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Lemmy – Unsterblich in den Rockerhimmel

Lemmy

Als sich am 28.12.2015 die Nachricht vom Tod des MotörheadSängers Lemmy Kilmister verbreitete, glaubte ich an eine Fügung des Schicksals: Wenige Tage nach Weihnachten verabschiedete er sich in den Rockerhimmel. Dabei war es fünf Tage zuvor Heiligabend, als der britische Musiker 1945 und damit vor 70 Jahren das Licht der Welt erblickt hatte.

Fünf Jahre nach seinem Tod scheint es mir so, als habe Ian Fraser 'Lemmy' Kilmister, wie der Motörhead-Frontmann mit bürgerlichem Namen hieß, unfreiwillig die Runde vieler Hiobsbotschaften eingeleitet, die uns seitdem einholt. Die meisten Rockmusiker sterben in diesem Alter, anno 2020 sind wieder etliche dieser Protagonisten von uns gegangen. Daran hatten wir in unseren Grüßen zum Weihnachtsfest erinnert.

Lemmy aber übertrifft alles. Mit dem Tod des Motörhead-Sängers und –Bassisten wurde mir schnell klar, dass an einen Fortbestand dieser Band nicht zu denken war. Also reihten sich – neben die Todesnachricht – Trauer, Dankbarkeit und Realitätssinn zu gleichen Teilen. Doch irgendwie lebt die Ikone des Rock’n’Roll weiter. Damit meine ich ganz bestimmt nicht das Leben nach dem Tod oder eine Wiederauferstehung.

Vielmehr sind es die vielen Ehrungen, die der Musiker posthum erhielt und die zum Teil skurriler Natur waren. Tatsächlich wurde ein Krokodil, dessen Überreste nach mehreren Millionen Jahren auftauchten, nach Lemmy benannt. Beim Versuch von Fans, ein neuentdecktes chemisches Element  nach ihm zu benennen, hörte der Spaß aber auf. Hier war der Wunsch Vater des Gedanken. 'Lemmium' sollte das Element heißen. Trotzdem scheint das, was um den einzigartigen Musiker nach seinem Tod passierte, ein besonderer Ausdruck für Mythos zu sein. Zu diesem Schluss kommt Autor Dominik Feldmann in seinem Buch Rock Your Brain. Das Buch widmet sich der Verbindung von philosophischen Gedanken und deren Widerspiegelung in der Rockmusik.
Der respektvolle Umgang, den viele Musikerkollegen zu dessen Lebzeiten mit Lemmy Kilmister pflegten, ist für mich ein eindeutiger Beweis, welchen Einfluss er auf die Musikwelt hatte.

Auch wenn der Motörhead-Gründer in unnachahmlicher Weise alles dafür tat, um die Klischees vom Rock ’n' Roll mit starkem Konsum von Alkohol und Drogen hochzuhalten und dafür immer wieder als 'medizinisches Wunder' beschrieben wurde, so zeigte er doch in mancher Hinsicht eine konsequente Linie. Von seiner musikalischen Richtung wich er ebenso wenig ab wie von seiner Haltung, jegliche Form von Religion abzulehnen.

Das Konzerterlebnis am 03.12.2004 in der Erfurter Thüringenhalle habe ich bis heute in guter Erinnerung. Überraschend war damals für mich, dass die brasilianische Thrash Metal-Band Sepultura an diesem Abend für den vergleichsweise melodischen Teil zuständig sein sollte.
Dann kam der 1,78 Meter große Mann mit kräftiger Stimme auf die Bühne und rief ins Mikrofon: »We are Motörhead and we play Rock ’n' Roll!« Das hörte sich wie eine Kampfansage an. Es folgte eine illustre Titelfolge, bei der man allerdings akustisch keinen allzu großen Unterschied ausmachen konnte. Bis heute weiß ich nicht, ob es an der schlechten Akustik in der Halle oder an dem ohrenbetäubenden Lärm lag. Songs wie "Ace Of Spades",  "Iron Fist" und "Overkill" hörte ich mir anschließend stattdessen immer wieder in Zimmerlautstärke an.

Doch das Konzert hätte nicht typischer sein können. Ungefiltert und unverfälscht Motörhead. Wie immer die jeweilige Verbindung zu dieser Band war, die Erinnerung an das vom satten Bass-Sound geprägte Trio wird jeder Musikliebhaber, ob eingefleischter Fan oder neutraler Beobachter, auf seine Weise behalten. Metal-Sängerin Doro Pesch, eine der engsten Vertrauten von Lemmy, sorgte am 31.10.2020 in der WDR-Sendung "Lieder meines Lebens – Unsere Lieblingshitparade" dafür, dass plötzlich Motörhead mit einem Beitrag zur besten Sendezeit am Samstagabend in den Wohnzimmern auftauchte. Das führte gewiss nicht dazu, dass die Band über Nacht zum Mainstream gehörte, aber der Bekanntheitsgrad sank damit garantiert nicht.
Ian Fraser 'Lemmy' Kilmister hat alle Höhen und Tiefen eines Rockmusikers durchlebt. Nach 70 Jahren hörte am 28. Dezember 2015 sein Herz auf zu schlagen. Offiziell gaben die Ärzte als Todesurache ein Krebsleiden an, nachdem er in seiner Wohnung in Los Angeles starb.

Man kann seine Vita bewerten wie man möchte. Für mich ist er ein Muster an Bodenständigkeit und Geradlinigkeit. Ein Mensch mit Haltung. Das macht ihn für viele so unsterblich. Gerade in diesen Tagen rund um die Weihnachtszeit lohnt es sich, den Blick auf ihn zu richten.

R.I.P. Lemmy

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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