Schon wieder eine dieser vielgepriesenen, öchzigsten Bands, die den Classic Rock für sich entdeckt haben wollen und meinen, damit einen auf dicke Hose machen zu müssen, um am Ende in der Unbedeutsamkeit zu verschwinden. Denn mal ganz ehrlich: Ein lauter Furz macht noch lange keinen Donnerschlag.
Das waren also meine Gedanken, als mir die Platte zur Rezension in die Hände fiel. Doch schon das von Even Bøthun interessant gestaltete Cover sorgte für die nötige Neugier. Und auch die Ankündigung des Promoters weckte genügend Interesse, um der Scheibe ein Ohr zu gönnen, oder auch zwei: »Die Band bewegt sich zielsicher […] zwischen Metal und Hardrock…« und – mein Vorab-Fazit – das machen die Norweger doch recht ordentlich. Bereits mit dem Opener, "Under The Gun" hauen die drei Herren einen ordentlichen Kracher raus, der jedem (Noch)Hair Metal-Fan ein Grinsen ins Gesicht zaubert. Da haben wohl Mötley Crüe Pate gestanden.
Beim folgenden "The Great Escape" übernahm Thin Lizzys Phil Lynott ganz eindeutig das Zepter, denn sowohl der Gesang als auch einige Riffs lassen Erinnerungen an selige Lynott-Zeiten wach werden.
"Midnite Sadusa", ich hab den Song mehrfach laufen lassen und bin zu der Überzeugung gekommen, hier hat man sich das nur all zu bekannte Riff aus Ted Nugents "Cat Scratch Fever" einfach mal geklaut. Bis jetzt bin ich von der Platte dennoch ziemlich beeindruckt.
Track vier haut mich zwar nicht unbedingt vom Hocker, gehört aber in die Kategorie 'reine Geschmackssache'. Ist eine knackige AOR-Nummer, von der man ohne weiteres behaupten kann, dass zumindest die heutigen Bon Jovi froh wären, solch eine Komposition noch mal auf die Reihe zu bekommen.
Na endlich, es kracht wieder aus allen Rohren, mit "Polonium Blues", wobei 'Blues' hier nicht sonderlich wörtlich zu nehmen ist, es handelt sich eher um eine steile Hard Rock-Nummer mit grummelndem Butler-Bass, jaulenden Gitarren und feinen Soliausflügen.
Sowohl "Siren Song" als auch "After The Fire" könnten ein Tribut an Dio sein, wecken zumindest Assoziationen, und "Lost With All Hands" liegt in der Schnittmenge zwischen Thin Lizzy und Maiden, hat aber die Düsternis von Alice Cooper zu "Brutal Planet"-Zeiten. Die Twin Gitarren-Harmonien sind im Solo unüberhörbar. "Electric Sorcery" plätschert etwas an mir vorbei, ist eher eine den 80ern 'entstiegene' 08/15-Melodic Rock-Nummer mit – für mich eindeutig – zu vielen »ooohhhhs«.
Aber dann wird das Ruder vollkommen rumgerissen, denn miit dem über sechsminütigen Titeltrack gibt es nun das absolute Highlight auf der Scheibe. Mit einem an "No Quarter"-Zeiten von Page und Plant erinnernden (orientalischen) Intro wird "Blades, Chains, Whips & Fire" eröffnet, um seine Fortsetzung in dem den Song "Kashmir" dominierenden Riff – welches Puff Daddy übrigens auch für "Come With Me" verwendete – zu finden. Unterschwellig sind fast über den gesamten Track hinweg orientalische Klänge zu hören, denen Robert Plant übrigens nach wie vor mit Hingabe frönt und die hier ebenfalls Akzente setzen.
Der Grund-Rhythmus des Stückes bleibt "Kashmir"-artig, um immer mal wieder Ausflüge in den Metal-Bereich zu unternehmen. So hat man einfach einen Mitgrölrefrain, ein paar Doublebass-Sequenzen und einen keifenden Vocal-Part eingeflochten und zeigt dem Hörer damit die Pommesgabel. Hut ab – clever gemacht!
Hiermit wird der eine oder andere, eher unspektakuläre Track auf der Scheibe wieder wettgemacht.
Die drei Bergener verstehen ihr Handwerk und lassen die 70er und 80er wieder aufleben. Ab und zu wird schon mal hemmungslos geklaut, aber das gekonnt. Ob das Ted Nugent jedoch genau so sieht, sei mal dahingestellt.
Nach dem Debüt "Electrick Sorcery" ist "Blades, Chains, Whips & Fire" übrigens ihr zweites Album.
Eine Frage erlaube ich mir aber noch: Wie wollt ihr diesen fetten Sound auch live umsetzen, Jungs?
Anspieltipps sind "Under The Gun", "Midnite Sadusa" und "Blades, Chains, Whips & Fire".
Line-up Magick Touch:
Christer Ottesen (lead vocals, background vocals, electric basses, percussion)
HK Rein (lead vocals, background vocals, electric guitars, baritone guitar, el sitar, banjo, shaker)
Bård Nordvik (drums, cymbals, sticks & skins, background vocals, percussion)
Tracklist "Blades, Chains, Whips & Fire":
- Under The Gun
- The Great Escape
- Midnite Sadusa
- Believe In Magick
- Polonium Blues
- Siren Song
- Lost With All Hands
- After The Fire
- Electric Sorcery
- Blades, Chains, Whips & Fire
Gesamtspielzeit: 39:00, Erscheinungsjahr: 2018
Neueste Kommentare