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Mars Red Sky / Dawn Of The Dusk – CD-Review

Mars Red Sky / Dawn Of The Dusk – CD-Review

Schwer walzen die ersten Brecher der französischen Stoner-Truppe Mars Red Sky aus den Membranen. In der Tat ist der Titel mit "Break Even" gut gewählt, denn er ist die neutrale Schwelle, von der aus es entweder nach oben oder nach unten geht. "Maps Of Inferno" schließt sich an und dem doomigen Grundtenor steht eine leicht psychedelische Assistenz zur Seite, die besonders in den fast zeitlupenartigen und sphärischen Momenten das Zepter übernimmt. Herrlich, wie das Stück plötzlich, wie von einem versteckten Chor begleitet, sirenenhaft dahinschwebt.

Neben diesem (wahrscheinlich) elektronisch erzeugten 'Vokal'-Highlight, darf man auch Julien Pras zu seinen Vocals gratulieren; vielmehr seiner Stimmfärbung, die ohne zu wissen welchem Geschlecht er angehört, zuerst auch an eine weibliche Sängerin denken lässt. Außergewöhnlich und doch so passend zum eher dunklen Stoner Rock, macht das Zuhören unheimlich Spaß. Ganz anders dagegen "The Final Round". Zum nunmehr stärkeren psychedelischen Touch der Musik kann Jimmy Kinast mit seiner Stimme die gesanglichen Frequenzen in den Keller schrauben. Der erwähnte psychedelische Touch führt sich langsam hin zu einem fast doomartigen Stonergebräu und fast erwartet man, dass sich kehlige Growls dazugesellen.

Da das Album – mittlerweile das fünfte Studioalbum der in Bordeaux ansässigen Band – im einfachen Pappschuber in meinem Briefkasten landete und somit keine weitergehenden Infos vorhanden sind, muss ich auf den Text des Promoters schauen und kann dort erfahren, dass textlich wohl die Sci-Fi-Literatur bemüht wurde und "Dawn Of The Dusk" ein Konzept innewohnt. "A Choir Of Ghosts" lässt mit dunkel flirrendem Gitarrenspiel die Hölle beben und fließt zäh wie heißer Teer durch die Gehörgänge. Das Konzept der Musiker jedenfals geht auf, denn als Hörer kann man etwas erleben.  .

Auch der "Carnival Man" glänzt erst einmal mit tiefer Wah Wah-Gitarre, bis sich Juliens fast zarte Stimme dazugesellt und in Verbindung mit dem akzentuierten Gedrumme eine höllische Wohlfühlatmosphäre zaubert – im dunklen Stonerkeller wohlgemerkt. Dann schwappt das Stück in eine total andere Richtung – hoch melodiös und sehr langsam mit cleanen Gitarrenparts wird eine fast krautige Stimmung erzeugt, die natürlich im weiteren Verkauf mit ein paar Stonerschwingungen gewürzt wird, über denen die manchmal zerbrechlich wirkende Stimme Juliens bebt. Das kommt sehr gut.

Schon erstaunlich, dass "Dawn Of The Dusk" der erste Output ist, der mir von den drei Franzosen unterkommt. Schließlich gibt es die Band bereits seit 2007 und hat mit einigen EPs insgesamt dreizehn Platten im Katalog. Laut Promoter haben Mars Red Sky nicht nur in Frankreich mittlerweile einen guten Namen.

"Trap Door" startet verspielt, wiegt den Hörer mir Gitarrengezupfe in Sicherheit und erschlägt ihn dann unter der hereinbrechenden Stoner-Wand. Sind diese (Bass- und Drum-) Wände auch ab und an brachial zu nennen und massiv gebaut, so gibt es da auch Fenster und Ritzen, durch die Saiten und Tasten strahlen und auch Juliens Stimme lugt immer wieder hervor. Jetzt gerade auch schön im Verbund mit der Gitarre, und auch die chorhaften Tunes sind wieder zu hören. Dieser Schmelztiegel aus märchenhafter Landschaft und tiefen, dunklen und monströsen Kellern ist einfach genial und zeugt von der nicht nur instrumentalen Größe der drei Protagonisten.

Und plötzlich herrscht Stille und der Blick auf das Player-Display sagt, dass die CD zu Ende gelaufen ist. Der vorherige Absatz behandelt also nicht nur "Trap Door", sondern auch "Slow Attack" und "Heavenly Bodies". Diese drei Nummern sind eine zusammenhängende Triologie und ja, da konnte man keine Trackpausen einfügen; das wäre ein Frevel gewesen. Die chorhaften Tunes im "Teil Heavenly Bodies" sind demnach die Backings von Helen Ferguson. Das nächste Mal bitte mehr davon … Sollte überigens jemand mitlesen, der noch älter als der Rezenstent ist: Bei Helen Ferguson handelt es sich nicht um die 1900 genorene Schauspielerin der Stummfilmzeit. Die Helen hier findert man unter Queen Of The Meadow.

Mars Red Sky müssen auf dem Schirm bleiben und wenn ich jetzt sage, dass unter dem weiten Stoner-Mantel ein zart gestrickter Pullover aus feinster Psychedelic steckt, den ein krautiges T-Shirt vom Leib trennt, dann bin ich mit dieser Beschreibung sehr zufrieden.
Très bien, Messieurs.


Line-up Mars Red Sky:

Julien Pras (vocals, guitars, harmonica, broken piano)
Jimmy Kinast (bass, drones, sound effects, lead vocals – #3)
Mathieu Gazeau (drums, percussions, Rhodes)

Guest:
Helen Ferguson (backing vocals & autoharp – #8)

Tracklist: "Dawn Of The Dusk":

  1. Break Even
  2. Maps Of Inferno
  3. The Final Round
  4. A Choir Of Ghosts
  5. Carnival Man
  6. Trap Door
  7. Slow Attack
  8. Heavenly Bodies

Gesamtspielzeit: 39:54, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Ulli Heiser

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2 Kommentare

  1. Ulli Heiser

    Hallo Michael,

    ja, das ist feine Musik. Eigentlich deine Baustelle, aber leider standest du nicht zur Verfügung. Frag doch mal nach, ob die Enkelin der Wirtin den nächsten Output vielleicht rezensieren will .
    Ansonsten wünschen wir dir auch ein frohes Fest und ein perfektes Neues Jahr,

    LG

    Ulli

  2. Michael Breuer

    Hi Ulli,

    fein, dass Du Dir diese coole Band vorgenommen hast, hatte lange nichts mehr von denen gehört. Stell Dir vor, als die Jungs damals 2012 bei unserem Festival gespielt hatten, waren wir in der gleichen Pension untergebracht. Beim Frühstück erschien plötzlich unsere ca. achtzigjährige Wirtin und bat mich, die Musiker zu fragen, ob sie denn eine CD von den Herren bekommen könne. Den Gesichtsausdruck der Drei werde ich nicht vergessen, die waren sozusagen positiv verstört, dass die alte Dame Interesse für psychedelischen Stoner zu haben schien. Die CD war aber für die Enkelin – lustig war es trotzdem.
    Dir und Ilka frohe Feiertage und ein rockiges neues Jahr,
    liebe Grüße,

    Michael

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