Es war ein ungewöhnliches Motto, mit dem die Berliner Band City vor über drei Jahrzehnten unterwegs war. »Ohne Bass und ohne Haare mit City durch die 80er Jahre« hieß es damals in Anspielung auf den spärlichen Haarwuchs der Musiker, nachdem sich Bassist Georgi Gogow im Streit vorübergehend für mehrere Jahre von seinen Berufskollegen getrennt hatte. Zu City gehörten zu diesem Zeitpunkt Toni Krahl (Gesang), Fritz Puppel (Gitarre), Manfred Hennig (Keyboard) und Klaus Selmke (Schlagzeug). Das Keyboard ersetzte mehr oder weniger den Bass.
»Es war der größte Streit in der Band«, bekannte im ausführlichen RockTimes–Interview Gitarrist Fritz Puppel. Selmke und Puppel waren Gründungsmitglieder, die 1972 die City Rock Band im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg aus der Taufe hoben. Deren größter Hit als City war 1977 "Am Fenster". Ohne Bassist veröffentliche das Quartett 1987 die bemerkenswerte Platte "Casablanca". Das Konzeptalbum wurde 1987 vom DDR-Plattenlabel Amiga herausgegeben und war aufgrund seiner Texte ein Meilenstein in der DDR-Rockgeschichte. In der Bundesrepublik wurde das Album im gleichen Jahr unter dem Titel "Casablanca … oder gute Gründe" veröffentlicht.
Klaus Selmke war nicht nur einer der Glatzköpfe in der Band. Vielmehr war er dafür bekannt, dass er barfuß und fast immer liegend sein Schlagzeug bediente.
Das Sprachrohr innerhalb der Formation war er nicht, doch sehr wohl ein verlässliches und unverzichtbares Ensemblemitglied. Wie ein Uhrwerk funktionierte sein Spiel. Wenn man bedenkt, wie wichtig das Schlagwerk als Taktgeber innerhalb einer Band ist, dann gilt sein Part als richtungsweisend für unzählige Kompositionen von City. Schon während seiner Berufsausbildung war ihm klar, dass sein späterer Weg über die Musik führen sollte. Einer zweijährigen Ausbildung an der Berliner Staatsoper als Pauker folgte ein vierjähriges Studium an der Spezialschule für Jazz- und Tanzmusik in Berlin.
Bei einem Konzert am 08.09.2017 in Pößneck konnte ich den Schlagzeuger hinter der Bühne erleben. Er wirkte auf mich wie ein ruhiger Beamter, freundlich und bescheiden. Aber besonders wichtig für das Kollektiv. Auch beim Autogrammeschreiben zeigte er vollen Einsatz.
Klaus Selmke, der am 22.05.2020 an den Folgen eines Krebsleidens viel zu früh verstarb und nur 70 Jahre alt wurde, hinterlässt eine große Lücke in der Riege erfolgreicher Ostbands.
RockTimes trauert mit seiner Frau und den vielen treuen Fans von City.
2 Kommentare
Frank Munkwitz
3. Januar 2021 um 14:31 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ein echter Verlust, man weiß es passiert irgendwann und ist schockiert und unendlich traurig. Er Ruhe in Frieden
Werner
23. Mai 2020 um 17:36 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Wirklich schade, ein echter Verlust für die deutsche Mucke!