Im Jahr 2016 fanden fünf Musiker aus verschiedenen Ländern zusammen, um ihre Liebe zu der Musik und den Songs der lebenden Legende Bob Dylan auszuleben. Zum einen ist da Wolfram Bodag (Engerling) an den Tasten, dann Kuma Harada (R.I.P., u. a. Ex-Snowy White) am Bass sowie Jeff Allen (Snowy White, Mick Taylor) am Schlagzeug, die von dem deutschen Gitarristen Tobias Hillig und der Sängerin Steffi Breiting ergänzt werden. Die Combo versteht sich nach eigener Aussage keinesfalls als Cover-Band, sondern hat sich vielmehr zur Aufgabe gemacht, die Songs des Amerikaners neu zu arrangieren sowie zu interpretieren, um damit deren Zeitlosigkeit deutlich zu machen. Die Setlist bei den Konzerten ist mittlerweile deutlich umfangreicher als die auf diesem Album enthaltenen elf Tracks, aber auch hier wird schon klar: Neben sehr bekannten Nummern, wie beispielsweise "All Along The Watchtower" oder "The Times They Are A-Changing", wird auch sehr viel Wert auf die sogenannten 'Deep Album Cuts' – also den weniger bekannten oder mittlerweile wieder vergessenen – wie etwa "Going, Going, Gone" oder "License To Kill" gelegt.
Dem Rezensenten sind Bob Dylan und seine Songs natürlich schon ewig bekannt, aber während er die Stücke des Songwriters selbst in jungen Jahren mochte, genoss er diese doch am ehesten, wenn sie von anderen Musikern und Bands (etwa Rod Stewart mit "Only A Hobo" von 1970, die Interpretationen der Byrds oder "Watching The River Flow" von Joe Cocker aus dem Jahr 1978) gebracht wurden. Zumindest so lange, bis auch bei ihm eines grauen regenverhangenen Tages im letzten Jahrtausend – ich weiß es noch genau, weil es ein Mittwoch war – beim Lauschen des Albums "Desire" (1976) der Groschen fiel. Meiner These, dass es alles andere als einfach ist, Bob Dylan zu covern, wurde schon oft widersprochen. Vielleicht hätte ich es auch auf »..richtig bzw. gut zu covern…« ergänzen sollen. Wobei auch das schon wieder eine Steilvorlage für die nächste Diskussion gewesen wäre.
Aber wie dem auch sei, Masterpeace machen ihre Sache auf diesem neuen bzw. bereits Ende letzten Jahres erschienenen Album richtig gut. Sogar erstaunlich gut! Die jeweiligen Tracks wurden zwar neu arrangiert, dies jedoch mit viel Verständnis und Feingefühl für den jeweiligen Song. Das geht schon mit einer richtig starken Version von "New Morning" los, auch eine der eher in Vergessenheit geratenen Kompositionen von Mr. Zimmerman. Und bereits hier fällt auf, dass die Frontlady Steffi Breiting eine hervorragende Wahl für diese Versionen war (und ist). Miss Breiting liefert nämlich mit sowohl jeder Menge Power als auch Feeling eine richtig starke Performance ab. Lediglich das in der ersten Hälfte seiner Spielzeit als Reggae gebrachte "All Along The Watchtower" geht etwas am Rezensenten vorbei, wobei dieser sich an diesem Track aber eh schon seit Jahren 'überhört' hat. Ansonsten sind hier richtig, richtig gute Versionen von beispielsweise "Love Minus Zero/No Limit", "Forever Young" oder "Masters Of War" zu hören.
Erstaunlich ist (wieso eigentlich?), dass Steffi Breiting auch mit den deutlich vom Country beeinflussten Nummern wie "You Ain’t Going Nowhere" und "It Ain’t Me, Babe" ganz locker zurecht kommt. Respekt! Ach ja, und dann gibt es noch einen Ausreißer, nämlich das von dem Amerikaner im Jahr 1971 lediglich als Single veröffentlichte "Watching The River Flow". Ein Ausreißer, weil für dieses eine Stück einerseits Wolfram Bodag den Gesang übernommen hat und der Nummer andererseits ein sehr psychedelischer Mittelteil ’spendiert' wurde. Ungewöhnlich, aber gut und passend.
Natürlich kann man auch bezüglich des hier zu besprechenden Albums von Masterpeace die ewige Frage »Warum Covers anhören, wenn ich das Original habe?« in den Raum stellen. Aber – und das halte ich gerne als Fazit fest – zum Einen sind die auf "The Dylan Project" enthaltenen Interpretationen sehr gut eingespielt und arrangiert, zum Zweiten mit richtigem/r Feeling und Aussage neu aufgenommen und zum Dritten kommt ja nun wirklich nicht jeder mit Dylan bzw. seinem Gesang zurecht. Und wenn diese Scheibe nur dazu dient, diese großartigen Songs neuen Musik-Fans zugänglich zu machen, dann hat sie ihren Dienst bereits erfüllt. Aber "The Dylan Project" ist viel mehr und deutlich besser, als lediglich darauf zu beschränkt zu werden. Eine sehr gelungene Platte, die ich nur empfehlen kann!
Line-up Masterpeace:
Jeff Allen (drums & percussion)
Kuma Harada (bass, mandolin, acoustic guitar – #6)
Wolfram Bodag (piano, organ, keyboards, harmonica, background vocals, lead vocals – #10)
Tobias Hillig (guitars, acoustic guitars, background vocals)
Steffi Breiting (lead & background vocals)
Tracklist "The Dylan Project":
- New Morning
- All Along The Watchtower
- Forever Young
- Going, Going, Gone
- Love Minus Zero/No Limit
- You Ain’t Going Nowhere
- The Times They Are A-Changing
- License To Kill
- It Ain’t Me, Babe
- Watching The River Flow
- Masters Of War
Gesamtspielzeit: 60:37, Erscheinungsjahr: 2023
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