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Mrs. Fun / Truth – CD-Review

Mrs. Fun / Truth

Bei Mrs. Fun handelt es sich um ein Damen-Duo, bestehend aus der Keyboard-Spielerin Connie Grauer und der Schlagzeugerin Kim Zick. Beide stammen aus Waukesha, Wisconsin.
Ihr aktuelles Album, "Truth", das achte, ist bereits im Jahr 2018 erschienen und wir hören im Kern Fusion, und zwar eben jene typische Art, wie sie sich einst in den Siebzigern stärker ausbildete als Mischung aus Rock und Jazz. In der Tat sind beide Elemente gut vermengt worden. Die mehr bodenständig rockenden Drums werden von improvisationsfreudigen Keyboard-Klängen umspielt, inklusive des Keyboard-Basses. Mitunter werden im Overdub-Verfahren noch Gitarre und Gesang hinzugefügt, Keyboard und Schlagzeug sind direkt live aufgenommen worden.

So hat sich letztlich eine relativ individuelle Mischung ergeben, die neben ruhigen, beschaulichen, mitunter sogar langweiligen, Momenten, auch Unruhe und leicht verrückte Ausflüge beinhaltet, recht freie Passagen gibt es zum Beispiel auf "I Don’t Want To Know Your Name", mit Anleihen aus der Musik Frank Zappas. Auch gibt es mitunter Assoziationen zu einem früheren Keyboard/Drum-Duo – zu Hardin & York.
Doch der Ursprung liegt musikalisch hauptsächlich in den Siebzigern, und so mag dann auch die Widmung an den Keyboarder von Weather Report, Josef Zawinul, zu verstehen sein, "Zawinul", das in jene Richtung wandert, und dabei auch eine sehr swingende Kim Zick offenbart. Ansonsten wird neben den Rock-Elementen auch noch reichlich mit dem Thema Funk jongliert. Die Keyboards klingen recht unterschiedlich, einige Teile hören sich an wie aus den Siebzigern, andere bedienen sich stilistisch der nachfolgenden Jahrzehnte. Wenn beim Auftaktsong "19" der Keyboard-Bass brummelt, dann wird man unweigerlich an Jaco Pastorius erinnert, vermisst aber gleichzeitig das Vorhandensein eines echten Basses. Das geht mir jedoch auch bei allen anderen Songs so, wo die tiefen Töne prägend mitwirken.

"Process Is The Purpose" ist einer der Gesangstitel mit einer dezenten Hip-Hop-Stimmung, dazu die coole Musik, das wirkt durchaus schon ein wenig elegant und total locker und lasziv. Auf der Rückseite des Covers, das die beiden Damen musizierend abbildet, bemerke ich einen Teil des Covers einer Platte von Herbie Hancock, "Headhunters". Das mag so beabsichtigt sein, denn der zeitweilige Drummer von Hancock, Mike Clark, kommt mir in den Sinn angesichts des Spiels von Kim Zick. Und überhaupt strahlt die Musik von Mrs. Fun eine Menge von dem aus, was Herbie damals in den Siebzigern mit seinen Headhunters spielte.

Eine sehr bekannte Coverversion befindet sich auf dem Album, und das ist "Light My Fire" der Doors, hier instrumental und mit einem groovenden Funk ausgestattet, und mit einer coolen E-Piano-Stimmung ausgekleidet. Auf "House Party" wird dann, inklusive einer Drum-Machine, ein wenig experimentiert und gleichzeitig eine recht künstlich wirkende Rahmenhandlung geschaffen. Ein wenig mediterran klingt es – griechisch, so mein Eindruck – auf "Orange Grove". Dieser Titel hebt sich ab vom ansonsten eher einheitlichen Sound, unter anderem gefällt mir, dass hier das Piano bemüht wird, gar lyrische Momente werden so erzeugt, ein wenig erinnert es mich an E.S.T..

"Space Port/Pinnocchio" scheint in unendliche Weiten des Weltraums abheben zu wollen, Fusion meets Ambient, auch ein ungewöhnlicher Song, der eine Ausnahme darstellt. So spüre ich insgeheim den Wunsch der Beiden, auch einmal auszubrechen und sich im Sound freier darstellen zu wollen. Nur Mut zur Grenzüberschreitung, das Potential liegt auf der Hand. Mit zwei Gesangs/Rap-Titeln werden wir verabschiedet, auch hier die Annäherung an aktuelle Strömungen, ich halte das für wichtig, gerade in diesem Umfeld von nur zwei verwendeten Instrumenten.

So endet eine Platte mit komplex arrangierter Musik, die eine kleine Spur von Abenteuer beinhaltet, unter Verwendung verschiedener Elemente der Musik. Schön fände ich es allerdings, wenn sich die Beiden einen echten Bassisten leisten würden für die nächste Platte.


Line-up Mrs. Fun:

Connie Grauer (keyboards, keyboard bass, guitar, vocals)
Kim Zick (drums)

Special guests:
Kellen 'Klassik' Abston (vocals – #12)
Liv Mueller (vocals – #13)
Mathilde Prosen-Oldani (vocals – #13)
Wes Savick (vocals – #13)

Tracklist "Truth":

  1. 19
  2. Process Is The Purpose
  3. Tula’s Turnaround
  4. Silent Mist/How Insensitive
  5. Soulful Strut
  6. Zawinul
  7. I Don’t Want to Know Your Name
  8. Light My Fire
  9. House Party
  10. Orange Grove
  11. Space Port/Pinnocchio
  12. Let Me Live My Lie
  13. Calm Before the Storm

Gesamtspielzeit: 55:50, Erscheinungjahr: 2018

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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