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Monsters Of The Ordinary / Breaking Silence Violently – CD-Review

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Mit Österreich habe ich in jeder Beziehung gute Erfahrungen gemacht, ganz besonders in der Musik. Wien gilt gemeinhin als eher beschaulich und die Stadt der Schrammelmusik. Vergesst es, Leute. Slingshot hatten wir hier schon einmal unter der Lupe und Triptonus haben mich an anderer Stelle bereits mehrfach überzeugt. Nun kommen die Monsters Of The Ordinary und reihen sich ein in eine Underground-Bewegung, die Österreich immer mehr zu einem der interessantesten Länder der jungen Rockmusik aufwachen lässt, ganz ähnlich übrigens wie man das für einige Alpengenossen aus der Schweiz auch behaupten kann.

Krawallig krachig geht’s los. "Open Up Your Eyes" sollte eigentlich erst einmal die Gehörorgane ansprechen, denn diese wilden Riff-Orgien drehen nicht nur den Bass-Booster auf, sie zwingen die Nackenmuskeln sogleich in ein hypnotisches Geruckel, wo der erprobte Headbanger eine Menge Spaß findet. Stoner Rock, knochentrocken und glühend heiß. Nicht aus der Wüste, sondern von der Soko Donau, und die sitzt in Wien.

Dass unsere Monsters Of The Ordinary mit Tempo umgehen können beweisen sie sogleich in der zweiten Nummer "To The City And The World", der Titel klingt ein bisschen nach 'urbi et orbi', aber dieser Segen dürfte sensiblen Nichtrockern ein paar Herzrhythmusstörungen generieren, denn die Abteilung für den Groove leistet hier wirklich schöne Arbeit und variiert kunstvoll und doch aus einem Guss. Ein psychedelisches Break setzt dem Ganzen die Krone auf, da finden wir uns plötzlich in bestem Psych wieder.

Spätestens jetzt wird die Intention der Band deutlich, auf analoge Aufnahmetechnik zu setzen und einen besonders authentischen und ursprünglichen Sound zu wählen, der die Intensität der einzelnen Instrumente knarzig hart und gnadenlos trocken präsentiert. Messerscharfe Riffs und ein sehr originärer, organischer Klang sind das Ergebnis dessen und wahrscheinlich auch der Grund, warum ich während der einzelnen Nummern immer wieder an die wilden Siebziger denken muss. Ein gehöriger Schuss Retro-Feeling ist wahrlich dabei, aber eben auch ein gnadenloser Groove, den die Stoner-Götter von Kyuss einst aus der Wüste heraufbeschworen.
Dass unsere österreichischen Freunde sich gerade auf diese Sounds verstehen, habe ich in den letzten Jahren wiederholt erfahren dürfen, dort wächst eine mitreißende Szene aus dem Land der Berge.

"In Your Head" startet genau in diesem Sinne fast wie eine Stoner-Hymne, die Wüste lebt, selbst da, wo sie keiner vermutet. Dröhnende Bässe, treibende Vocals und eine krachende Gitarre schaffen eine geradezu klassische Atmosphäre, die glücklich stimmt und irgendwie zum tanzen einlädt. Eine Nummer, die in jedem guten Rock-Radio für Stimmung sorgen wird.
Passend dazu kehren wir in "Wills It Not" fast in Phrasierungen der alten Steamhammer zurück, eine konsequent querulante Gitarre bearbeitet den untergründigen Bass und einen irgendwie reflektierenden Schlag, bis ein wildes Draufhauen uns mit Riffs des Heavy Rocks auf Touren bringt. Ein postrockiges Geschrammel gibt dem Song eine weitere Attitude, die wir bei der kernig, erdigen Orientierung eigentlich gar nicht vermutet hatten.

Aber gemach, die wahren Höhepunkte stehen uns noch bevor. "What’s In It For You" beginnt mit einem fetzigen Dialog zwischen leidenschaftlichem Gesang und starken Riffs. Eine doomige Temporeduzierung sorgt für ein intensiv schrilles Empfinden, die gebremsten Riffs brennen sich mit fast schmerzlicher Wucht in dein Bewusstsein und reduzieren allmählich die Sinnesorgane auf den Spirit und die Vibes der Monsters.

Jetzt haben sie dich.

Und dann startet der Psych mit "Tripsitter". Ein psychedelischer Drive mit einer Gitarre wie einst bei meinen Freunden von The Egocentrics in einem Gewand, welches auch bei My Sleeping Karma angelegt worden sein könnte, und schon geht es ab in muskelzerreißenden Riffs, jetzt machen sie richtig Betrieb. Und dann noch einmal so ein herrliches postrockiges Gitarrenspiel. Erstaunlich, dass es die Monsters Of The Ordinary immer wieder schaffen, bei aller Härte und Rhythmusorientierung den Songs eine gewisse Melodik und Harmonie zu verpassen. Hier wird stilvoll Lärm zelebriert.

Und dann kulminiert das Album in "Ashes To Ashes", was an dieser Stelle nicht als ein Song des Herrn Bowie verstanden werden darf. Hypnotisch eindrucksvoller Gesang, der hier besonders gefühlvoll und variantenreich herüberkommt, über schräg kreisenden Gitarrenklängen und monotonem Bass, driftet zunächst scheinbar ziellos umher, dann zerreißen harte Riffs und treibendes Schlagzeug die fast beschaulich harmonische Stimmung und ein wenig erinnert mich dieses Rhythmusinferno an meine lieben Freunde von Been Obscene, mit denen Monsters Of The Ordinary seinerzeit beim Lake Of Fire Festival 2013 genauso die Bühne teilten wie die schon zitierten Rumänen von The Egocentrics. Wenn ich bedenke, dass ich einst für Victor Aigner, den Veranstalter dieses Festivals und gleichzeitig Macher von Stoner Rock Austria geschrieben habe, fällt mir wieder einmal auf, wie klein die Rockwelt eigentlich ist. Schön, dass man auf diese Weise an alte Freunde erinnert wird. Ach ja, und genauso abrupt, wie der Eingangssong startete, endet die letzte Nummer, unsere Monsters machen das mit Verve und knallharter Konsequenz.

Die Band wird dem Titel des Albums wahrlich gerecht, hier wird die Stille mit aller Macht und Wucht verwüstet. Archaisch, erdig, aber auch erhaben transparent, kein undifferenzierter Krach, sondern fein herausgestellte Module mitreißender Musik. Nicht so anarchisch wild wie beispielsweise die Truckfighters, aber mit jeder Menge Power, die auf der Bühne trefflich gut abgehen wird.

Habt Ihr gut gemacht, Jungs.


Line-up Monsters Of The Ordinary:

Oliver Müller (vocals)
Klaus Wurzwallner (guitar, backing vocals)
Andreas Kovac (bass)
Sören 'Sozo' Fahnemann (drums)

Tracklist "Breaking Silence Violently)

  1. Open Up Your Eyes
  2. To The City And The World
  3. In Your Head
  4. Wills It Not
  5. What’s In It For You
  6. Tripsitter
  7. Ashes To Ashes

Gesamtspielzeit: 40:54, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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