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Max Paul Maria / Figurines – CD-Review

Max Paul Maria-Figurines-CD-Review

Dass Berlin auch ein verdammt gutes Pflaster für junge Talente und Bands ist, die (noch?) nicht im ganz großen Scheinwerferlicht stehen, hat erst kürzlich wieder das Debütalbum von Baby Kreuzberg gezeigt. Aber Beispiele dafür gibt es massenhaft und es wäre unfair, hier lediglich einige wenige Namen aufs Tablett zu bringen. Aus aktuellem Anlass ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass mit dem Musiker Max Paul Maria wieder ein neuer Name aufgetaucht ist, dessen Schaffen unbedingt erwähnenswert ist. Naja, was heißt aktuell? Sein Debüt "Miles & Gallons" kam bereits vor drei Jahren auf den Markt und nun liegt das zweite Werk, "Figurines", vor. Das Debüt ist mir nicht bekannt, aber laut Info-Zettel hat sich die Musik des Hauptstädters mittlerweile gewandelt. »Mehr Band, mehr Sound, mehr Rauheit, mehr Geste und mehr künstlerische Aufrichtigkeit« soll nun am Start sein. Okay, dann mal Start frei für die 13 Songs und knapp 38 Minuten Spielzeit!

Die Tracks machen direkt schon bei den ersten Durchläufen in folkigem Americana- bzw. Singer/Songwriter-Kostüm Eindruck. Folkig ja, aber fast durchgängig mit elektrischer Gitarre und Schlagzeug, Piano und Orgel sowie extrovertiert-rauem Gesang gesegnet erzählt Max Paul Maria seine Stories. Geprägt sind diese von Fernweh, innerer Verlorenheit, Zweifeln und der Suche nach einem Ziel. Einem Ziel, das noch gar nicht definiert ist… einem, das sich noch nicht mal klar herauskritallisiert hat und eher schemenhaft noch darauf wartet, entdeckt zu werden. Aber falls sich das jetzt dramatisch angehört haben sollte, die Musik des Berliners ist das keinesfalls. Logischerweise schwingen die oben genannten Aspekte in fast jeder Note mit, rufen auf der anderen Seite aber nie negative Gefühle beim Hörer hervor. Im Gegenteil, denn ein so geiler Rocker wie "Bittercold Now" reißt nicht nur durch seine fetzige Auslegung mit, auch den Text kann man so richtig nachvollziehen. Zumindest die meisten von uns, die sicherlich auch schon von den hier beschriebenen Gefühlen heimgesucht wurden. Super gemacht!

Witzigerweise geht "European Son" trotz seines Titels eher in die Americana-/Roots-Richtung. Zum flotten Beat und einem gewissen Wüsten-Feeling drückt der Protagonist den Stücken mit seinem ausdrucksstarken Gesang immer wieder seinen ganz persönlichen Stempel auf. Versteckte (!) Einflüsse lassen sich in Richtung Bob Dylan oder Leonard Cohen ausmachen, selbst wenn der Deutsche seinen ganz eigenen Gesangsstil hat und das auch kultiviert. Dies gesagt, schwebt hier und da auch mal ein bisschen Neil Young über dem einen oder anderen Track. Neben den schnelleren Stücken (ebenfalls super: der Opener "Imaginary Landscapes") werden die Tempi natürlich auch variiert, Piano, Harmonika und akustische Gitarre sind keine Fremdkörper, sondern werden immer wieder sehr gewinnbringend eingesetzt. Und ganz nebenbei erwähnt, hatte Max Paul Maria auch bärenstarke (unten im Line-up aufgeführte) Begleitmusiker an seiner Seite.

Apropos Akustik-Gitarre: Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist "Sad South", das obendrein auch noch von der coolen Harmonika Marias begleitet wird. Tatsächlich etwas getragener, ’schwerer' wird es bei "The Bluest Eye", das allerdings sehr clever mit einem coolen Gitarren-Twang verfeinert wurde, bevor die Axt sich anschließend für ein wunderschönes Solo geradezu in die Lüfte erhebt. Der Titeltrack beschließt diese Scheibe danach ebenfalls mit lediglich akustischer Gitarre und den Vocals Max Paul Marias. Kompliment nach Berlin, das sind klasse Songs und dazu Musik sowie Gesang für die Seele, fürs Herz. Songs, die den interessierten Hörer genau dort erreichen, wo sie ihn treffen wollen: Im Kopf UND im Bauch!

Letztlich ist "Figurines" ein sehr starkes Album, ein echter Underground-Tipp geworden! Ganz sicher nichts fürs Mainstream-Radio (schade eigentlich!), dafür aber mit jeder Menge Herz und Seele ausgestattet ist hier jeder einzelne Song ein Gewinner. Ein dicker Tipp also für alle Fans der oben angegebenen Stile. Die Scheibe lohnt sich ungemein, wenn man auf handgemachte Musik, ehrliche und überzeugend überlieferte Gefühle sowie angerauten Gesang steht. Meine beiden Daumen zeigen jedenfalls ohne jeden Anflug eines Zweifels ganz klar nach oben.


Line-up Max Paul Maria:

Max Paul Maria (guitars, bass, piano, harmonica, lead vocals)
Nico Rotter (guitars, bass, organ)
Mahan Mobashery (piano, organ, fiddle)
Johanna Amelie (organ, background vocals)
Benedikt Gramm (bass)
Flo Metzger (stand-up bass)
Johannes Koch (drums & percussion)
Philipp Pichler (drums)

Tracklist "Figurines":

  1. Imaginary Landscapes
  2. The Night The Lights
  3. San Francisco
  4. Bittercold Now
  5. European Son
  6. Am Memory, A Wild Hope
  7. Bones
  8. No More Love Songs
  9. Capitol
  10. Sad South
  11. Someday Babe
  12. The Bluest Eye
  13. Figurines

Gesamtspielzeit: 37:44, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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