Manic Street Preachers / Know Your Enemy – DoCD-Review

Nachdem die Band 1998 mit "This Is My Truth Tell Me Yours" ihr bis dahin kommerziell erfolgreichstes Album veröffentlicht hatte, mit dem ihre Fans jedoch weniger glücklich waren, wollte sie nun wieder zurück zu den Wurzeln. Setzte man bis dahin noch auf sehr viel Soul und einen großen musikalischen Pathos mit viel Bombast, war es nun an der Zeit zum Alternative/Indie Rock zurückzukehren. Weg vom Bombast-Rock und retour zur sogenannten früheren 'Wut' war ihre Devise. Hilfreich war dabei sicherlich auch, dass die drei verbliebenen Musiker das Verschwinden von Richey James Edwards am 01.02.1995 zwischenzeitlich verarbeitet hatten.

Mit "Know Youre Enemy", dem sechsten Studioalbum – 2001 veröffentlicht – sollten auch verlorene Fans wieder zurückgewonnen werden.
Die Band machte nicht nur einen musikalischen Rückwärts-Salto, sie zeigt den Staats-Lenkern gleichfalls ihren bekannten Stinkefinger. Dazu wird in gewohnter MSP-Manier der Bogen von Post Punk ("Found That Soul", Dead Martyrs") über Indi Pop ("Let Robeson Sing", "So Why So Sad) und Rock ("Ocean Spray") gespannt. Und mit "Miss Europa Disco Dancer" lassen die drei Waliser sogar die gute alte Disco-Zeit aufleben.

Ursprünglich wollte die Band eine LP mit dem Titel "Solidarity" veröfffentlichen, auf der man sehr deutlich den Weg zurück zu den musikalischen Wurzeln demonstriert: rau, dreckig und rockig.
Auf der zweiten Platte sollten die nachdenklicheren Songs, überwiegend mit angezogener Handbremse gespielt, enthalten sein und den Titel "Door To The River" tragen. Diese Idee wurde jedoch verworfen, es entstand eine Mischversion beider Platten, zusammengefasst zu einem Album mit dem Titel "Know Youre Enemy".

Zeitsprung: Wir schreiben das Jahr 2022!
Um eine Jubiläumsfassung von "Know Youre Enemy" zusammenstellen zu können, durchforstete Nicky Wire das MSP-Archiv und stieß dabei auf die Originalbänder von "Solidarity" und "Door To The River". Der ursprüngliche Gedanke, zwei Longplayer zu realisieren ließ ihn dabei nicht los und auch die Bandkollegen konnten sich für die Idee erwärmen. Dave Eringa übernahm den Re-Mix, die Songs wurden von überflüssigen Studioeffekten und Nebengeräuschen befreit und in der Reihenfolge präsentiert, wie die Band das damals bereits vorgesehen hatte.

Zwecks Rezension erhielt ich "Know Youre Enemy" als CD-Doppelalbum. Die 2001er Version, ein Eigenkauf, habe ich ebenfalls vorliegen, somit kann ich sehr gut Vergleiche, auch in soundtechnischer Hinsicht ziehen. Und hier wurde wirklich gute Arbeit geleistet. Die Aufnahmen wurden entstaubt und klingen klar, unnötige Effekte wurden entfernt, so dass die Konzentration auf den Hauptinstrumenten sowie dem Gesang liegen.
Fast alle Songs der 2001er Platte sind auf der neuen Fassung enthalten, jedoch verteilt auf zwei Longplayern. Lediglich "Royal Correspondent" hat keine Berücksichtigung gefunden.
Dafür finden sich auf "Door To The River" vier zusätzliche Tracks, darunter der Titelsong sowie ein unveröffentlichter, nämlich "Rosebud".
Auf "Solidarity" sind ebenfalls vier weitere Titel sowie das unveröffentlichte "Studies In Paralysis" auf Rille gebannt, genauso wie es ursprünglich von der Band vorgesehen war.

Je nach Package gibt es Outtakes, nicht verwendete Mixe von Tom Lord-Alge sowie bisher ungesehene Fotos von den Aufnahmesissions.
"Know Youre Enemy" kann man in folgenden Formaten erwerben: 3CDs, 2DCs, 2LPs, digital
Inwieweit diese Ausgabe ein Must-have ist, sofern man schon im Besitz der 2001er Ausgabe ist, muss jeder für sich entscheiden.

Line-up Manic Street Preachers:

James Dean Bradfield (lead vocals, guitars, bass, keyboards)
Sean Moore (drums, percussion, trumpet, programming)
Nicky Wire (bass, backing vocals, guitar, keyboards)

With:
Nick Nasmyth (keyboards)
Kevin Shields (additional guitars on CD 2 – #4,10)

Tracklist "Know Your Enemy":

Gesamtspieltzeit: 42:27 (CD 1), 46:52 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2022