"Diving Into Small Pools" hat den Untertitel "An Autobiography In Songs And Interesting Noises" und bilanziert in zwanzig Tracks so ziemlich alle musikalischen Einflüsse, die den Protagonisten begleitet haben. Eigentlich gab es "Diving Into Small Pools" vor einigen Jahren schon einmal bzw. zweimal. Aus diesen beiden Platten ("Diving Into Small Pools Part 1" und "- Part 2") hat Martin die besten Stücke ausgewählt und auf vorliegendes Album gepackt.
Zwanzig Lieder, wobei die verbindenden Zwischentexte keine Musik im eigentlichen Sinn darstellen. Gesprochen werden sie von Martins Alter Ego Eddie Fielder. Interessant daran ist, dass der Musiker als Martin Fielder geboren wurde und nach der Trennung seiner Eltern den Nachnamen des Stiefvaters angenommen hat.
Das ist lange her und fast genauso lange her ist es, dass Martin mit der Musik begann. 1963 hörte der gebürtige Brite die Beatles bei der BBC im Radio. Und wie bei vielen anderen Jugendlichen auch, musste eine Gitarre her. Zwei Jahre später zog die Familie nach Kanada, wo der Künstler auch heute noch lebt. 1969 schlug dann das Schicksal zu. Martin hatte seine erste Platte fertig, die sich um Texte aus "Herr der Ringe" sowie "Der Hobbit" des britischen Schriftstellers J. R. R. Tolkien drehte. Das Album sollte aber nie veröffentlicht werden, da Tolkiens Sohn Christian dies verbot. Martin kommentiert das mit den Worten »a major disappointment to say the least«.
Springett spielte dann in verschiedenen Bands und tourte mit ihnen. Es verschlug ihn u. a. auch nach Deutschland, wo er in den Siebziger Jahren Mitglied in der Hannoveraner Band Gateway Driver war. Diese Gruppe wurde vom Drummer Jim McGillivray (Epitaph) gegründet. Neben Jim und Martin spielte auch der Basser Rob Burns – der auch auf diesem Album mitwirkt – sowie Carola Kretschmer (damals noch Thomas Kretschmer), die man sicher durch ihre Arbeit bei Lindenberg, Waggershausen und einem kurzen Gastspiel bei Frumpy kennt.
1983 erschien Martins zweites Werk "The Gardening Club" in Eigenregie, da sich kein Label groß dafür interessierte. Da auch weitere Alben wenig Beachtung fanden, begann Martin langsam zu verzweifeln. Wie bereits Kollege Markus in seiner News zu "The Gardening Club" schrieb, war es anscheinend das »richtige Album zur falschen Zeit«. Da wird es dem Künstler gut tun, das Gonzo Multimedia diese Platte neu aufgelegt hat. Aktuell ist Springett mit seinem letzten Output, The Riddle, im Gespräch. Und das ist gut so, denn vielleicht ist die Zeit nun reif für seine Musik.
Neben seinen weiteren Tätigkeiten, Schreiben und Zeichnen, war Musik machen stets Teil von Martins Leben. Durch die aufkommende Digitalisierung war er nun nicht mehr auf Labels angewiesen und konnte seine Musik zu Hause im eigenen Heimstudio produzieren. Aber er stellte sich die Frage, warum Musik machen, wenn sie keiner hört. Die Antwort gab er sich selbst: »I’m wired for sound«.
Generell kann man "Diving Into Small Pools" zwei feste Säulen attestieren. Zum einen ist das die packend gespielte akustische Gitarre und zum anderen eine enorme Stilvielfalt. Diese Vielfalt macht Sinn, denn das Album zeigt, welche musikalischen Einflüsse über die vielen Jahre auf Martin eingewirkt haben. Diese ziehen sich von verschiedenen Spielarten des Rock bis zu klassisch Angehauchtem und Jazz. Und gerade die Titel, in denen Instrumente wie Cello, Trompete, Saxofon oder Flamencogitarre zu hören sind, zeigen die Klasse des Musikers und seinen Choreografien auf eindrucksvolle Weise. Meistens schwingt stimmlich ein Timbre aus Gerry Rafferty und Al Stewart mit. Zumindest dann, wenn nicht gerade das Alter Ego einen Einsatz hat. Besonders schön ist das zu hören beim Eingangstrack, dessen sphärisches Gitarrenintro thematisch den Song über immer wieder auftaucht, sowie bei "Dig These Bones".
Viele der Stücke sind leicht proggig angehaucht und laden zum entspannten Genießen ein. Aber es gibt auch welche, die sorgen für wohlige Schnappatmung. So erfährt "Wired For Sound" durch das Cellospiel eine Tiefe und Spannung, die mich sofort an die Titelmelodie von "House Of Cards" erinnert. Saustark. Der nächste Hammer hört auf den Namen "Warm Blood". Drums und Bass legen eine Art tribalen Rhythmus, über dem die warmen Vocals und das sphärische Saxofon schweben. "Thieves And Poets 2" bleibt bei ähnlichem Rhythmusfundament, ähnlicher Stimmung bis dann die Flamencogitarre aufspielt. Das tut sie auch auf "Thieves And Poets 3". Dort aber mit starkem Klassikanteil.
Nach dem gemächlichen, fast traurig und per Flötenspiel zerbrechlich wirkenden "Coda" sowie einer "Eddie"-Einlage hat die Flamencogitarre in "Hum The Drum" ihren nächsten Einsatz. Das Trio Bass, Schlagzeug und die spanische Gitarre zaubern ein extrem packendes Flair. "Miles To Go" ist zweideutig, was den Titel betrifft. Die Lyrics handeln zwar von den Meilen, die man geht, aber spätestens wenn die Trompete einsetzt, ist er da, der Miles. Ein Killersong. Und ein Killersong ist auch "Caves And Cathedrals". Ähnlich gestrickt und jazzig angelegt, Spannung aufbauend und mit starkem-Gebläse, geht das Teil durch die Gehörgänge, ist aber leider viel zu kurz.
Im Vergleich zu Martins musikalischem Lebensweg, der ja in der Tat durchhängende Momente hatte, gibt es auf "Diving Into Small Pools" keinen einzigen Durchhänger. Dafür einige Hammer- und sogar zwei Killersongs. Well done, Mr. Springett!
Line-up Martin Springett:
Martin Springett (guitars, vocals, bass)
Rob Burns (bass – #12,15)
Chris Church (violin)
Wayne Kozak (tenor and soprano saxophones)
Kevin Laliberte (flamenco guitar)
Andrew Mackay (percussion – #2)
Alyssa Wright (cello)
Tim Hamel (trumpet)
Rebecca and Mirijam Springett (flutes -#10)
Eddie Fielder (artiste in residence)
Tracklist "Diving Into Small Pools":
- Birth
- Turbulence
- Light Show
- Thieves And Poets
- Eddie’s Theme
- Wired For Sound
- Interlude 1
- Warm Blood
- Thieves And Poets 2
- Coda
- Interlude 2
- Hum The Drum
- Miles To Go
- Thieves And Poets 3
- Dig These Bones
- Life Under Water
- Caves And Cathedrals
- Small Pools
- Interlude 5
- Eddie’s Final Dive
Gesamtspielzeit: 57:52, Erscheinungsjahr: 2018
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