Lou Reed / Transmission Impossible – 3-CD-Review

Der New Yorker Lou Reed (R.I.P.) war ja immer schon für Überraschungen gut. Und kürzlich traf es mich gleich zweimal innerhalb kürzester Zeit, einmal gut und einmal weniger. Sehr gefreut hatte ich mich auf diese 3 CD-Box mit dem Namen "Transmission Impossible", die pro Silberling ein im Radio übertragenes Konzert aus den siebziger Jahren enthält. Bei mir zuhause angekommen, stellte sich dann aber die eher ernüchternde Tatsache heraus, dass es sich hier weniger um neu entdecktes, als vielmehr um bereits bekanntes Material handelt. So hatten wir euch die erste Scheibe bereits unter dem Namen Live In New York 1972 (minus "Rock’n’Roll" + einem Radio-Interview) und das zweite Konzert unter dem Namen Winter At The Roxy (minus "She’s My Best Friend", "Claim To Fame", "Sheltered Life" sowie "Vicious Circle") vorstellen können. Lediglich das dritte Konzert (das aber auch bereits als "Banging On My Drums" als Doppel-CD erschienen war) war der RockTimes-Redaktion bisher nicht bekannt.

Wie dem auch sei, bezüglich der ersten beiden Teile möchte ich gerne auf die obigen Reviews verweisen und mich hier somit lediglich auf den Gig vom 01. November 1977 im The Regent Theatre in Albury, Australien, konzentrieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lous akutelles Album Rock’n’Roll Heart zwar schon ein stolzes Jahr auf dem Buckel, aber es sollte auch nur noch etwas mehr als drei Monate bis zur Veröffentlichung der nächsten Scheibe "Street Hassle" dauern. Keine große Überraschung also, dass fünf der zehn Tracks der Show aus diesen beiden Alben stammen. Garniert wird diese Show von ausgesuchten Nummern zurückliegender Soloalben wie "Coney Island Baby" (von der gleichnamigen Platte, 1976), "Walk On The Wild Side" und "Satellite Of Love" (beide von Transformer, 1972) sowie den Velvet Underground-Klassikern "Sweet Jane" und "Rock’n’Roll".

Auf dieser Tour im Herbst 1977 hatte Reed eine klasse, eine richtig tighte Band inklusive zwei Background-Sängerinnen am Start. Und gerade diese beiden sorgten nach "Rock’n’Roll" für die größte Überraschung, indem sie den Sechziger-Klassiker "You Keep Me Hangin' On" bringen durften. Eine Überraschung deshalb, weil Coversongs in Lou Reed-Konzerten ungefähr so oft vorkamen, wie ein Tiger Gewissensbisse bezüglich seiner gerade erlegten Beute hat. Ganz reibungslos ging es nicht zu, denn als aus dem Publikum Gegenstände auf die Bühne geworfen wurden, brach Reed einen Song kurzentschlossen ab und machte erstmal klar, dass es keine Musik mehr geben wird, falls da noch weitere Sachen angeflogen kommen. Die Stücke werden zumeist ausgiebig bearbeitet, sodass es mit "Rock’n’Roll Heart" (2:59), "Shooting Star" (4:05) und "Banging On My Drum" (3:55) lediglich drei Tracks mit ’normaler' Laufzeit zu hören gibt. Davon abgesehen werden richtig starke und lange Versionen von "Satellite Of Love" (11:16, Lou versucht sich hier als 'echter' Sänger), "Street Hassle" (13:42), "Walk On The Wild Side" (9:57) sowie "Coney Island Baby" (7:30) in Umlauf gebracht.

Der Sound ist bei allen drei Konzerten nicht unbedingt für Klangpuristen geeignet, für sein Alter aber durchaus gut und genießbar. Was den Wert dieser Aufnahmen betrifft ist es so, dass sie für den Sammler und echten Lou Reed-Fan unabdingbar sein dürften (speziell auch weil hier einige eher seltener gespielte Titel mit am Start sind), ansonsten sind das natürlich authentische Zeitdokumente aus Lous bestem Jahrzehnt (seiner Solokarriere). Einsteigern bzw. jedem, der den 'New York City Man' noch nicht kennt, würde ich dagegen erstmal die regulären Studioalben (speziell "Transformer", "Berlin", "Coney Island Baby", The Blue Mask oder "New York") empfehlen.

Tracklist "Transmission Impossible":

Gesamtspielzeit: 61:24 (CD 1), 82:46 (CD 2), 80:17 (CD 3), Erscheinungsjahr: 2016 (1971, 1976, 1977)