Was für eine Überraschung, was für eine Freude: Rockmusik-Produktionen aus unserem Nachbarland Frankreich verdienen stets meine volle Aufmerksamkeit, haben diese doch Seltenheitswert. Das Land ist in musikalischer Hinsicht für seine Künstler aus den Bereichen Chanson und Pop bekannt. Die mit Gitarren ausgestattete Fraktion hat sich nach meiner Wahrnehmung bisher rar gemacht.
Aktuell ist mit Molybaron eine Band am Start, die mit "The Mutiny" ihr zweites Album veröffentlicht. Im Dezember 2014 in Paris von dem in Dublin geborenen Sänger und Gitarristen Gary Kelly und dem Pariser Gitarristen Steven André gegründet, wurde Molybaron schnell zu einer der meistdiskutierten Bands der Moderne im Bereich des Heavy Metal. Das sollte nicht wundern, wenn man sich deren stilistische Vielfalt anhört. Wer hier nach einer passenden Schublade sucht, hat es verdammt schwer. Alternative Metal darf als kleinster gemeinsamer Nenner herhalten. Das galt zur Bandgründung vor sieben Jahren, das zeichnet sich nach wie vor ab. Doch zwischen all den harten Riffs ist Platz für so manche Streicheleinheit, die ihren Ursprung im Pop hat, dann aber nur kurz zum Vorschein kommt.
Der Opener "Animals" auf dem vorliegenden Album "The Mutiny" startet mit elektronischen Klängen der Marke Linkin Park und findet mit hartem Progressive Metal seine Fortsetzung. Dabei ist dieser Track eine Momentaufnahme. Kein Stück gleicht hier dem anderen. Metal trifft im Verlauf aller Lieder auf beinharten Rock. Wer eine Vorliebe für von Industrial geprägte Musik hat, ist in der Summe schon einmal gut aufgehoben.
Dabei scheint es das Erfolgsrezept der Band zu sein, sich gar nicht erst auf die Problematik Schublade einzulassen. Das beflügelt eine Leichtigkeit in ihrem Schaffen, die letztlich der vorliegenden Produktion zugutekommt. Eine solche Herangehensweise ist inzwischen ohnehin weit verbreitet, nimmt man sich jüngere ambitionierte Bands vor. Nur einen Titel weiter müssen wir blättern, um mit "Lucifer" einen glänzenden ersten Anspieltipp zu finden. Kraft, Groove und Instrumenteneinsatz verkörpern auf kurzer Verweildauer ein Reifegefühl, das jede Menge Respekt abverlangt. Außerdem empfehle ich "Something For The Pain" fürs erste Hören.
Wir treffen also auch auf dem zweiten Werk des französisch-irischen Gemeinschaftsprojekts auf einen Sound, der alles umfasst – von technischen Grooves und hymnischen Metal bis hin zu atmosphärischen und großen Hardrock-Riffs. Damit wird die Band ihrem Anspruch gerecht, sich wohlwollend von anderen Kollegen abzusetzen. Feine handwerkliche Arbeit aller Protagonisten ist ein Garant für das solide Werk.
»Das häufigste, was ich lese, wenn Kritiker unsere Musik beschreiben, dass es schwierig ist, uns in ein Genre einzuordnen. Ist es Rock, ist es Metal, Progressive Metal oder Groove Metal?«, wirdGary Kelly zitiert. »Nun, tatsächlich ist es jede der zuvor genannten Richtungen, glaube ich.«
Somit unterscheidet sich "The Mutiny" von dem 2017 selbstbetitelten und selbstveröffentlichten Debüt durch die inhaltliche Aussage. Die Texte auf dem Erstling waren stark beeinflusst von der Hysterie um die US-Wahl 2016. Dieses Mal haben die Lyrics eine sehr persönliche Note, sodass sich Gary Kelly übergeordneten Themen wie dem mühsamen Kampf um psychische Probleme, Schuldgefühle, Bedauern, Depressionen und Drogenmissbrauch verschrieben hat. Haben Molybaron nach 2017 für ihre beachtlichen Fertigkeiten viel Beifall und in der Folge so manche Einladung für einen Support bei Touren oder die Teilnahme an Festivals erhalten, so dürfte diese Erfolgsgeschichte anno 2021 und folgende Jahre unbestritten anhalten.
Das Album "The Mutin" Ist als CD, auf Vinyl und als digitales Format erhältlich.
Line-up Molybaron:
Gary Kelly (vocals, guitar)
Steven André (guitar)
Sebastien De Saint-Angel (bass)
Camille Greneron (drums)
Guest:
Whitfield Crane (vocals – #9)
Tracklist "The Mutiny":
- Animals (5:22)
- Lucifer (3:23)
- Amongst The Boys And The Dead Flowers (4:13)
- Prosperity Gospel (4:14)
- The Lighthouse (4:37)
- Slave To The Algorithm (4:51)
- Something For The Pain (4:09)
- The Hand That Feeds You (4:10)
- Twenty Four Hours (4:54)
- Ordinary Madness (4:44)
Gesamtspielzeit: 44:37 Erscheinungsjahr: 2021
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