"The Mystery Of Waterfalls" ist das siebte Album der Band Nautilus, aus deren Gründertagen 1998 lediglich noch Martin Ludwig mit an Bord ist. Das 'lediglich noch' ist aber immerhin 50%, denn ursprünglich war Nautilus ein Elektronik-Duo bestehend aus Martin Ludwig und Ralf Obel.
Der aus dem Blues stammende Gitarrist Werner Strätz war bereits zu Duo-Zeiten immer mal eine Stütze, wie auch Klang-Guru und Ex-Grobschnittmusiker Eroc. Auch vorligendes Album wurde von ihm gemastert und finalisiert. Des Weiteren gibt es einige Samples von ihm, als auch von Ralf Obel.
Als Ralf 2003 ausstieg, wurde der Nautilus-Output progressiver, was besonders auf ihrer 2004er Platte "In Search Of Castaways" zu hören ist. Werner wurde 2000 festes Bandmitglied und das damalige Album "Solar Moon" wurde bei den "Schwingungen-Wahlen" des legendären WDR-Moderators Winfrid Trenkler zum besten Album des Jahres gewählt.
Daraufhin nahm sich das Label Prudence (BSC Music) der Band an und es folgten bis 2008 drei Platten. Bei der letzten, dem 2008er "Along The Winding Road", ist dann auch der Keyboarder Jürgen Dürrbeck bei Nautilus eingestiegen. Es folgte eine Pause von zwölf Jahren und nun sind sie wieder da.
Wie auch auf den Vorgängerwerken blieb die Band ihrem Konzept, ihre Alben an die Romane des französischen Visionärs Jules Verne anzulehnen, treu. Allerdings ist nun mit Meiko Richert ein Sänger dabei, der mit seiner Stimme eine neue Komponente in das bisherige, rein instrumentale Schaffen einbringt.
Bis auf "In Your Eyes" haben alle Stücke eine anständige Länge, sodass sich der Hörer den Klanglandschaften adäquat hingeben kann. Diese Landschaften liegen auf "The Mystery Of Waterfalls" unter Wasser, und zwar 20.000 Meilen tief, dort wo sich auch Kapitän Nemo herumtrieb. Mystisch geräuschvoll, tieffrequent, fast drohend startet das Album so mit "Awakening In The Deep", dass das kopfinterne Kino sofort die Filmrolle zum Laufen bringt. Wie aus dem Nichts mäandert eine Gitarre ins Geschehen und baut weitere Spannung auf. Gar nicht wie ein "Point Of Return" legt sich der Track mit seiner süßlichen Elektronik ins Ohr – es sei denn, man wolle dieses Ort nicht mehr verlassen. Harmonisch gesellt sich nun auch der (neue) Gesang von Meiko Richert hinzu und Werner Strätz setzt mit seinem psychedelischen Gitarrenspiel dem Ganzen die Krone auf. Das sind zehn Minuten Prog vom Allerfeinsten.
Die eingesetzte Elektronik erinnert vielleicht am Ehesten an etwas Tangerine Dream, manchmal an den Schmackes einer Truppe wie Kraftwerk, wird aber zu keiner Zeit technisch oder gar kühl. Ganz im Gegenteil. Die beiden Gitarren zum Beispiel sorgen stets für die gewisse Spur Psychedelic. Die Elektrische gemahnt an Mr. Gilmour und auch sonst lugt dessen Band öfter mal um die Ecke. In "Summerwind" gibt die Akustische ihre Schwingungen dazu und der Griff zum Schalter der Lavalampe ist ja nicht weit.
Die elektronischen Sequenzen sorgen für anständigen Drive, müssen sie auch, da ja keine handbetriebenen Rhythmusinstrumente an Bord sind. Gigantisch auch die scheinbaren Chöre, die ab und an die Dimension der Klangwelt enorm erweitern. Scheinbar, weil sie klingen wie ein Chor, aber per Mellotron erzeugt werden. Das erweitert, wie bereits gesagt, die Klanglandschaft – auch in die vierte Dimension: das sind Zutaten aus längst vergangenen, psychedelisch-progressiven Zeiten. Gerade und besonders die Synthesizer und Sequenzer tragen diesem Gefühl Rechnung.
"Snowstorm On The Sea" wartet mit Twin Guitar-Passagen auf, dazu galoppiert ein Schlagzeug. Und da keine Schießbude aufgeführt ist, muss auch das Schlagzeug-Solo in "Maelstrom" künstlicher Natur sein. Umgeben von den harmonischen Loops in Dur und Moll geht das mächtig in die Ohren und weiter. "The Kindness Of Rain" lädt zum Abschluss dieser klasse Platte mit traumhaftem Gitarrenspiel noch einmal zum Träumen ein, fast als bewege sich das virtuelle Unterwasserfahrzeug langsam gen Oberfläche. Wabernde Tasten wie von einer uralten Farfisa begleiten das Auftauchen und im Hintergrund pumpt es, als ob ein starker Motor seine Freuqenzen durch die Schíffswand schickt.
Nautilus ist mit "The Mystery Of Waterfalls" ein toller Ohrenschmeichler geglückt, der gekonnt mit der richtigen Mischung aus Elektronik und psychedelischen Gitarrenlicks in perfekter Choreografie und tollem Songwriting aufwartet. Dazu die gewohnt professionelle Handschrift von Eroc. Einer ohralen Traumreise via Kopfkino steht nichts im Wege.
Line-up Nautilus:
Jürgen Dürrbeck (synthesizer & sequenzer)
Martin Ludwig (keyboards, synthesizer, acoustic guitar)
Meiko Richert (vocals & voices)
Werner Strätz (guitars)
Plus:
Eroc & Ralf Obel (additional samples)
Tracklist "The Mystery Of Waterfalls":
- Awakening In The Deep (5:10)
- Point Of Return (9:51)
- New Times (5:17)
- Water Ride (5:37)
- Summerwind (4:53)
- Mobilis In Mobile (6:00)
- In Your Eyes (2:24)
- Snowstorm On The Sea (9:14)
- Maelstrom (6:05)
- The Kindness Of Rain (9:52)
Gesamtspielzeit: 64:24, Erscheinungsjahr: 2020
Neueste Kommentare