Der amerikanische Musiker Michael 'Mike' Bloomfield war ganz sicher einer der größten Blues-Gitarristen seiner Zeit. Seine Arbeit mit der Butterfield Blues Band, Electric Flag, die Auftritte zusammen mit Al Kooper, auf dem Bob Dylan-Album "Highway 61 Revisited" sowie etwa zehn Soloalben sprechen da Bände. Aber wie es leider so oft der Fall ist, gingen auch bei dem guten Mike Genie und Wahnsinn Hand in Hand. Was einerseits mit seiner (manche sagen ’schwierigen') Persönlichkeit, andererseits mit seinem Hang zu harten Betäubungsmitteln zusammenhing. So geriet etwa ein gemeinsames Album mit Dr. John und John Hammond ("Triumvirate", 1973) zu einer kleineren Katastrophe. Vielleicht ist das zu drastisch ausgedrückt, aber ganz sicher blieb die Platte – trotz der großartigen beteiligten Musiker – weit hinter den Erwartungen zurück.
An der legendären Scheibe Super Session war Stephen Stills auch nur aus dem Grund dabei, weil Bloomfield das Studio bereits nach einem Tag (aus welchen Gründen auch immer) panisch verließ. Selbiges begab sich auch bei einigen weiteren Projekten und wenn man jetzt möchte und eins und eins zusammenzählen kann, dann kommt man wahrscheinlich auch auf die Beweggründe. Als er ca. 1980 als Gast eines Dylan-Konzerts auf die Bühne kam, war der Bandleader dermaßen geschockt von dem Zustand des Gitarristen, dass er ihm anschließend sogar die Freundschaft kündigte.
Aber genug der Vorgeschichte, denn mit "Live At McCabe’s Guitar Workshop, January 1, 1977" ist ein Live-Album erhältlich, das den Gitarristen in toller Form präsentiert. Die Bandbreite der zehn Tracks erstreckt sich von Blues bis hin zu Blues Rock und neben dem Bass (Beull Neidlinger) sowie Schlagzeug (Buddy Helm) war hier auch noch der Tastenmann Mark Naftalin (Ex-Butterfield Blues Band) auf der Bühne, der neben Bloomfields Gitarre die zweite dominante Rolle übernahm. Was bereits bei "Women Lovin' Each Other" sehr gut beginnt, zieht sich durch die komplette Spielzeit. Der Protagonist hatte an diesem Tag richtig Bock und dazu viel Spaß, was sich unter anderem an der Songauswahl (mit unter anderem "Hully Gully") festmachen lässt. Dabei griff er auch gerne auf Fremdmaterial zurück, wie man an dem gerade genannten Track oder auch Chuck Berrys "Don’t Lie To Me" (auch flott, aber deutlich bluesiger als das Original) erkennen kann.
Bloomfields Hang zu einigen seiner persönlichen Dämonen kommt in den Tracks "Junko Partner" sowie "Knockin' Myself Out" zur Sprache. Bei ersterem klingt ein gehöriges Stück New Orleans mit, flott und auch sehr funky. Worum es bei dem letztgenannten Song geht, dürfte klar sein, lediglich über die Wahl der variierenden Mittel wird hier mit sehr starkem Blues noch einmal berichtet. Witzigerweise verfügt "Wings Of An Angel (Prisoner’s Song)" über die exakt selbe Gesangsmelodie wie die des alten Country-Klassikers "It Wasn’t God Who Made Honky Tonk Angels" (im Original 1952 von Kitty Wells aufgenommen), was das Stück aber keinesfalls schlechter macht. Den Abschluss setzt dann letzten Endes die Nummer "You Must Have Jesus", die erneut von dem sehr coolen Zusammenspiel von Gitarre und Piano lebt. Der Sound dieses Albums ist zwar nicht optimal, aber dennoch sehr gut konsumierbar. Und den Rest reißt die Musik dann sowieso wieder raus.
Im Alter von nur 37 Jahren verstarb Mike Bloomfield (angeblich auf einer Party) unter bis heute noch nicht völlig geklärten Umständen am 15. Februar 1981 an einer Überdosis. Was wie immer als kleiner Trost bleibt, ist die Musik. Und diesbezüglich kommt mit dem bereits vor Jahren erstmals veröffentlichten "Live At McCabe’s Guitar Workshop, January 1, 1977" ein weiteres Puzzle-Teil zum Lebenswerk des Amerikaners hinzu.
Line-up Mike Bloomfield:
Mike Bloomfield (guitar, vocals)
Mark Naftalin (keyboards)
Beull Neidlinger (bass)
Buddy Helm (drums)
Tracklist "Live At McCabe’s Guitar…":
- Women Lovin' Each Other
- Don’t Lie To Me
- Cherry Red
- Hully Gully
- Wings Of An Angel (Prisoner’s Song)
- Walkin' The Floor Over You
- Junko Partner
- Knockin' Myself Out
- Prescription For The Blues
- You Must Have Jesus
Gesamtspielzeit: 43:19, Erscheinungsjahr: 2017 (1977)
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