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Kissing Clouds / Loose Time – CD-Review

Kissing Clouds - "Loose Time" - CD-Review

Bereits seit mehr als zehn Jahren Jahren gibt es die Band Kissing Clouds. Hauptquartier ist die Bundeshauptstadt, hier lebt und arbeitet das Quartett, wenn es nicht gerade auf Tour ist. Und mit Tourneen, das wissen wir alle, war es in den letzten zwei Jahren nicht gerade üppig bestellt, um es mal gelinde auszudrücken. Das gleichnamige Debütalbum der Combo erschien im Jahr 2012, bevor dann 2018 mit "You" nachgelegt wurde. Mit den Arbeiten des mir jetzt vorliegenden dritten und "Loose Time" betitelten Werks wurde bereits 2019 begonnen, bevor den Kissing Clouds anschließend – wie so vielen anderen Musikern – durch die nach wie vor herschende Pandemie Knüppel zwischen die Beine geworfen wurden. Aufgenommen wurden die sechs Tracks in den Paul Lincke Studios in Kreuzberg, die es heute auch schon nicht mehr gibt. Bei "Loose Time" handelt es sich übrigens nicht (wie die Anzahl der Songs vielleicht vermuten lassen könnte) um eine EP, sondern mit einer Spielzeit von knapp 37 Minuten um ein vollständiges Album.

Wovon man sich bei den Kissing Clouds bzw. vor dem Genuss dieser neuen Scheibe als erstes (innerlich) verabschieden sollte, sind feste Songstrukturen oder irgendeine Art von geregeltem Strophe-Bridge-Refrain-Strophe-Ablauf. Bezüglich ihres Songwritings sind die Berliner (bzw. Thomas Fiedler, von dem sämtliche Stücke geschrieben wurden) absolute Freigeister, was die Scheibe aber nicht uninteressanter macht. Vielmehr gibt es hier massenhaft zu entdecken, was natürlich auch bedeutet, dass man sich in die Platte erstmal reinhören, sie sich sozusagen 'erarbeiten' muss. Das mag sie am Massengeschmack vorbeiziehen lassen, sollte echte Musik-Freunde aber erst recht inspirieren, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Waren es nicht immer schon die Alben, die zunächst etwas spröde wirkten und die man sich erst mehrere Male anhören musste, bis sie ihre wahre Schönheit und Klasse entfalteten? Beispiele dafür gibt es sehr viele, aber ich will nicht abschweifen.

Vollkommen überraschend (und ganz sicher zufällig) erinnert die Gesangsmelodie der ersten 45 Sekunden des Openers "Blue Sky" (die im weiteren Verlauf noch ein paar Mal wiederholt wird) an ein Stück der von 1969 bis 1974 existierenden Stuttgarter Band Gila, das sich auf deren Album "Bury My Heart At Wounded Knee" befindet. Wäre mir wahrscheinlich nicht aufgefallen, hätte ich besagte Scheibe (ebenfalls zufällig) nicht erst wenige Tage zuvor angehört. Die Kissing Clouds-Nummer hat ansonsten keine Ähnlichkeiten mit der eben erwähnten, wie auch der Rest der Platte kaum Vergleiche zulässst. Die Band mäandert zielsicher von einem Part in den nächsten und hat dabei überhaupt keine Mühe, das Gesamtpaket als zusammenhängend und in sich stimmig zu präsentieren. Die Lead Vocals teilen sich Thomas Fiedler und Clara Thorbecke, während gleich drei der Musiker neben anderen Instrumenten auch Synthesizer-Parts beigesteuert haben. Was jedoch nicht heißen soll, dass die Tracks davon bestimmt werden, vielmehr handelt es sich nach wie vor ganz klar um von Gitarre, Bass und Schlagzeug dominierten Stoff.

Nun ist "Loose Time" ganz sicher kein Album für jedermann/-frau geworden, sondern vielmehr eines, mit dem der Hörer sich beschäftigen muss und für das er sich Zeit lassen sollte. Wenn er/sie das tut und dazu dem Alternative-/Psychedelic Rock nicht völlig verschlossen ist, dann wird er, manche früher und manche erst ein wenig später, dafür aber garantiert belohnt. Wenn man "Loose Time" der Kissing Clouds erstmal 'erfasst' hat, ist man fast schon traurig, dass nach dem sechsten Song schon wieder Schluss ist. Die gute Nachricht ist hingegen, dass hier selbst nach vielen Durchläufen das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist und es immer wieder etwas Neues zu hören bzw. entdecken gibt. Ganz feine Sache!


Line-up Kissing Clouds:

Thomas Fiedler (guitars, synthesizer, lead vocals)
Clara Thorbecke (synthesizer, violin, lead vocals)
Manuel Manko (synthesizer, bass)
Moritz Thorbecke (drums)

Tracklist "Loose Time":

  1. Blue Sky
  2. Every Little Thing
  3. Got In The Way
  4. Loose Time
  5. Raining
  6. Somewhat Special

Gesamtspielzeit: 36:42, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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