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Kris Pohlmann / 10 Years Live – CD-Review

Schon seit der gebürtige Engländer Kris Pohlmann seine musikalische Karriere in Deutschland begann, steht die RockTimes-Redaktion, besonders durch meine Person, in freundschaftlichem Kontakt zu dem Sänger/Gitarristen und Songwriter, denn ich hatte das Glück, im Jahr 2009 sein Debüt-Album New Resolution besprechen zu dürfen und damit eine der interessantesten und vielseitgsten Erstlingsscheiben auf den Tisch zu bekommen, das ich je gehört habe.

Drei Jahre später folgte mit One For Sorrow Album Nummer zwei und konnte die hohen Erwartungen voll erfüllen. Die Musik blieb variabel und flexibel und konnte total überzeugen. Als mit Taylor Road 2015 der dritte Longplayer (das erste Album auf Kris' eigenem Black Penny Records-Label) das Licht der Welt erblickte, konnte eine etwas härtere Gangart festgestellt werden. Balladen und leisere Töne gab es nicht mehr so oft, stattdessen dominierten riffbetonte Gitarrensounds die Songs, was der Band allerdings sehr gut zu Gesicht stand.

Das sah wohl auch Kris selbst so und wechselte kurzerhand seine musikalischen Mitstreiter komplett aus, sodass er jetzt mit Jonas Bareiter am Bass und Schlagzeuger Janosch Brenneisen unterwegs ist, die diese musikalische Entwicklung voll verinnerlicht haben.

Und schon sind wir beim Thema 'live'. Nachdem Kris Pohlmann, der übrigens im nächsten Jahr seinen 40. Geburtstag feiert, seit der Bandgründung im Jahr 2005 fast ständig unterwegs war, wurde der Wunsch nach einem Livemitschnitt unter den Fans immer größer, denn wer die Jungs einmal auf der Bühne aufgesehen hat, der weiß, wie viel Power und Dynamik da aus den Boxen kommt.

So bot das zehnjährige Bühnenjubiläum den perfekten Anlass "10 Years Live" herauszubringen. Aufgenommen wurde während der Frühjahrstour 2016, bei der Kris alle Auftritte mitschnitt, um dann die besten Versionen herauspicken zu können. Übrig geblieben sind neun Songs aus der Tresorfabrik in Duisburg vom 7. März und fünf Titel vom 30. März im niederländischen Groesbeek. Der Sound ist durchweg hervorragend und lässt keinerlei Wünsche offen. Teilweise werden auch die Publikumsreaktionen sehr gut eingefangen, obwohl die reine Musik natürlich im Vordergrund steht. Die Songauswahl ist fast gleichmäßig aus den drei Studio-Alben ausgewählt, aber auch fünf Coverversionen, für die Kris ja schon immer ein besonderes Händchen hat, sind dabei und ergänzen die Setlist perfekt.

Bei den Fremdkompositionen ragen für mich "(April) Spring, Summer &Wednesdays" vom frühen Status Quo-Album "Ma Kelly’s Greasy Spoon", sowie der straighte Boogie "Too Tired" aus der Feder von Johnny 'Guitar' Watson heraus.  Aber auch Freddie Kings "I’m Tore Down" und das von Lowell Fulson geschriebene "Reconsider Baby" aus der 12-Takter-Abteilung sind herrlich intensiv. Lediglich Frees "Come Together In The Morning" fällt etwas ab, was aber auch kein Wunder ist, gehört dieser Song doch zu den gefühlvollsten Balladen, die Paul Rodgers je gesungen hat. Und so etwas kann man einfach nicht toppen.

Unter den eigenen Stücken muss ich unbedingt den mit über zehn Minuten längsten Titel des Albums "Fallin' Down" erwähnen. Herrliche Tempowechsel bestimmen den Song, bei dem Kris sich in allen Variationen austoben kann. Die Band spielt hervorragend zusammen und macht so richtig schön Alarm. Jam Rock pur!  Auch der Beginn des Albums macht gleich Lust auf mehr. Hart und rockig geht "Don’t Make A Fool Of Me" zur Sache. Starker Einstand! Bei "One Day Baby" wird der Boogie ausgepackt. Ganzkörperwippen ist angesagt. Und auch hier wird im Mittelteil mal kurz Luft geholt, bevor es wieder so richtig zur Sache geht.

"Got To Be The Blues" und "Used To Be" sind zentnerschwere Bluesrocker. Die Töne rollen zäh aus den Boxen, immer wieder garniert mit den Gitarrenausbrüchen von Kris. Auf gar keinen Fall darf auch "Taylor Road", der Titelsong des letzten Studioalbums, unerwähnt bleiben. Eine herrlich pumpende Rhythmus-Sektion macht richtig Dampf und Kris lockt herrliche, glasklare Töne aus seinem Sechssaiter. Das Album endet schließlich etwas ungewöhnlich mit einem Instrumental. "One For Sorrow" lässt die CD herrlich gefühlvoll und intensiv ausklingen. Über fünf Minuten feinste Filigranarbeit an der Gitarre. Der Song lädt zum Träumen ein und beendet einen klasse Livemitschnitt sehr würdevoll.

Kris Pohlmann hat mit "10 Years Live" die hohen Erwartungen voll erfüllt. Über siebzig Minuten voller Kraft und Dynamik, gepaart mit jeder Menge Feeling lassen mich diesmal sogar zur 'Tipp'-Grafik greifen. Ein Klasse Live-Album!


Line-up Kris Pohlmann:

Kris Pohlmann (guitar, vocals)
Jonas Bareiter (bass, backing vocals)
Janosch Brenneisen (drums)

Tracklist "10 Years Live":

  1. Don’t Make A Fool Of Me (4:42)
  2. Borrowed Time (3:28)
  3. One Day Baby (3:34)
  4. Too Tired (5:47)
  5. Got To Be The Blues (5:14)
  6. Fallin' Down (10:50)
  7. Used To Be (5:28)
  8. Soulshaker (3:37)
  9. Come Together In The Morning (4:33)
  10. I’m Tore Down (4:47)
  11. (April) Spring, Summer & Wednesdays (4:20)
  12. Taylor Road (5:03)
  13. Reconsider Baby (6:42)
  14. One For Sorrow (5:30)

Gesamtspielzeit: 73:17, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Jürgen Bauerochse

Hauptsächlich zu besprechende Musikstile: Blues, Blues Rock, Southern Rock, Classic Rock
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Mail: juergen(at)rocktimes.de

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