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Moonseeds / Moonseeds – Digital-Review

Moonseeds / Moonseeds – Digital-Review

In den Anfangsminuten von "Earth" wird Desert Rock-Feeling ins Psychedelische transformiert. So einfach will ich das schreiben und doch so mitnehmend faszinierend ist das. Eine einsame Gitarre schwebt ein und lässt diese staubige Landschaft vibrieren. Langsam gesellt sich eine tribale Trommel dazu und ermuntert anscheinend die Gitarre, ein paar Schippen draufzulegen, was diese auch mit Bravour erledigt und den Hörer nun total in ihren Bann zieht. Alter Schwede, da ziehen die Rauchschwaden durch die Luft und es interessiert plötzlich nichts mehr als zu schauen, wer diese Gitarre spielt, ja, wer sie liebkost.

Lex Waterreus heißt der Mann und im richtigen Leben bedient er den Sechssaiter bei den australischen Psychedelic-Rockern Seedy Jeezus. Eine Band, die ich nicht kenne, die ich aber auf jeden Fall mal unter die Lupe nehmen muss, denn Lex transportiert mit seinem Saitenspiel pure Emotionen und es läuft mir den Rücken rauf und runter. Nach dem 21-minütigen Monstertrack "Earth" geht es mit "Sun" nahtlos weiter. Das Gitarrenspiel klingt wie Ry Cooder ins Psychedelische übersetzt und in einen Tarantino-Film gebeamt, der darauf wartet, dass weitere Hauptdarsteller, vielleicht Nick Cave und als Cooders Co-Spieler David Gilmour (in etwas ungestüm abgewandelter Form) ans Set kommen, was aber nicht passiert, da man sich noch nicht einig ist, ob die dystopisch wirkende Szenerie so bleibt, oder ob der utopisch scheinende Horizont die Oberhand gewinnt.

Das erfahren wir vielleicht bei einem der nächsten Treffen des Gitarristen mit Komet Lulu und Sula Basana. Ja, das sind die beiden anderen Seiten des Dreiecks, bei dem die Gitarre die euklidische Geometrie bemüht und zweifelsohne als Hypothenusenquadrat durchgeht. Das kann aber auch nur sein, wenn die beiden Katheten so liegen, dass das mit den Winkeln funktioniert. Und wenn es um diese Art von Musik geht, dann weiß ein jeder, dass die Namen Lulu Neudeck aka Komet Lulu und Dave Schmidt aka Sula Basana dafür stehen, dass das Dreieck bzw. der musikalische Dreier perfekt ist.

Dabei fing alles mit einem Besuch von Lex an, der vor sechs Jahren nach seiner Europatournee bei Dave und Lulu vorbei schaute. Natürlich haben die beiden Electric Moon-Säulen mit Lex gejammt und im Studio die drei vorliegenden Stücke aufgenommen. » … aufgenommen, schnell bearbeitet und liegen gelassen« erfahren wir von Sulatron-Chef Dave Schmidt. Fünf Jahre danach war der australische Gitarren-Maestro Lex wieder auf Besuch, es wurde noch ein wenig am alten Material gefeilt und final legte der andere Maestro, Eroc, letzte Hand an und fertig war die Scheibe.

Diese ist im Übrigen als LP auf 500 Exemplare limitiert: 180 Gramm schwer, aus zufällig farbigem, recyceltem Vinyl und selbstverständlich auch mit Download-Code. In der CD-Version stehen gar nur 300 Stücke zur Verfügung. "Moonseeds" ist ein Co-Release mit dem australischen Label Brown Music und in Down Under ist die Limitierung mit 100 grünen Vinylscheiben noch stringenter ausgelegt.

Erde, Sonne … es wundert kaum, dass es nun mit "Moon" weitergeht. Anfangs meine ich eine Maultrommel zu hören, die es laut Gear Set aber nicht gibt. Allerdings ist einiges an Effekt-Equipment vorhanden und auch eingesetzt. So möchte ich auch den vokalen Kurzauftritt von Lex in "Sun" nicht unerwähnt lassen, denn den hätte ich im Blindtest fast auch einer tiefer gelegten weiblichen Quelle zugeordnet. Aber nichts ist unmöglich, stehen beim Line-up Sachen wie Fx und Synthbox.

Auch in "Moon" vibrieren verfremdete Stimmbänder textlos und allerlei Elektronik schwirrt über unseren natürlichen Satelliten. Mellotron und Tasten haben hier neben der Gitarre mindestens die gleichen Rechte, wenn nicht gar mehr. Der Sechssaiter kommt bei diesem letzten Track auch härter ins Ohr und wenn ich mich entscheiden müsste, wäre "Moon" die Nummer, die für meinen Geschmack etwas abfällt, weil sie doch in weiten Teilen sehr experimentell ist. Dafür punkten "Earth" und "Sun" umso mehr. Daher kann ich dieses Album allen nur wärmstens empfehlen, die sich auch fernab des musikalischen Mainstream wohlfühlen.


Line-up Moonseeds:

Komet Lulu (bass, fx)
Lex Waterreus (guitars, fx, vocal, synthbox)
Sula Bassana (drums, organ, Mellotron)

Tracklist "Moonseeds":

  1. Earth (21:10)
  2. Sun (7:14)
  3. Moon (12:59)

Gesamtspielzeit: 41:23, Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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2 Kommentare

  1. Volker Fröhmer

    Hallo Uli,

    ein Hinweis zur Rezi: Gitarrist Lex ist kein Australier sondern Neusseländer, er lebt aber schon lange in Melbourne.

    Ich war mit ihm und seinen Jungs Paul und Mark, also seiner Band Seedy Jeezus, Ende Oktober in NRW unterwegs.

    Sie kommen im Sommer 2025 wieder zu uns.

    Und es gibt noch eine Band mit ihm und Dave Schmidt alias Sula Bassana, zusammen mit dem Kasseler Schlagzeuger Steffen Moddrow: LS & D heißt sie.

    Da kommt in 2025 auch was auf Vinyl dazu.

    Und: Lex ist für mich einer der letzten Gitarrenhelden auf diesem Planeten, er ist, genau wie ich, Rory Gallagher und Peter Green Fan.

    Gruß Volker

    1. Ulli Heiser

      Danke für den Hinweis.
      Ja, der Lex ist wirklich Klasse!

      Beste Grüße

      Ulli

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