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Mars Mushrooms / Astro’n’out – CD-Review

Mars Mushrooms / Astro'n'out – CD-Review

Es ist Wochenende und die sind in der Regel begleitet von allerlei leckeren Sachen. Das betrifft sowohl feste, als auch flüssige Goodies, für deren Genuss die Woche über kein adäquates Zeitfenster vorhanden ist. Auch was die Musik betrifft, ist an so einem Wochenende besonders viel Muse vorhanden. Wenn dann auch diese Kunst die passenden und nicht alltäglichen Tunes beisteuern kann, stehen dem Genießen höchstens noch die nervige und unsinnige Zeitumstellung sowie der Inhalt der Sonntagszeitung im Wege.

Aber darüber will ich nicht schreiben, auch nicht über saftige Koteletts vom Metzger des Vertrauens begleitet von ungefiltertem süffigen Bier usw.
Nein, es geht um die neue Platte mit Live-Aufnahmen der Mars Mushrooms, die mir ein Vorabmuster ihres am 20. April erscheinenden neuen Albums "Astro’n’out" zugesandt haben. Sieben Tracks sind enthalten, die es auf eine Gesamtspielzeit von rund siebzig Minuten bringen. Auch musikalisch ganz klar: No Fast Food.

Dass die bayerischen Jam-Rocker Mars Mushrooms mit den Hamburger Stilkollegen Pelagic Zone 'verbandelt' sind, ist aufmerksamen RockTimes-Lesern bekannt, stehen die beiden Bands doch auch mal zusammen auf der Bühne. Nicht nacheinander, sondern miteinander. Ein großartiges Dokument dieses gemeinsamen Jammens ist der "Marslagic Shroomzone Jam", dessen Name ja eindeutig auf die beiden Bands hinweist. Dieser Titel ist übrigens der einzige, der nicht aus der Feder der Mushrooms stammt, sondern ein Improvisationsstück von Pelagic Zone ist. Und was für eines!
Die Nummer schraubt sich mit enorm rhythmischem Drive sowie dem Didgeridoo, einem Erkennungsmerkmal der Mushrooms, durch die Minuten. Leicht spacig und leicht elektronisch, ja fast hypnotisierend wird hier voll drauf los gebrazzelt und gejammt, was das Zeug hält.

"Mountain Remedy" startet das Album southern angehaucht. Perlende Tastenklänge, eine südlich gefärbte Gitarre und man kann schön miterleben, wie sich Schlagzeug und Bass ins Zeug legen und dem tempogemäßigten Southern-Jam die Wege durch die Sümpfe bereiten. Dem ersten Part mit Gesang schließt sich ein beruhigender und gleichzeitig emotional packender Instrumentalpart an, dem man nach einiger Zeit auch erlaubt, australisch aufgemotzt zu werden. Die Schlagzeugarbeit ist an dieser Stelle besonders toll und verlangt nach einem Rechtsdreh am Volume-Regler. Nicht weil geprügelt wird, ganz im Gegenteil, die Rhythmik ist einfach sowas von passend. Gegen Ende der Nummer werden das Southern-Thema und auch der Gesang wieder aufgenommen. Eine ganz starke Komposition.

"So Many Faces" ist flotter, ein quirliger Jam, ebenfalls südlich angehaucht, aber verspielter und mit leicht jazzig-funkigen Sequenzen. Auch das Didgeridoo darf sich hier verstärkt präsentieren und mit den Texas-Boogie-Passagen um die Wette preschen. Eine Nummer, die die Zuhörer zum Tanzen bewegen muss und es spielt keine Rolle, ob diese das Southern Cross, Batik-Farben oder einen Koala Bären auf den T-Shirts haben.

'Mein Meisterstück' auf "Astro’n’out" ist "Dorothy Gets Killed By The Flying Monkeys". Auf allerhöchstem Niveau und ganz im Geiste der Allmänner wird hier musiziert. Zumindest ab der vierten Minute, wenn dieses southernrockgetränkte Gitarrenspiel einsetzt. Bis dahin jammt die Nummer spannend, mit enorm rhythmischem Drive sowie dem Didgeridoo durch die Minuten. Zu der Gitarre liefern die Keys zarte Tastenschläge und dann gesellt sich auch das obertonreiche Blasinstrument der nordaustralischen Aborigines wieder dezent hinzu. Süd trifft Nord also, wobei nun die Südstaaten allerdings im Norden liegen. Ein ganz feiner Jam, den live vor der Bühne zu genießen, ein Erlebnis sein muss.

"Brain" startet als bouncendes Juwel mit sehr harmonischen Keys und driftet im Verlauf zum schweren Spacer mit stonermäßiger Gitarre und vollen Tastenklängen. Das Didgeridoo gibt der Schwere noch mehr Tiefe und "Brain" beginnt psychedelische Züge anzunehmen. Als Würze tauchen kurze Reggae- und auch experimentell wirkende Sprengsel auf. "Zombie Apocalypso" ist flott, auch weil es hier um jemanden geht, der vor Zombies flüchtet. Da standen wohl die entsprechenden Serien der Idee als Pate zur Seite. Wenn man sich das alles vorstellt und auch die Serien goutiert, assoziiert man automatisch Bilder; besonders dann, wenn das Didgeridoo zu Keyboardorgien seine Frequenzen einstreut.

Auf "Mr. Caveman" hören wir wieder zwei Musiker der Pelagic Zone, Maui und Bernd. Das Stück kenne ich bereits von "Transparent Eyeball" (2005) und "Live aus der Schweiz" (2010) und es wurde zu Recht auch auf dieses Album gepackt. Ganz in der Spielweise bzw. mit der typischen Phish-Rhythmik zeigen die 'Pilze', dass sie das Prädikat 'The European Ambassadors Of Jam Rock' nicht ohne Grund tragen.

Das Jahr 2018 ist das Jahr, in dem die Mars Mushrooms ihr zwanzigstes Jubiläum feiern. Das will etwas heißen, denn auch wenn Jam Rock keine unbekannte Spielart in Deutschland mehr ist, so muss man sie nicht unbedingt in Bayern vermuten. Dank dem weltweiten Netz kann so auch eine Band vom Weißwurst Äquator ihre Fans in der großen weiten Welt und in der Heimat des Genres finden. Die Musik der Mushrooms mit Zitaten der großen Vorbilder des Jam-Genres ist es jedenfalls wert, entdeckt zu werden. Und ob man da nun Tie-dyes oder die Rebelflag auf dem Bauch trägt, ist Weißwurscht. Die Mars Mushrooms bedienen beide Fraktionen. Nicht zuletzt auch durch das verbindende Element, das Didgeridoo.


Line-up Mars Mushrooms:

Michael Schmidt (Gitarre, Gesang)
Lars Weißbach (Keys)
Thomas Kupser (Didgeridoo)
Christof Stellwag (Schlagzeug)
Christoph Hoffmann (Bass)

Pelagic Zone (- #3)
Maui und Bernd ( -#8)

Tracklist "Astro’n’out":

  1. Mountain Remedy (11:45)
  2. So Many Faces (8:56)
  3. Marslagic Shroomzone Jam (8:21)
  4. Dorothy Gets Killed By The Flying Monkeys (11:20)
  5. Brain (12:20)
  6. Zombie Apocalypso (7:14)
  7. Mr. Caveman (8:39)

Gesamtspielzeit: 68:36, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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