
Die musikalische Karriere des leider nach wie vor Geheimtipps Mickey Jupp begann 1963 bei der Band Orioles, bei denen er bis Ende 1965 blieb und unter anderem gemeinsam mit dem Lead-Gitarristen Mo Witham und dem Drummer Bob Clouter spielte. Nachdem er sich dann für ein paar Jahre aus dem Business zurückgezogen hatte, gründete er 1968 die Band Legend. Nach dem gleichnamigen Debütalbum und nur einem Konzert fiel das Quartett jedoch wieder auseinander. Jupp erinnerte sich an seine Orioles-Tage und stellte kurzentschlossen Mo Witham sowie den Bassisten John Bobin ein, ebenso wie den Schlagzeuger Bill Fifield (der süffisanterweise nach dem zweiten Bandalbum unter dem Namen Bill Legend bei T. Rex einsteigen sollte). Aber auch die nächste Platte, kurioserweise ebenfalls ohne Namen versehen, floppte. Sehr zum Verdruss der Musiker, die sich darauf auch noch einen neuen Drummer suchen durften. Mit Bob Clouter kam dann der zweite ehemalige Orioles-Kollege von Mickey Jupp an Bord von Legend.
Die Band fand ein neues Label und setzte sich auch dahingehend durch, das dritte Werk nach zuvor Tony Visconti (unter anderem Ex-David Bowie) nun selbst zu produzieren. Hatte der Bandleader Jupp bis dahin sämtliche Tracks immer im Alleingang verfasst, so wurde die Musik für fünf der auf dem original 1972 erschienenen "Moonshine" nun der kompletten Band zugeschrieben. Und die Musik? Hier dürfte wohl jeder Fan des englischen (Pub) Rock der frühen und Mittsiebziger voll auf seine Kosten kommen. Total unpräziöser, schnörkelloser Blues Rock, gespickt mit ein paar feinen Balladen wurde hier auf Vinyl festgehalten. Gitarren, ein Piano, Bass, Schlagzeug… ach ja, und natürlich auch noch die (kaum herauszuhörenden) mit Papier überlegten Kämme bestimmen das Bild. Aber nur fast ausschließlich, denn zu ein paar Nummern wie beispielsweise "Another Guy" oder "The Writer Of Songs" hatte die Band dann tatsächlich (zum Glück nicht aufdringliche, sondern dezente) Streicher-Arrangements hinzugefügt.
Der eröffnende Blues-Rocker "Moonshine" lässt umgehend durch sein feines Riff, den saucool in die Beine gehenden Groove und Mickey Jupps rauen, extrovertierten Gesang aufhorchen. Mo Withams Sologitarre macht nicht mehr als notwendig, das aber überaus effektiv. Mit "Another Guy" folgt umgehend der nächste starke Song, der vom Piano bestimmt allerdings deutlich melancholischer davon berichtet, 'es' schaffen zu wollen und irgendwann nicht mehr nur 'Irgendein Typ' von vielen zu sein. Ich würde ja fast wetten, dass dem guten Ian Hunter der Text dieses Stückes im Unterbewusstsein herumspukte, als er sein "Irene Wilde" verfasste. Aber wie dem auch sei, "Mother Of My Child" bleibt, wenn insgesamt auch wieder rockiger, vom Piano bestimmt in ruhigeren Gewässern. Ebenfalls ein starker Song mit massenhaft Feeling und durchaus auch etwas lauteren Passagen. Bei "Captain Cool" übernehmen die Gitarren dann wieder das Ruder und führen die erste Seite beschwingt in Richtung Ende, bevor das kurze, witzigerweise "Ausfahrt" betitelte Instrumental den Sack zumacht.
Jedem logisch denkenden Musik-Fan dürfte klar sein, dass die zweite Seite dann mit dem gleichen, wieder sehr kurz gehaltenen, Instrumental "Eingang" beginnt. Der Spaß sollte schließlich nicht zu kurz kommen, wenn direkt anschließend mit "Shine On My Shoes" auch bereits das nächste Highlight ansteht. Urig (blues-) rockig geht es hier zur Sache, wenn vielleicht auch nicht mehr ganz so aus sich herausgehend wie auf dem Titeltrack. Hervorragendes Songwriting und sensible Umsetzung findet man bei "The Writer Of Songs", wo sich das Piano und die Sologitarre auf gleicher Höhe gegenüberstehen und der Gesang des Frontmannes wieder einmal aufhorchen lässt. Auf hohem Niveau wird die Scheibe dann mit den restlichen drei Nummern nach Hause geschaukelt, wobei speziell der Rocker "Just Because" noch einmal die Wände zum Wackeln bringt.
Leider war auch "Moonshine" nach seinem Erscheinen damals ein absoluter Flop, was das Album alles andere als verdient hatte. Die Folge: Legend löste sich auf und Mickey Jupp verabschiedete sich wieder mal völlig desillusioniert für ein paar Jahre aus dem Musik-Business. Bis er dann 1978 mit "Juppanese" seinen Solo-Einstieg feierte und noch einige Jahre regelmäßig Alben veröffentlichte.
Langer Rede kurzer Sinn: "Moonshine" ist eine vergessene Perle der frühen Siebziger, die man nicht an sich vorbeirauschen lassen sollte!
Line-up Legend:
Mickey Jupp (rhythm & lead guitars, piano, comb and paper, lead & background vocals)
Mo Witham (lead & rhythm guitars, acoustic & Spanish guitars, comb and paper, background vocals)
Bob Clouter (drums, comb and paper)
John Bobin (bass, comb and paper, additional Spanish & lead guitar, background vocals)
Tracklist "Moonshine":
- Moonshine
- Another Guy
- Mother Of My Child
- Captain Cool
- Ausfahrt
- Eingang
- Shine On My Shoes
- The Writer Of Songs
- Local Folk' Ol
- At The Shop
- Just Because
Gesamtspielzeit: 13:23 (Side 1), 18:17 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2018 (1972)
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