy (vocals – #11)
Tracklist "Dresscode: Black":
- Chi dice che porto sfortuna?
- Giants
- Dark Again
- Gravemen
- Liquor Tears
- Flirtin' With Hope
- Dresscode: Black
- Step Out Of My Dreams
- Oh Girl French Girl
- Jolie
- Riders
- Address Unknown
- The Visit
- Unveiled: In The Rain
Gesamtspielzeit: 55:13, Erscheinungsjahr: 2019
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