Nicht, dass ich bisher von der Band Miss Velvet & The Blue Wolf etwas gehört hätte, aber als ich las, dass mein geschätzter Kollege Ulli zum Debüt der Amerikaner Sätze wie »Es gibt Platten, da weißt du bereits bei den ersten Takten, dass sie was taugen.« und abschließend »Instrumental wie stimmlich ist das eine Offenbarung.« schrieb, konnte ich mich bereits blind darauf verlassen, dass hier Qualität am Start sein wird. Allerdings hatte ich noch nicht den Funken einer Ahnung, was mit "Feed The Wolf", dem zweiten Album der Funk-Rocker, tatsächlich auf mich wartete. An Personalwechseln hat es seit dem Debüt nur einen einzigen gegeben. So ist der Saxophonist Jehiah Bray nicht mehr mit an Bord, als Ersatz wurde jedoch Timothy 'TJ' Robinson als zweiter Posaunist neben Dan Levine angeheuert, während Trevor Neumann von diesem Instrument zur Trompete gewechselt ist. Auf den Bühnen ihrer Heimat räumen die US-Amerikaner bereits seit Jahren unwahrscheinlich ab und spätestens nach dieser zweiten Scheibe sollte auch hier in der Alten Welt deutlich werden, warum das so ist.
Der Opener "Super Bon Bon" beginnt noch etwas verhalten zu groovigem Funk, zu dem Miss Velvet ihre souligen Vocals beiträgt. Starke Bläsersätze unterstützen diese heiße Mischung aus brodelnder Spannung und prickelnden Grooves noch zusätzlich. Der Gesang der Frontlady beeindruckt bereits bei diesem ersten Track, obwohl sie sich hier – wie man im Verlauf der Platte den Eindruck bekommt – gerade mal ein bisschen warm singt. Allerspätestens nach dreieinhalb Minuten dürfte allerdings bei jedem geneigten Musik-Fan angekommen sein, was für eine bärenstarke Sängerin bei dieser Band am Werk ist. Miss Velvet beeindruckt nicht nur mit vollem stimmlichen und emotionalen Einsatz, hinzu kommt sogar noch ein guter Batzen Sex in der Stimme und obendrein die Gabe, sich beim Gesang vollkommen zu öffnen und den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Mittlerweile verstehe bzw. weiß ich auch sehr genau, wo die immer wieder auftauchenden Vergleiche mit der (eigentlich) unvergleichlichen Janis Joplin herkommen.
Auf "Phat Blunt" ist der Gast George Clinton (in dessen Vorprogramm die Band ausgiebig getourt hat) an der Gitarre und am Gesang sehr präsent. Und auch ihm fällt es schwer, gesanglich mit Miss Velvet mitzuhalten. Wobei da wohl jeder einen schweren Stand hätte. Eine der stärksten Nummern ist der Titeltrack mit seiner explosiven Mischung aus heißen Rhythmen (die so locker-leicht wie auch powervoll kommen) sowie obendrein ganz feinen Melodien und fetten Vocals. An dieser Stelle kann man auch der gesamten Band nichts anderes als ein ganz dickes Lob aussprechen, da sie die jeweiligen Titel immens 'lebendig', atmend, spuckend, beißend und kratzend in die Aufnahme-Maschine gehämmert hat. Wobei 'gehämmert' nicht das wirklich richtige Wort ist, da hier auch eine Unmenge an Feeling herauszuhören ist. Und zur Krönung dann noch dieser Wahnsinns-Gesang obendrauf!
Eines ist nach dem Genuss von "Feed The Wolf" glasklar: Diese Band macht – mal ganz salopp gesagt – keine Gefangenen. Die Combo steht ganz offensichtlich unter Volldampf und beim Genuss dieser neuen Scheibe kann man sich eigentlich nur noch in seinen wildesten Träumen ausmalen, wie krass die Combo erst live auf der Bühne rüberkommen muss. Zwar erreicht nicht jeder der acht Tracks die Höchstmarke, aber selten habe ich in den letzten Jahren auf einer Studioproduktion so dermaßen die musikalischen Fetzen fliegen hören, wie hier. Die Songs gehen zwar vielleicht noch nicht beim allerersten Hördurchlauf ganz unfallfrei ins Ohr, aber spätestes beim dritten Durchgang kommen sie dort so dermaßen an, dass sie gar nicht mehr raus wollen. Für Funk Rock-Liebhaber ein Muss, aber auch alle Rocker, die mal einen Blick über den Tellerrand riskieren wollen, sollten Stücke wie "Super Bon Bon", "FSL", den Titeltrack oder "Bitch Honey" unbedingt mal anchecken. Mein Respekt für Miss Velvet & The Blue Wolf, die mit "Feed The Wolf" ein echtes Hammer-Album am Start haben!
Line-up Miss Velvet & The Blue Wolf:
Miss Velvet (vocals)
Constance 'C-Diddy' Hauman (keyboards)
Nick Carbone (drums)
Henry 'The Dude' Ott (guitars)
James 'Jimi Beamon' Jones (bass)
Trevor Neumann (trumpet)
Dan Levine (trombone)
Timothy 'TJ' Robinson (trombone, congas, additional vocals)
With:
George Clinton (guitar, vocals)
Tracklist "Feed The Wolf":
- Super Bon Bon
- Phat Blunt
- Feed The Wolf
- FSL
- Nasty Freak
- Bitch Honey
- Launch
- Sweet Intoxication
Gesamtspielzeit: 41:34, Erscheinungsjahr: 2019
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