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Mike Bloomfield & Al Kooper / The Live Adventures Of Mike Bloomfield & Al Kooper

Doppel-LP-Review-The Live Adventures Of Bloomfield & Kooper

Der Multiinstrumentalist Al Kooper war ab Mitte der sechziger Jahre auf einem einzigen Erfolgstrip. Zunächst seine eher durch Zufall entstandene Mitarbeit auf Bob Dylans Album "Highway 61 Revisited" (1965), dann ein langfristiger Plattenvertrag für seine Soloaktivitäten und schließlich fand er auch noch die Zeit, um eine Super Session (1968) mit Mike Bloomfield abzuhalten. Diese war eigentlich auf zwei Tage angesetzt, der Gitarrist Bloomfield machte sich jedoch bereits nach dem ersten aus dem Staub, woraufhin Stephen Stills für ihn einsprang. Mike Bloomfield agierte als Bandleader bei den Aufnahmen für die oben genannte Dylan-Platte und war danach – wie es so seine Art war immer nur kurzfristig – in der Butterfield Blues Band sowie The Electric Flag aktiv.

Wie dem auch sei, Kooper war jedenfalls nicht nachtragend und er wollte die Zusammenarbeit mit Bloomfield auch auf die Bühne und vor Publikum bringen. Dieser willigte ein und dann ging alles ganz schnell. Bill Graham wurde kontaktiert und nachdem der sich begeistert zeigte, das legendäre Fillmore West für drei Abende gebucht. Al Kooper hatte dafür den Schlagzeuger Skip Prokop eingeladen und Bloomfield brachte den Bassisten John Kahn zu den Sessions mit. Nachdem die vier Musiker – die davor in dieser Zusammenstellung noch nie miteinander gespielt hatten – zusammengefunden hatten, wurde drei Tage lang (unter teilweise schwierigen Bedingungen) geprobt und schließlich war der Abend des ersten Auftritts gekommen.

Nach einer kurzen Ansprache Bloomfields geht es dann auch direkt los und das Quartett startete mit der Simon & Garfunkel-Nummer "The 59th Street Bridge Song" in die Nacht. Selbstverständlich mit einem komplett anderen, so sehr bluesig-souligen Arrangement, dass man das Stück kaum wiedererkennt. Was es allerdings keinen Deut schlechter macht, vielmehr geht die Reise hier in die Richtung, wie man die Musik von Traffic kennt und liebt. Daher dürfte es auch nicht unbedingt ein Zufall sein, dass der Vierer den Track "Dear Mr. Fantasy" der vorgenannten Band ebenfalls im Repertoire hatte.

Die komplette Scheibe kommt schon auch deutlich so rüber, wie die Veranstaltungen letzten Endes geplant waren, nämlich tatsächlich als reine Jam Sessions. Der Jam-Charakter und auch das Unperfekte der Aufnahmen – was den Sound betrifft – sprechen da für sich selbst. Für Freunde der Live-Musik eine ganz tolle Geschichte, nur sollte man von dieser Platte keine Perfektion oder perfekt eingespielte Songs erwarten. Die gewählten Stücke wurden nämlich größtenteils nur angespielt und dann der eigenen Improvisationsgabe freien Lauf gelassen. Dass diese Spielwiese für einen hammerstarken Gitarristen wie Mike Bloomfield das reinste Paradies war, versteht sich von selbst. Den ihm gewährten 'Auslauf' nutzt er dann auch ausgiebig und steigert sich immer wieder in richtig heiße Alleingänge auf seinem Instrument.

Es gab sogar eine echte Premiere, denn zum ersten Mal konnte man Bloomfield auf dieser Scheibe auch singen hören. Die Lead Vocals wurden brüderlich zwischen den beiden Hauptprotagonisten aufgeteilt, während der Gitarrist vor allem die bluesigen Nummern (es werden gleich zwei Ray Charles-Titel gecovert) übernahm und Kooper dann für Tracks der Marke "Dear Mr. Fantasy", "The 59th Street Bridge Song" oder auch "Together 'til The End Of Time" zuständig war. Darüber hinaus wurden auch mehrere Instrumentals zum Besten gegeben, von denen "The Weight" (The Band) am gelungensten ist. Auch Booker T.s "Green Onions" wurde klasse umgesetzt.

Dass nicht alles zu einhundert Prozent durchgeplant war, merkt man am ehesten an dem etwas unrunden Einstieg in John Kahns Basssolo bei "Her Holy Modal Highness", hier und da mal in der falschen Tonart gebrachten Einsprengseln oder auch beim Wechsel in den ein oder anderen (nicht immer von jedem Musiker vorhergesehenen) geänderten Beat. Al Kooper (der auch als Produzent fungierte) ließ all dies jedoch ganz bewusst genauso auf Band, nahm keine nachträglichen 'Reparaturen' oder Veränderungen vor, womit er die Authenzität der Abende hervorragend einfing.

Trotzdem lief noch was so richtig schief, denn am Abend des dritten Konzertes klingelte kurz vor dem Gig das Telefon und es wurde die Nachricht übergeben, dass Mike Bloomfield gerade ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Glücklicherweise boten gleich vier ortsansässige Gitarristen ihre Dienste an. Festgehalten auf Seite 3 der Scheibe finden wir dann einen Song mit Carlos Santana an der Sechssaitigen und einen (stramme zwölfeinhalb Minuten langen) weiteren mit Elvin Bishop an der Gitarre und Gesang. Diese haben (völlig ungeprobt) natürlich einen noch höheren Jam-Charakter, sind aber (speziell "No More Lonely Nights" mit Bishop) ebenfalls richtig stark ausgefallen.

Neu aufgelegt wurde diese Doppel-LP auf sehr soundstarkem 180g-Vinyl, bei dem nichts anbrennt. Ein tolles Live-Erlebnis mit superstarken Musikern also, dessen bzw. meine Highlights aus "The 59th Street Bridge Song", "The Weight", dem furios von Bloomfield vorgetragenen "That’s All Right", "Dear Mr. Fantasy" und "Don’t Throw Your Love On Me So Strong" bestehen.

Keine perfekte Einspielung, dafür aber ein supertolles und authentisches Zeitdokument, gewürzt mit jeder Menge Spontaneität.


Line-up Mike Bloomfield & Al Kooper:

Mike Bloomfield (guitars, lead vocals)
Al Kooper (lead vocals)
John Kahn (bass)
Skip Prokop (drums)

With:
Carlos Santana (guitar – Side 3 – #2)
Elvin Bishop (guitar & vocals – Side 3 – #3)
Roosevelt Gook (piano – Side 2 – #3)

Tracklist "The Live Adventures Of Bloomfield & Kooper":

Side 1:

  1. Opening Speech
  2. The 59th Street Bridge Song
  3. I Wonder Who
  4. Her Holy Modal Highness

Side 2:

  1. The Weight
  2. Mary Ann
  3. Together 'til The End Of Time
  4. That’s All Right
  5. Green Onions

Side 3:

  1. Opening Speech
  2. Sonny Boy Williamson
  3. No More Lonely Nights

Side 4:

  1. Dear Mr. Fantasy
  2. Don’t Throw Your Love On Me So Strong
  3. Finale – Refugee

Gesamtspielzeit: 22:26 (Side 1), 22:36 (Side 2), 20:06 (Side 3), 21:08 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2016 (1969)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

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