Seinen Status als musikalische Legende, den er sich im Übrigen hart erarbeiten musste, ist unanfechtbar. Selbst Keith Richards zählt ihn zu den »aufregendsten Sängern, die in der Musikszene aufgetaucht sind«. 2017 wurde er »als erster lebender weißer Mann in die R&B Hall of Fame aufgenommen.«
Der alte Haudegen aus Detroit mit der whiskeygeschwängerten Reibeisenstimme veröffentlichte seit seinem Karrierestart mittlerweile mehr als 30 Alben sowie diverse Singles. Im Januar 2024 erschien sein Live-Doppel-Album The Roof Is On The Fire über sein neues Label Ruf Records. Es wurde während einer Deutschland-Tournee anlässlich seines 75. Geburtstages aufgenommen.
Nun legt er ein weiteres Album mit zehn Eigenkompositionen vor, "With Love" betitelt und produziert von der Produzentenlegende Don Was (u. a. Rolling Stones, Bob Dylan, Iggy Pop, Bob Seger u.v.a.).
Ab Februar 2025 wird er damit auf Tournee gehen, leider nicht mehr mit seiner jahrelangen Begleitband, den ostdeutschen Rock-Urgesteinen Engerling, mit denen er seit 1994 zusammenarbeitete. Eine neue, internationale Band wird ihn unterstützen. Erwähnenswert ist außerdem, dass Ryder seinen 80. Geburtstag am 26.02.2025 – wie schon seinen 75. – wiederum auf Tour feiern wird.
Beschrieben wird "With Love" als »eine so intelligente, satirische, witzige und schräge Sammlung von Songs, wie sie der erfahrene Songwriter noch nie auf einem Album versammelt hat.« Kreativ ist der Meister also immer noch und scheint seiner Meinung nach das 'Ende der Fahnenstange' nicht erreicht zu haben:»Ich habe es noch nicht geschafft, aber ich arbeite daran…«.
Mitch Ryder singt mit viel Liebe das, was er am besten kann, den Blues – sehr emotional, sehr persönlich, sehr eindringlich und immer mit einem Augenzwinkern. Trotz des beachtlichen Alters hat seine Stimme weder an Kraft noch an Faszination verloren. Ein Bekannter von mir meinte sehr treffend: »Er hat eine unglaubliche Kraft in seiner Stimme….manchmal kommt es mir wie ein Vulkanausbruch vor, wenn er losshoutet.«
Ryders Songs sind sehr autobiografisch, behandeln die verschiedensten Themen, Ereignisse und Begebenheiten aus seinem langen Leben, so dass er damit den Zuhörer tief berühren und fesseln kann.
Bereits mit dem Opener "Lilli May", einem bluesigen Piano-Boogie, klasse untermalt von Dave McMurrays Saxophon (ich liebe das Saxophon!), wird ein – für meine Ohren – sehr hörenswertes Album eröffnet, das verschiedene musikalische Facetten abdeckt.
So finden wir zum Beispiel zarte, orientalischen Tupfer, gezaubert mit Flute und Percussion in "Pass It To The Right" und es verbreitet das bereits erwähne internationale Flair der Band. Ja selbst einen Tango tanzt man 'auf dem Parkett', zu hören in "Oh What A Night".
Auf der Spitze meiner Beliebtheitsskala steht "One Monkey", ein sehr autobiografischer Swing Blues, in dem ein äußerst sensibles Thema behandelt wird. Es handelt von Mitchs damaliger Drogensucht und wie er sie überwunden hat. Dennoch strahlt das Stück irgendwie sehr viel Optimismus aus. Eingeleitet wird der Song mit feinen Keyboardtupfern, die Rhythmus-Sektion übernimmt und Mitch Ryder singt von 'einem Monkey'. Aufgehübscht wird das ganze Konstrukt mit einem Gitarrenduell der beiden Gitarristen Brian 'Roscoe' White und Laura Chavez und das Ende wird wiederum mit einem perlenden Keyboard eingeläutet. Ein absoluter Ohrenschmeichler.
Saxophon und Gitarren dominieren "Too Damned Slow", aber verdammt langsam ist der Song dennoch nicht. "Fly" handelt von Mitchs musikalischer Karriere und wie glücklich er mit deren Verlauf jetzt ist. In "The Artist" singt er sehr zurückhaltend, ja mit fast brüchiger Stimme, lediglich unterstützt von Flöte und Pianoklängen.
Gewohnt kraftvoll und optimistisch verabschiedet er sich dann wieder mit "Just The Way It Is". Hier bekommt er gesangliche Unterstützung von Herschel Boone und Terena Boone.
Ich geb zu, dass mich das Album insgesamt doch positiv überrascht hat, es klingt dermaßen frisch, als sei der kleine Mann mit der großen Stimme in einen Jungbrunnen gefallen. Hut ab kann ich da nur sagen. Auf seine Tour mit der neuen Band darf man also gespannt sein – With Love.
Line-up Mitch Ryder:
Mitch Ryder (vocals)
Luis Resto (keyboards)
Brian 'Roscoe' White (guitar)
Laura Chavez (guitar)
Dave McMurray (sax, flute)
Jeff Canady (drums)
Mahindi Masai (percussion)
Chuck Bartels (bass)
Don Was (bass – #3)
Mitch Ryder, Herschel Boone, Terena Boone (background vocals)
Tracklist "With Love":
- Lili May
- Pass It To The Right
- Sanguine
- One Monkey
- Oh What A Night
- Wrong Hands
- Too Damned Slow
- Fly
- The Artist
- Just The Way It Is
Gesamtspielzeit: 39:28, Erscheinungsjahr: 2025
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