Bei meinen beiden ehemaligen Kollegen Steve und Jochen hatte die österreichische Band Midriff ja einen ganz schönen Stein im Brett, wenn man sich die Reviews zum Debüt, zu der Live-EP Blackout sowie Doubts & Fears mal so durchliest. Und dass dies nicht von ungefähr kommt, will das Trio nun mit der neuesten Scheibe "Decisions" beweisen. In der Zeit zwischen dem vorherigen und dem jetzigen Album lagen viele Konzerte, wobei sich die steigende Popularität von Midriff auch dadurch zeigt, dass die Band mittlerweile mit Combos der Marke Pretty Maids, Chris Slade, Armored Saint, Tito & Tarantula und vielen weiteren die Bühnen geteilt hat. Im Jahr 2017 ließen es die drei Rocker jedoch etwas ruhiger angehen und konzentrierten sich aufs Songwriting sowie die Aufnahmen zu der mir nun vorliegenden Platte. Untergekommen sind sie mittlerweile bei dem Label RecordJet, was natürlich schon einmal eine gute Ausgangslage für den Erfolg der elf Tracks ist.
Wie es sich gehört, wird mit dem Opener "Burn The Bridges" erstmal so richtig Dampf gemacht. Das sich bereits nahe am Heavy Rock befindende Riffing der Gitarre von Joshua Lentner zieht den Hörer umgehend mit, während der singende Schlagzeuger Paul Henzinger keine Gefangenen macht und der Bass von Jeremy Lentner (der Bruder von Joshua) den Laden irgendwie zusammen hält. Die Hooklines der Refrains gehen sehr gut ins Ohr und bereits bei den ersten Durchläufen fällt die erstklassige Soloarbeit an der Gitarre auf. Aber nicht nur bei den Soli ist die Gitarre stark im Vordergrund, auch bei den immer wieder gesetzten Licks sowie den coolen Riffs macht Joshua Lentner eine sehr gute Figur. Der bereits erwähnte Paul Henzinger ist ein guter, ausdrucksstarker Sänger (das Wort 'Frontmann' wäre in diesem Fall unangebracht), der die einzelnen Nummern immer wieder mit eingängigen Gesangslinien versorgt.
Während des Großteils von "Decisions" rockt die Band schnörkellos nach vorne, mit den Stücken "Angels Cry" sowie "Sixtythree" zeigt sie jedoch mehr als eindrucksvoll, dass auch Balladen und melancholischere Stücke bestens in ihr Programm passen. Der erstgenannte Titel schafft den Spagat, sowohl powervoll, als auch traurig-zerbrochen zu klingen. Dazu gibt es gegen Ende des Stücks selbstverständlich auch wieder ein absolutes Hammersolo von der Sechssaitigen. Da will sich natürlich auch "Sixtythree" nicht lumpen lassen und fährt zum Abschluss der Platte noch einmal ganz groß auf. Lediglich die Akustikgitarre und der Gesang beginnen meinen Favoriten dieser Platte, bis nach einigen Minuten auch der Bass und die Drums hinzu kommen, jedoch sehr zurückhaltend agieren. Gegen Ende steigert sich die Nummer nochmal dramatisch, wobei die Band dies super umsetzt. Ansonsten wird natürlich auf der zweiten Seite gerockt, bis die Schwarte kracht. "I’m Not Done", "Palace Of Tears" sowie auch "Drowning My Heart" überzeugen und lassen kaum einen Wunsch offen.
Die Auszeit und harte Arbeit an "Decisions" hat sich also absolut gelohnt. Gutes Songwriting, sehr guter Sound des mir vorliegenden (farbigen) Vinyls (ein Download-Code wird ebenfalls noch mitgeliefert), klasse arrangiert und super eingespielt. Steve hatte Midriff hinsichtlich "Doubts & Fears" zum Gesellenbrief gratuliert, ob "Decisions" nun tatsächlich schon das Meisterstück ist, wage ich nicht zu orakeln. Und zwar genau deshalb nicht, da ich der Band sogar noch sehr viel mehr zutraue und überzeugt bin, dass da noch einige richtig starke Alben hinterher geschoben werden. Mit der aktuellen Scheibe brauchen sich die Österreicher auf jeden Fall vor niemandem zu verstecken und werden nun wohl wieder voller Inbrunst die Bühnen im In- und Ausland beackern. Und wie beim Rezensenten glückliche Gesichter zurücklassen.
Line-up Midriff:
Paul Henzinger (drums, lead vocals)
Joshua Lentner (guitar)
Jeremy Lentner (bass)
Tracklist "Decisions":
- Burn The Bridges
- Stars Fall
- Walls Down
- Another Heart
- Angels Cry
- I’m Not Done
- Palace Of Tears
- I’m Scared
- Drowning My Heart
- Mountain
- Sixtythree
Gesamtspielzeit: 23:00 (Side 1), 25:06 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2017
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