Ohne Zweifel, auf den ersten Blick könnte Laura Cox als eine Werbeikone für den US-amerikanischen Gitarrenhersteller Gibson durchgehen. Auf den beiden Bildern mit ihr im Innenteil des Booklets ist das Logo der renommierten Marke nicht zu übersehen, die Gitarre ragt auf den Aufnahmen leicht über die Musikerin hinaus. Warum aber sollte das nicht in naher Zukunft einmal Realität werden? Die Französin als authentische Markenbotschafterin. Klar doch, es handelt sich hierbei um eine attraktive Frau. In erster Linie jedoch ist Laura Cox eine exzellente Musikerin, die weiß, wie sie ihr Instrument einsetzen kann.
Laut Plattenfirma schließen wir Bekanntschaft mit einem »aufstrebenden Rockstar«. Das mag angesichts des dritten Albums mit ihrer Band eine realistische Einschätzung sein. Hören wir aber in das Album rein, steckt da schon mehr als nur das Attribut »aufstrebend« drin. Bestes Beispiel "Set Me Free". Hier begegnet uns eine abgeklärte Gitarristin mit fein abgestimmter Bandbesetzung. Wir hören ein Soli, das uns fesselt. Rockmusik vom Feinsten, ohne Schnörkel. Man möchte sogar schon von Routine sprechen, wenngleich dies nicht zutreffend wäre. Gefühlt trifft es aber zu. Dem Lied folgt mit "Old Soul" eine Nummer der Marke Kuschelrock. Das beherrscht die Interpretin makellos, dennoch hat sie eher den Hang zu den rockigeren Stücken.
Die beiden ersten Titel des Albums ("Head Above Water", "So Long") gehören dem Blues, woran sich "One Big Mess" anschließt. Hier werden alle Register gezogen: Ein richtiger Kracher, mein persönlicher Favorit und ein regelrechter Turboauftritt! Natürlich ebenso gut als Anspieltipp geeignet. Das Gitarrenspiel ist bestens. Der treibende Rhythmus zeigt, dass sich Laura Cox bei ihrer Arbeit wohlfühlt. Das kommt dem Hörer und den Musikern ihrer Band zugute.
Die 32-jährige Musikerin wandelt zwischen Rock und Blues. Sie entzieht sich stiltischer Grenzen. Das ist gut so. Auf "Wiser" hören wir sehr deutlich, wie beide Genres ineinander fließen. "Before We Get Burned" hat etwas von Countrymusik. Es ist flott gespielt und verbreitet gute Laune. Ganz klar, diese Interpretin muss man sympathisch finden. "Fever" ist schon so etwas wie ein Rausschmeißer. Hier unterstreicht die Bandleaderin, dass ihr der Rockpart am besten liegt, während sie die Bluespassagen ebenfalls souverän meistert. Die Zusammensetzung aller Stücke legt den Fokus aber deutlicher in Richtung Rock. Laura Cox überzeugt mit ihrer Musik, aber auch anhand von Fakten. Schon 2013 gründete sie ihre eigene Band. Es erschienen bisher drei Alben: "Hard Blues Shot" (2017), Burning Bright (2019) und aktuell "Head Above Water". Beim zweiten und dritten Werk handelt es sich jeweils um eine Zusammenarbeit von earMUSIC mit dem französischen Label Verycords. Das hat fraglos eine stärkere internationale Nachfrage zur Folge. Begonnen hatte ihre musikalische Laufbahn mit Coverversionen von Blues- und Rockklassikern auf YouTube. 500.000 Abonnenten und 105 Millionen Aufrufe brachten sie entsprechend ins Rampenlicht.
Diese Popularität setzt Laura Cox gezielt ein und ist neben ihrer Studioarbeit live aktiv. Das bisherige Ergebnis ist eine Musikerin, die trotz ihres vergleichsweise jungen Alters sehr gefestigt auftritt. Dabei schaut sie gern über den eigenen Tellerrand hinaus. So interviewte sie beispielsweise die Scorpions für ARTE. Umgekehrt produzierte der WDR mit Laura Cox eine Dokumentation über ihren rasanten Aufstieg in der Rockszene für eine Episode des legendären Rockpalast.
Erwähnenswert ist auf "Head Above Water" der ausgezeichnete Album-Sound und die stimmige Produktion. Aufgenommen wurde die Produktion in den ICP-Studios in Brüssel von Erwin Autrique, gemastert vom mehrfachen Grammy-Gewinner Ted Jensen (Eagles, Norah Jones, Green Day).
Fazit: In "Head Above Water" steckt eine Menge gut gemachter Rockmusik, ergänzt durch viele Blueselemente. Bei mehrmaligem Hören gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Die Interpretin überzeugt mit einer gesunden Portion Energie, solidem Hanwerk und einer unüberhörbaren Spielfreude.
Handgemachte Rockmusik wie aus dem Bilderbuch.
Line-up Laura Cox:
Laura Cox (vocals, guitar, backing vocals, lap steel, banjo)
Mathieu Albiac (guitar)
Adrien Kah (bass)
Antonin Guérin (drums, percussion)
Guests:
Germain Destremont (keyboards -#4,5,6, bells -#5)
Nina Babet (backing vocals -#1,2,4,6,10)
Monique Harcum (backing vocals -#1,2,4,6,10)
Steve Kashala (backing vocals -#1,2,4,6,10)
Tracklist "Head Above Water"
- Head Above Water
- So Long
- One Big Mess
- Set Me Free
- Old Soul
- Wiser
- Before We Get Burned
- Seaside
- Fever
- Swing It Out
- Glassy Day
Gesamtspielzeit: 44:41, Erscheinungsjahr: 2023
1 Kommentar
Steffen Nitzsche
16. Februar 2023 um 9:07 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ich habe mir die Scheibe mal angehört und kann das CD Review bestätigen. Es ist eine sehr abwechslungsreiche, homogene CD ohne Schwächen.
Kein billiges Bluesrock Gedräsche ohne Ende sondern sehr facettenreich und Genre übergreifend. Dazu ein sauberer Sound. Eine Band wie es sie noch selten gibt. Eigentlich eine klassische Rockband die man in die 80iger Schublade steckt. Für mich sehr gut das Album. Das macht Hoffnung das diese Gattung nicht ausstirbt. Live sind sie eh…Klasse