"Reactivate" ist das mittlerweile siebte Solowerk des Multiinstrumentalisten Max Schiefele, der unter dem Branding MAXXESS seine Alben veröffentlicht. Max begrüßt die Besucher auf seiner Website mit den Worten »Welcome to progressive psychoacoustic moments«. Das ist eine Ansage, die es in Verbindung mit dem neuen Output "Reactivate" zu manifestieren gilt.
Der Opener "Black Sheep" ist wie alle Stücke auf der Platte rein akustisch und ein schönes Gitarrenstück; flott gespielt und ja, proggige Strukturen aufweisend. Der Titeltrack steigert das Tempo und bringt gar eine metallische Komponente ins Spiel. Die Gitarre dominiert. Furios schafft Max Stimmung, indem er starkes Drumming und spannendes Bassspiel ins Rennen schickt, um dann mit der Gitarre einzubrechen. Schön herausgespielte Soli schneiden die Luft, während im Hintergrund der Bass wie ein V-8 brabbelt. Neben der Gitarre sind nun auch Keys zu hören und nehmen so etwas von der metallischen Schärfe. Und wie aus dem Nichts rumpelt kurz eine Art Polka ins Geschehen und zeugt vom Ideenreichtum des Protagonisten.
Dieser begann bereits im zarten Alter von zwölf Jahren mit dem Gitarrenspiel, entdeckte den Krautrock und da taten es ihm die elektronischen Vertreter wie Kraftwerk, Tangerine Dream usw. besonders an. Also dauerte es auch nicht allzu lange, bis neben der Gitarre auch ein Synthesizer bedient wurde. 2004 schließlich wurde er zum »Best Musician 2003« von Radiomoderator Winfrid Trenklers "Schwingungen" (WDR, nach Einstellung der Sendung wurde "Schwingungen" in Form einer monatlichen CD von Trenkler weitergeführt) gekürt.
Es folgte ein Album mit Axel Stupplich aka AXESS von der Band Pyramid Peak mit dem er elf Jahre später (sowie einem weiteren Pyramid Peak-Musiker, Andreas Morsch) die Band PYRAMAXX gründete. Wie auch bei MAXXESS liegt der Focus auf elektronischer Rockmusik, der straighte Rockfreund sollte also nicht gleich weghören, denn durch die Gitarre, die klar dominiert, ist die Mischung aus Elektronik und Rock sehr ausgewogen. Wenn man unbedingt Vergleiche will, fallen mir zum Beispiel ein Michael Rother ein sowie Achiem Wierschem mit seinen Projekten Flaming Bess , Mindmovie, Marquette oder Ape Amplitude ein.
Die Mischung aus sphärischen Elektroniksequenzen – die meist mit anständigem Beat und trotz hypnotisch repetitiven Schleifen stets spannend daherkommen – mit dem forschen Drumming und Bassgewitter sowie dem gekonnten Gitarrenspiel ist schon bemerkenswert. Mit Stücken wie "Protection" oder "Sandglass" wird eindrucksvoll dokumentiert, dass, wenn Elektronik und Saitenspiel gekonnt kombiniert werden, richtig guter Prog entsteht. Generell darf man dem Musiker attestieren, dass sein Händchen für Dramaturgie und Songwriting ein gutes Händchen ist und man schon merkt, dass da über 45 Jahre Musikerfahrung und –Praxis am Werkeln sind..
"Rainy Sunday" ist ein tolles Beispiel für gekonnte Rhythmusarbeit. Ich weiß, dass man mit Schaltkreisen so ziemlich alles imitieren kann, bin aber fast sicher, dass hier auf echten Fellen getrommelt wird; so fein strukturiert und akzentuiert wie das daherkommt. "Magnetic Repulsion", ein waschechter fünfzehneinhalb-Minüter, kann sich Zeit lassen, um dem Höhepunkt entgegenzugehen. So startet das Stück recht verträumt und brandet mit leichten Wellenkräusel gegen des Hörers Ohr. Es ist genug Zeit, um langsam aufzubauen, indem sich sphärische Keys und tiefe Töne gegenseitig hochschaukeln. Zartes Saitenspiel schwebt über sich aufbauendem Schlagwerkrhythmus; die Brandung nimmt zu und erste Wasserzungen rollen tiefer in die Ohren. Der Sturm jedoch bleibt aus.
Max Schiefele verbindet gekonnt zwei musikalische Welten; er könnte auf der einen Seite Lehrer an der 'Berliner Schule' sein und andererseits in einer Heavy Metal-Band die Saiten zum Glühen bringen. Unter dem weiten Mantel des Prog Rock ist vieles möglich.
Line-up MAXXESS:
Max Schiefele (all instruments)
Tracklist "Reactivate":
- Black Sheep (4:45)
- Reactivate (6:48)
- Illusion (7:41)
- Lazy (7:16)
- Protection (6:18)
- Sandstorm (6:05)
- Rainy Sunday (7:45)
- Magnetic Repulsion (15:36)
Gesamtspielzeit: 62:14, Erscheinungsjahr: 2021
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