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Man / Anachronism Tango – CD-Review

Man - "Anachronism Tango" - CD-Review

Eine der heute noch bestehenden dienstältesten Bands ist die walisische Formation Man, deren Mitglieder zwar bereits zuvor zusammen gespielt hatten, die offizielle Gründung unter dem neuen Namen nahm jedoch erst 1968 Gestalt an. Die Combo legte eine wahnsinnige Arbeitswut vor (oder hatte vielleicht auch nur einen ziemlich miesen Deal mit ihrem Label abgeschlossen), sodass bis einschließlich 1974 jedes Jahr zwei Studioalben das Licht der Welt erblickten und Live-Veröffentlichungen gab es natürlich auch noch. Allerdings war der Personalverschleiß auch sehr hoch und irgendwann war der Tank einfach leer.

1977 löste sich die Band auf, wobei es 1983 jedoch zur Reunion kam und die Gruppe – abgesehen von kleineren Regenerationspausen – bis heute aktiv ist. Leider machten aber auch vor den Briten weder der Zahn der Zeit noch Gevatter Tod halt und so mussten in den letzten Jahren so einige Beerdigungen besucht werden. Von den alten Recken ist nun lediglich noch der Bassist und Sänger Martin Ace am Start, der bereits 2019 mit seinem Sohn Josh (mittlerweile auch schon gut 15 Jahre in der Band) an Gitarre und Gesang, dem weiteren Gitarristen James Beck sowie dem Schlagzeuger Rene Robrahn die aktuelle Studioscheibe "Anachronism Tango" vorgelegt hat, die vor wenigen Wochen bei dem deutschen Label MIG Music erschienen ist.

Von den früheren Stilmerkmalen wie dem Psychedelic- und Progressive Rock ist auf "Anachronism Tango" nichts bzw. so gut wie nichts mehr zu finden. Geboten wird hier ganz ’normaler', dafür aber sehr gut gemachter Rock mit dem ein oder anderen Abstecher in die Westcoast-Musik. Bleiben wir doch gleich dabei: Sobald "To Sing Rave On" beginnt, wähnt man sich schlagartig in einem Album der Byrds zu Zeiten derer "Younger Than Yesterday"- und "The Notorious Byrd Brothers"-Phase. Dieser Fakt macht das Stück nicht schlechter und der Refrain biegt dann auch wieder in eine andere (wenn auch nicht unbekannte) Melodieführung ein. Und wenn wir schon bei den Inspirationen sind: Bei "Manor Farm" taucht eine Stelle im Song auf, die man nur allzu gut von dem Black Crowes-Titel "And The Band Played On" kennt. Was aber alles nicht wirklich schlimm ist, denn die Band hat genügend Qualität am Start, um diese kleinen Irritationen schnell wieder aus dem Weg zu räumen.

Vor allem kann sie mit richtig starken Songs wie beispielsweise dem Opener "Too Much Too Soon" oder dem sogar noch besseren "Still In Love And Trembling" die volle Punktzahl einstreichen. Wir das erstgenannte Stück von einem pumpenden Bass und feinen Gitarren-Riffs sowie -Soli immer weiter nach vorne getrieben, ist die zweite Nummer ein fantastischer Rock-Song mit einem klasse Refrain, der sowohl das Tempo, als auch die Melodieführung verschiebt, bevor die superben Gitarren den Übergang zurück in die Strophen einleiten. Nicht nur hier fällt James Beck immer wieder durch spitzenmäßige Arbeit an der Slide auf. Auch "The Holy Flame Of Freedom", das – wenn mit der Fernbedienung angesteuert – erstmal das Songende des vorherigen Stücks zum Besten gibt und sich erst dann in eine atmophärisches Kleinod entwickelt, überzeugt auf voller Linie.

Leider sind jedoch auch ein paar ziemlich unspektakuläre Nummern wie etwa der "Isaac Newton’s Gravitational Shuffle" oder das ruhigere "Chains Of Sleep" enthalten. Beides keine Totalausfälle, die allerdings das Qualitätslevel der besten Stücke nicht halten können. Dennoch wird der Hörer am Ende mit dem herrlich melodischen und entspannten "Special Education" gut gelaunt in Richtung Repeat-Taste geschickt. Letzten Endes ist "Anachronism Tango" ein richtig gutes, wenn auch nicht brillantes Album geworden, dem man unbedingt zwei bis drei Durchläufe zugestehen sollte, damit es seine Stärken voll zur Geltung bringen kann. Meine Favoriten und somit auch Anspieltipps hören auf die Namen "Still In Love And Trembling", das verträumte "Walking A Tightrope With Nowhere To Fall", "Too Much Too Soon" sowie (das für die Vielseitigkeit der Band sprechende) "To Sing Rave On".


Line-up Man:

Josh Ace (guitars, piano, organ, vocals)
Martin Ace (bass, vocals)
James Beck (guitars)
Rene Robrahn (drums)

Tracklist "Anachronism Tango":

  1. Too Much Too Soon
  2. Still In Love And Trembling
  3. Manor Farm
  4. The Holy Flame Of Freedom
  5. Walking A Tightrope With No Place To Fall
  6. Isaac Newton’s Gravitational Shuffle
  7. To Sing Rave On
  8. Half Way Up The Hill
  9. Chains Of Sleep
  10. Special Education

Gesamtspielzeit: 44:15, Erscheinungsjahr: 2021 (2019)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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