Lanvall ist ein Künstlername, dahinter steckt der aus Linz/Österreich stammende Gitarrist Arne Stockhammer. Einige mögen ihn kennen als Mitbegründer der 1998 gegründeten Metal-Band Edenbridge. Doch mittlerweile veröffentlichte der Mann auch schon drei Soloalben seit 1994. Nun schiebt er das vierte nach, "The Freystadt Symphony", eine Auftragskomposition anlässlich des achthundertsten Jahrestages der Stadt.
Die Aufnahmen für dieses Album wurden jedoch nicht bereits 2020 – das musste verschoben werden – sondern bei der Aufführung am 29. Juni 2022 mitgeschnitten und nun veröffentlicht. Wenn ich feststelle, dass auch hier einmal wieder Rock und Klassik vereint werden sollen, bin ich eigentlich skeptisch. Bereits als Deep Purple 1969 ihr "Concerto For Group And Orchestra" vorlegten, konnte mich das nicht überzeugen, zwar hinsichtlich einzelner Elemente, doch nicht als zufrieden stellendes und in sich geschlossenes Gesamtergebnis.
Und nun stellt sich Lanvall als Gitarrist und Keyboarder einem fünfundsechzig starken Orchester plus einem großem Chor entgegen. Als Autodidakt auf diesem Gebiet soll er Partituren von Bruckner, den er wohl verehrt, sowie anderen Komponisten analysiert haben, um daraus seine Komposition zu schaffen. Wenn zum Beispiel seine verzerrte, aber warm und weich gespielte E-Gitarre im "Movement 3" aus der Wucht der Orchesterinszenierung auftaucht, dann ist das durchaus ein bewegender Moment.
Allerdings lässt die Wucht des Chores zusammen mit der Kraft des Orchesters ("Movement 4") dem Protagonisten eigentlich keine Chance, und hier wirkt das ganz einfach extrem überladen, ohne dass wirklich ein bestimmter emotionaler Ausdruck haften bleibt. Das ist dann verdammt schwülstig im Gesamteindruck.
"Movement 5" wirkt da wesentlich entspannter und scheint durch den Raum zu fliegen, das Ganze gleicht einer Filmmusik für einen Historienfilm. Auf jeden Fall sind die für die Orchester ausgefertigten Arrangements gut gelungen, und wenn Lanvall hinzustößt, passt es auch durchaus. Doch sehe ich nicht unbedingt ein gemeinschaftliches Gelingen, und ich meine, der Protagonist hätte sich mehr oder vielleicht auch anders einbringen sollen, um auch das Element der Rockmusik, wie er sie eigentlich spielt, mehr zu integrieren. So steht es vorwiegend als orchestral klassisch orientiertes Werk im Raum, kompositorisch sicher nicht in der ersten Liga, sondern bleibt einzig und allein unterhaltend. Laut Presseinfo war es Lanvalls Ziel, das Werk stilistisch in der spätromantischen Epoche anzusiedeln, ohne dabei die modernen Elemente des Rock/Metal sowie der Filmmusik zu vernachlässigen. Nun, bis auf die Einbeziehung der Rock/Metal-Elemente halte ich es für weitestgehend gelungen…
Um aufzuzeigen, wie man es meiner Meinung wirklich besser machen kann, muss ich abermals zu Terje Rypdal greifen, z.B. "Melodic Warrior", ein dreiviertelstündiges Epos, mit dem Hilliard Ensemble und dem Bruckner Orchestra, "Double Concerto / 5th Symphony", für E-Gitarre und Symphonieorchester, im Double Concerto zusätzlich mit dem weiteren Gitarristen Ronni Le Tekro, und, "um es zu beweisen", "Q.E.D." (Quod erat demonstrandum), for electric guitar, flute, clarinet, bassoon, 2 french horns, piccolo trumpet, 2 violins, 2 violas, 2 celli, fretless bass/contrabass, gran cassa.
Auf der ebenfalls vorliegenden DVD gibt es neben der Konzertaufzeichnung noch ein "Making Of", ein Interview und eine Slide Show.
Line-up Lanvall:
Lanvall (electric guitar & keyboards)
Junge Philharmonie Freistadt
David Pennetzdorfer (conductor)
Hermann Haider (musical director)
Hard Chor Linz
Alexander Koller (musical director)
Tracklist "The Freystadt Symphony":
CD:
- Movement 1 (3:21)
- Movement 2 (4:08)
- Movement 3 (5:56)
- Movement 4 (3:42)
- Movement 5 (3:56)
- Movement 6 (6:40)
DVD:
- Full Concert (29:24)
- Making Of (21:26)
- Interview (2:42)
- Slide Show (25:50)
Gesamtspielzeit: 27:53 (CD), 79:22 (DVD), Erscheinungsjahr: 2023
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