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Motörhead / Louder Than Noise… Live in Berlin – CD-Review

Wo Heavy Metal draufsteht, muss nicht immer nur Heavy Metal drin stecken. Das beweist der Live-Mitschnitt unter dem Titel "Louder Than Noise… Live in Berlin". Er dokumentiert das Konzert der Band Motörhead am 5. Dezember 2012 im ausverkauften Velodrom in Berlin und ist in verschiedenen Formaten erhältlich. Die bisher unveröffentlichte Show über 69 Minuten Gesamtspielzeit bietet einen Querschnitt durch mehrere Jahrzehnte Bandgeschichte und zeigt, wie vielseitig die Band doch in musikalischer Hinsicht aufgestellt war.

Selbstverständlich überwiegt der kraftvolle und kompromisslose Sound der 1975 von Ian Fraser 'Lemmy' Kilmister gegründeten Band, der sich in erster Linie an die Fans von Heavy Metal richtet. Allerdings mischte der Sänger und Bassist, der auf seinem Instrument stets alle Regler auf die höchste Stufe stellte, verschiedene Stile seiner Musik bei. Dazu gehören Elemente aus Hard Rock, Punk, Blues Rock und Rock’n’Roll. Einzigartig sind allerdings die Stimme von 'Lemmy' Kilmister und sein Bassspiel, das er durch die Reglereinstellungen und den Einsatz der Verstärker zu einem Alleinstellungsmerkmal entwickelte.
Dabei gerät fast schon in Vergessenheit, dass es sich bei Motörhead um ein äußerst fleißiges Trio handelt, das während seiner 40-jährigen Bandgeschichte 22 reguläre Alben veröffentlicht hat.

Zwischen Ende 1983 und 1995 wirkte für ein paar Jahre sogar ein zweiter Gitarrist mit. Nach dem Ausstieg von Michael 'Würzel' Burston (1949 – 2011) besetzte die Band diese Position allerdings nicht neu.
Das Konzert im Dezember 2012 in Berlin bestritt Motörhead folglich mit Gitarrist Phil Campbell, der bereits 1983 eingestiegen war, und Schlagzeuger Mikkey Dee, der seit 1992 Bandmitglied war. Gemeinsam mit Kilmister bildeten sie bis 2015 ein gut eingespieltes Team.
Vom nahezu blinden Zusammenspiel dieser Protagonisten legt "Louder Than Noise… Live in Berlin" eindrucksvoll Zeugnis ab. Es ist es ein Verdienst von Kameramann Henning Meyszner, dass dieses Konzerterlebnis in dieser Form als homogenes Ganzes in Erinnerung bleibt. Seine Bilder schenken allen Musikern die gebührende Aufmerksamkeit. Sie machen zugleich deutlich, warum Lemmy auf der Bühne jener Musiker war, der ihn für immer unsterblich macht. Doch niemals ragte er aus der Band heraus.

Großen Anteil an dieser Produktion hatte ferner der langjährige Produzent Cameron Webb. Er brachte seine Fähigkeiten am Mischpult für den 5.1-Mix der DVD ein. Diese Merkmale rücken schnell das Argument beiseite, dass es sich bei "Louder Than Noise… Live in Berlin" um ein weiteres x-beliebiges Livedokument handeln könnte.
Der Mitschnitt ist vor allem ein emotionales Erlebnis. Die Fans feiern eine fröhliche Party, bei der es sich fast um ein Heimspiel der Briten handelt, da Motörhead in Deutschland stets besonders willkommen waren. Für die drei Hauptakteure war es ein besonderer Moment, weil der Abend im Rahmen ihrer "The Kings Of The Road"-Tour der letzte gemeinsame Auftritt mit den vier Briten von Diaries Of A Hero und den Musikern der US-amerikanischen Metal-Band Anthrax war.
Der Emotionen damit nicht genug: Die ausgelassene und gut eingefangene Stimmung in der Halle holt anno 2021 wohl zusätzlich ein paar Wermutstropfen in die heimische Stube, wenn die Fans die Konzertatmosphäre in Corona-Zeiten als fast schon vergessenes Spektakel wahrnehmen. Was den Heißhunger auf derartige Vorstellungen nicht weniger werden lässt.

"Louder Than Noise… Live in Berlin" ist kein Best-Of-Album. Es ist eine gelungene Zusammenstellung von Titeln, die den eingangs beschriebenen Stilmix von Motörhead dokumentieren. Der Reigen reicht über das kompromisslos wütende "I Know How To Die" als Opener, die sonst seltener gespielten Stücke "Over The Top", "Rock It" sowie "You Better Run". "Rock It" vom 1983 erschienenen Album "Another Perfect Day" und "Going To Brazil" vom neunten Studioalbum "1916" aus dem Jahr 1991 erinnern in bester Rock’n’Roll-Tradition an Altmeister Chuck Berry. Der Pionier des Rock ’n' Roll gehört zu jenen Künstlern, welche die Musik von Motörhead maßgeblich beeinflusst haben. 1991 coverte die Band seinen Song "Let It Rock".
Außerdem spielte Kilmister, dessen Laufbahn einst als Gitarrist begann, von 1999 bis zu seinem Tod 2015 nebenbei in der Rockabilly-Band Headcat 13.

Während "Over The Top" dem Gitarristen, der mit vollständigem Namen Philip Anthony 'Wizzö' Campbell heißt, besonders auf den Leib geschrieben ist, zeigt sich der Musiker beim Solostück "String Theory" als ein Virtuose und Ausnahmekünstler, der er unbestritten ist.
Mikkey Dee bekommt bei "The One To Sing The Blues" ein ausgedehntes Solo zugesprochen, sodass es beinahe merkwürdig anmutet, dass es bei Lemmy Kilmister bei ein paar längeren Akkorden als Einstieg zu "You Better Run" bleibt. Als Rausschmeißer im wahrsten Sinne des Wortes überzeugen zum Ende des Konzertes die Klassiker "Ace Of Spades" und "Overkill. "Overkill" erklingt unter Mitwirkung von Musikern der Band Anthrax. Mehr Druck bei einem solchen Stück geht nicht.

"Louder Than Noise… Live in Berlin" ist ein denkwürdiges musikalisches Zeitzeugnis, das sicherlich in keiner Fansammlung fehlen wird. Wer als Fan oder Sympathisant selbst noch keine DVD mit einem Motörhead-Konzert besitzt, der darf sich über eine emotionsgeladene Kost freuen.

Formate:

CD Album mit Bonus DVD in Digipak

Doppel Black Vinyl Album, 180 g, Gatefold

Boxset:
– CD Album mit Bonus DVD in Digipak
– Doppel Black Vinyl Album, 180 g, Gatefold
– Motörhead Branded Passport Cover

Digital Album & Streaming


Line-up Motörhead:

Lemmy Kilmister (vocals, bass)
Phil Campbell (guitars)
Mikkey Dee (drums)

Tracklist "Louder Than Noise… Live in Berlin":

  1. I Know How To Die
  2. Damage Case
  3. Stay Clean
  4. Metropolis
  5. Over The Top
  6. Doctor Rock
  7. String Theory
  8. The Chase Is Better Than The Catch
  9. Rock It
  10. You Better Run
  11. The One To Sing The Blues
  12. Going To Brazil
  13. Killed By Death
  14. Ace Of Spades
  15. Overkill

Gesamtspielzeit: 69:17, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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