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Märvel / At The Sunshine Factory – CD-Review

Märvel - At The Sunshine Factory - CD-Review

Aaah okay, Märvel ist eine Band, die nicht daran glaubt Musiker auszutauschen, sondern sie nimmt laut ihrer Homepage einfach weitere auf. So ist aus der original als Trio gestarteten Combo mittlerweile ein Quintett mit drei Bassisten geworden. Eine Geschichte, die man auch nicht alle Tage hört, die aber folgende Ursprünge hat: Da der Original-Bassist Speedo (Ulrik Bostedt) bereits seit einigen Jahren (aus ungenannten Gründen) sein Heimatland nicht mehr verlassen darf, wurde The Aviator für die Auslands-Tourneen der Band eingestellt. Und weil das so schön war, holten sich die beiden Gründungsmitglieder King (guitars, vocals) und Vicar (drums) noch einen dritten Mann für die dicken Saiten ins Boot. Namentlich Burgher, der auch auf der neuen Scheibe der Skandinavier zu hören ist. Aber wie dem auch sei, Märvel haben sich für ihr mittlerweile siebtes Album ganz besonders ins Zeug gelegt, denn dafür haben sie sogar ihr eigenes Studio gebaut, um sich völlig frei von Zeitdruck, ständig maulenden Produzenten und eigensinnigen Sound-Ingenieuren entfalten zu können.

Die Band hatte sich bereits zwei Mal in unserer Redaktion vorgestellt und für Thunderblood Heart sowie Warhawks Of War ganz befriedigende, wenn auch nicht richtig gute, Noten bekommen. Ihrem Stil, Rock mit starkem Siebziger-Einschlag, sind die Nordeuropäer treu geblieben, wenn mir "At The Sunshine Factory" sogar ein Stückchen flexibler und ausgefeilter vorkommt, als es die älteren Scheiben waren. Neben dem Rock als Ausgangspunkt bringt der dieses Mal im Studio anwesende Dreier beim Gesang auch immer wieder feine Pop-Melodien mit ein, was natürlich einerseits richtig gut ins Ohr geht, der Musik auf der anderen Seite aber auch ein bisschen an Schärfe nimmt. Sei’s drum, jeder Musiker und jede Band hat schließlich das gute Recht, sich zu verändern und nach Neuem Ausschau zu halten. Wobei aber auch klar gesagt werden muss, dass sich die Kollegen King, Burgher und Vicar nicht wirklich allzu weit von ihren Wurzeln entfernt haben, sprich diese immer noch klar auszumachen sind.

Beim Opener "A Killing View" überraschen die Jungs zunächst mit einem Akustik-Gitarren-Intro, aber bereits nach etwa 35 Sekunden bricht die ganze Rock-Gewalt über den Hörer herein. Und so verhält es sich prinzipiell mit dem ganzen Album. Ruhigere und heftig rockende Parts wechseln sich mit schöner Regelmäßigkeit (auch während der jeweiligen Songs) ab. Die Grundstimmung der Tracks ist von der musikalischen Seite eher sonnig, während sich die Lyrics fast durchgängig mit den dunklen Seiten des Lebens befassen. Ein Gegensatz, der sich nicht unbedingt widersprechen muss, denn da hatten wir ja schon ganz andere Beispiele (u. a. Rumours von Fleetwood Mac, um nur mal ein Beispiel zu nennen). Einer meiner Favoriten ist "Smile Mr. Steen" (der Nachname von King im bürgerlichen Leben), das sich mit den leidvollen Erfahrungen auseinandersetzt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen bzw. seine echten Gefühle nicht ausleben und sich hinter einem Lächeln, einer Maske verstecken zu müssen.

Die Band hat in den zwölf neuen Songs auf "At The Sunshine Factory" jede Menge eingängige Melodien und Hooklines eingebaut, die das Album zum guten Gast auf jeder Party machen. Kommt (wie vom Rezensenten selbst getestet) aber auch auf Autobahn-Fahrten richtig gut und hat nicht zuletzt genügend Tiefe in den Texten, um sich intensiver damit zu beschäftigen. Manche Akkordfolgen (inklusive der Gitarren-Rhythmik) glaubt man zwar schon mal an anderer Stelle bzw. von anderen Bands gehört zu haben (und auch das abschließende "Angela" war zumindest vom Chorus und mit anderem Text versehen schon mal da), aber wenn man diesen Punkt nicht ganz so bierernst nimmt, dann kann man an den vorliegenden knapp vierzig Minuten Musik von Märvel durchaus Spaß finden.

Die Scheibe wird zwar nicht den Weg in meine Top10-Platten des Jahres finden, aber sehr guter Durchschnitt ist sie allemal.


Line-up Märvel:

King (guitars, vocals)
Burgher (bass)
Vicar (drums)

Tracklist "At The Sunshine Factory":

  1. A Killing View
  2. The Secret Grand Prix
  3. Goodluck Sandy
  4. Heart & Balls
  5. Smile Mr. Steen
  6. Monsters Grow In The Dark
  7. Child
  8. Step Closer
  9. All Over The News
  10. Live & Learn
  11. Vinegar
  12. Angela

Gesamtspielzeit: 40:42, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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