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Manuel Schmid & Marek Arnold – Zeiten – CD-Review

Allem Anschein nach erwecken in lebensverbrauchenden Zeiten von alltäglicher Dauerverfügbarkeit und der Jagd nach dem goldenen Kalb eines Sorglosdaseins Sehnsüchte nach heimatsprachigem Liedgut voll gefühlsrezipierender Wahrnehmungen, alsgleich nachsinnender Anteilnahmen, für eigens Flokati-bestückte Höroasen.
Fernab von jenem hiesigen Lifestyle einer zunehmend hedonistischen Konsumkultur samt ihrer trivialen Pop-Beschallungen mit Betroffenheits, Pseudo-Fröhlichkeits und Selbstschmerz-vertuschenden Hau Drauf-Rhetoriken pflegen doch wenig spannende Künstler einer Neuen Deutschen Gefühligkeit jenes echte Fluidum wortspielerischer Seelengraber.
In unserem Fall sind des Einen, tief ins menschliche Innenleben bohrende, dazu metaphorische Textbotschaften, des Anderen das profunde Beherrschen, überdies musikalische Kennen Prog-jazziger Wurzeln, die mächtigsten Triebe ihrer Musen.
So sind die Beiden, uns hinlängst bekannten Tausendsassas und multitaskingfähige Zündler wahrer Inspirations-Feuerwerke, Manuel Schmid sowie Marek Arnold aus dem thüringisch-sächsischen Mucker-Pott, und ihre musikalisch mittlerweile geistreichen Fingerabdrücke, kaum zu ignorieren.
Zahlreiche Bands respektive Soloprojekte pflastern ihren Weg, ob Manuels zubringende Aktivitäten bei
Stern-Combo Meissen und Cyril oder Mareks Multiinstrumentales für Seven Steps To The Green Door, Karibow, Toxic Smile et cetera pp, kurzum Vitas, deren kreative Umtriebigkeiten und musikalisch schillernde Spektren für sich selbst stehen.

Bisher bildeten Manuel Schmids textlich wie stimmlich übers Behagliche hinausgehende, dazu Marek Arnolds Schwäche für vorherrschend tastenträchtige Opulenzen alsgleich Jazziges, eine der wohl musisch zubringendsten Zweckbeziehungen dieses Genres.
Nun haben es Beide wieder getan und mit "Zeiten" eine klangreiche und lyrisch durchaus unprätentiöse, nie zu dick aufgetragene Sammlung von Lieder-Miniaturen, eine Gemüts-ergreifende Reihe mit musischen Herzblut getränkter Arrangements plus jenem in poetisch verblümte Worte gegossenen Scharfsinn, vorgelegt.
Anstatt wie gewohnt ihren sonst gestenreichen progistischen Hauptstandbeinen zu folgen, schrieben diese sich acht musikalisch pittoreske Nachdenk-Songs, bei denen sich Manuels kehlig auf Rosen gebettete, verschachtelte Zungenschläge durchs Panoptikum einer sich zersetzenden Gesellschaft labyrieren, auf ihre Leiber.
Wohtuend dürften sich dabei Manuels markante Pflegschaften seiner romantisierenden, daneben versteckt systemkritelnden Rockhelden aus dem elterlichen Amiga-Fundus, so sein Gespür für Prosa-umflorte Liedgeschichten mit langsam einwirkenden Zwischentönen, vom sonst banal Schwülstigen "Made In Germany" abheben.
Obgleich ein Großteil der Songs die sensibel ausgedeuteten Hintergründigkeiten samt deren musikalisch verkünstelten Pop- zudem elegant-mondänen Jazz-Beilagen kultivieren, laviert der Rest hingegen bedenklich nahe am Maximum Ecken und Kanten befreiter Gefühlsduseleien, hinterlassen pathetisch formatiertes Sinnieren über wirkliche Feinheiten unseres Daseins wie "Kleines Glück", etwas klebrige Spuren.
Bestenfalls verteidigen solch lyrisch verschwurbelte und zum Innehalten anstiftende Zustands-Diagnosen des Hier und Jetzt wie "Irgendwann" oder "Diese Zeit", andernfalls glukosige Liebesbekundungen an die eine Muse in "Doch dann dreht sich die Welt" ebenso philosophierende Selbstfindungs-Diskurse à la "Tagtraum", ihr Anrecht aufs Podest solider deutschsprachiger Popkünste.
Die musikalischen Arrangements der nachsinnenden Kurzweil vom Tasten-Goldfinger mit progistischen Hintergrund, Marek Arnold (sechs davon aus Cyril und Toxic Smile-Beständen), gestatten punktuell gelungene Rendezvous zwischen mal mäandernden, mal schlichten Melodien, gipfeln bei "Raum der Illusion" gar in aus dem Takt gefallener Komplexität samt vierhändigem Klavier-Stakkato.

Die kleinen Experimente, so auch Manuels beherrschende Klaviaturen, energetische Saiten-Interludien Mareks – jazzy zwischen kühler Distanz und Güte changierende Musikalien – dazu kammermusikalisch Gestrichenes, fügen sich mit Leichtigkeit bisweilen ins gezierte Kunstwollen fernerhin vor Pathos triefendes.
Bei allen, teils ohrwurmig vermalten Geistes-Koffeinen, schlichten Realitäten und jenen kollektivierten Charmeoffensiven haften sich bestenfalls aufflackernde Momente gleichwohl einer Laterna Magica in unsere Schläfenlappen.
Mit den hörbaren "Zeiten" obsiegen die jenseits von Zeiträubern und Selbstoptimierungs-Geißeln gereiften Bedürfnisse nach einer kurzweiligen Pause und einer wärmenden Wolldecke.


Line-up Manuel Schmid & Marek Arnold:

Manuel Schmid (gesang, keyboards, percussion)
Marek Arnold (keyboards, saxophon)
Gäste:
Peter Rasym (bass)
Denis Straßburg (bass)
René Niederwieser (gitarre)
Ralf Dietsch (gitarre)
Knut Kielmann (gitarre)
Clemens Litschko (schlagzeug)
Marion Dreßler (violine)
Isolde Dreßler (violine)
Markus Dreßler (violine, viola)
Carmen Dreßler (violoncello)

Tracklist "Zeiten":

  1. Doch dann dreht sich die Welt
  2. Kleines Glück
  3. Tagtraum
  4. Irgendwann
  5. Raum der Illusion
  6. Diese Zeit
  7. Zeig mir dein Gesicht
  8. Stiller Schrei

Gesamtspielzeit; 55:45 , Erscheinungsjahr 2019

Über den Autor

Ingolf Schmock

Als gebürtiges Mauerkind zudem frühzeitig mit westlichen Rock'n Roll-Ultrakurzwellen-
Oddyseen und Beatclub-Aufklärungen sozialisiert, galt mein musikalisches Verständnis
deren meist langmähnigen Aussenseitern. The Who, Small Faces, The Move...,später dann
Hartglötzer wie Black Sabbath, Deep Purple&Co., zu guter Letzt Schwurbel-Pioniere
ala Yes, Genesis, ELP...waren (sind) meine Helden sowie Seelenklempner.
Heute liegt mein Hauptaugenmerk (auch Hierzulande) auf sowohl handgemacht Rockistischem
mit Engagement und Seele, als auch Prog-gebrandmarkten virtuos-Verspieltem.

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