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Neal Morse Band – Interview mit Neal Morse und Randy George

The Neal Morse Band / Photocredit Robert Smith

Am 11.11.2016 erschien The Similitude Of A Dream, das Neue Konzeptalbum der Neal Morse Band auf dem europäischen Markt. Die Story basiert auf dem historischen Buch "The Pilgrims Progress" aus dem 17. Jahrhundert und beschreibt sinnbildlich die Suche eines Individuums nach dem Göttlichen.

Anlässlich der Veröffentlichung ermöglichte uns Networking Media ein Interview mit Neal Morse und Randy George.

RockTimes: Die Leute wissen, dass Du, Neal, ein sehr spiritueller Mensch bist. War es für die Musik wichtig, dass die Bedeutung hinter dem zugrunde liegenden Buch "The Pilgrims Progress" einen tiefen religiösen Hintergrund hat?

Neal: Nun, das war die Grundlage, die das Projekt antrieb. Von Anfang an, als ich die ersten initialen Ideen dazu hatte…es war die Geschichte dieses Buches, die die Ideen hervorbrachte. Was ich meine, ist, als ich das inhaltliche Konzept des Buches auf meinem Handy las, begann ich zu erkennen, welchen Weg die Hauptfigur geht und welche Charaktere ihr dabei begegnen. Und ich fing an, Dinge in mein Telefon zu singen, die mir unmittelbar dazu in den Sinn kamen. Und so kamen die Dinge ins Rollen, so hat alles angefangen.

RockTimes: Denkst Du, dass die Handlung des Buches in gewisser Weise auch einige Parallelen zu Deinem eigenen Leben in den letzten 15 Jahren aufweist? Vielleicht ein Stück weit die Suche nach dem Paradies oder einem ähnlichen Platz?

The Neal MorseBand / Photocredit Robert Smith

The Neal MorseBand / Photocredit Robert Smith

Neal: Ja sicher – ich kann mich auf viele Dinge beziehen, die dieser Protagonist durchlebt.  Und ich hoffe sehr, dass es im Grunde allen Menschen so gehen wird, ganz gleich, auf welchen Pfaden sie auch immer unterwegs sein mögen. Genauso war es ja seinerzeit auch bei dem Titelhelden auf dem "Snow"-Album (Anmerkung der Redaktion: Spock’s Beard’s sechstes Studioalbum, ein Konzeptalbum über einen siebzehnjährigen Albino mit überirdischen Kräften). Jede gute Geschichte sollte den Menschen solche Bezüge liefern, und als Songwriter versuche ich natürlich auch, Dinge möglichst beziehungsreich für den Hörer zu schreiben.

RockTimes: Die Konzeption von "The Similitude Of A Dream" erinnert mich ein wenig an eines meiner liebsten Epen in progressiver Rockmusik, nämlich  "Supper’s Ready" von Genesis. Auch dort startet die Geschichte zu Hause, führt den Helden auf eine apokalyptische Reise und endet mit der großen und tiefen Freude, nach Hause zu kommen und den Platz gefunden zu haben, nach dem man so lange gesucht hat. Habt Ihr Euch ein wenig von "Supper’s Ready" inspirieren lassen oder ist das reiner Zufall.

Randy: Es war definitiv ein Zufall. Um sicher zu gehen, haben wir zunächst darüber nachgedacht, die Geschichte aus "The Pilgrims Progress" nur lose zu verfolgen. Dann wurde es ein wenig deutlicher, und letztendlich haben wir die Story ausschließlich aus dem Buch abgeleitet. Aber eben nur einen relativ kleinen Teil des Buches, weil keiner von uns es jemals zuvor gelesen hatte. Natürlich, wer möchte nicht vermuten, dass eben auch "Supper’s Ready" ein wenig auf "The Pilgrim’s Progress" basiert, es war eine Pflichtlektüre in der Schule für die Jungs von Genesis. Manchmal erfindest Du einfach eine Handlung, um einer bestimmten Art von Abenteuer zu folgen. Da bleibt es nicht aus, dass gewisse Ähnlichkeiten zu großen epischen Geschichten festzustellen sind.

RockTimes: Hey, lasst uns kurz über Euren Gitarristen (Eric Gillette) sprechen. Der ist wirklich unglaublich, irgendwie als ob John Petrucci auf Roine Stolt und ein bisschen Jazz trifft. Es scheint, als ob er alle möglichen Stilrichtungen spielen kann, die ihm so gerade in den Sinn kommen. Ein wichtiger Aspekt für Eure Musik, oder?

Neal: Ja, er ist unglaublich! Und er ist auch ein großer Keyboarder und Schlagzeuger. Und er singt und schreibt!

Randy: Eric ist ein unglaublich talentierter Musiker. Er spielt nicht nur Gitarre, sondern spielt Keyboards und Schlagzeug und singt. Er schreibt und komponiert auch. Wir haben Glück, ihn für die Band bekommen zu haben! Aber der Bassist ist doch auch ganz OK, oder? (lacht) …

RockTimes: Die Komposition eines solch epischen Meisterwerks muss eine sehr komplexe Arbeit sein. Wie viele Ideen und reale Noten werden geboren, bevor man ins Studio geht, wie viel Improvisation fließt ein während den Aufnahmen?

Neal am Keyboard / Photocredit Robert Smith

Neal am Keyboard / Photocredit Robert Smith

Neal: Ich habe wie schon gesagt einfach damit begonnen, ein paar Ideen mit meinem Handy aufzunehmen, etwa einen Monat, bevor wir mit der eigentlichen Arbeit begannen. Dann, nun als komplette Band, haben wir die Ideen ausgearbeitet und die Ideen der anderen Musiker flossen nun mit ein. Während eines Schneesturms hab ich dann weiteres neues Material geschrieben und der Band vorgestellt. Mal kamen wir zu einem Punkt in der Musik und hielten inne…und als wir noch komponierten, dachten wir gleichzeitig über die Story nach. Wir überlegten: Was soll nun als nächstes geschehen? Und das wiederum floß ein in die Musik, so wie wir sie bis dahin erdacht hatten.

Wenn wir an einen Punkt gelangten, wo wir einzelne, verschiedene Teile der Musik verbinden wollten, dann war das zum Beispiel ein guter Grund, ein heftiges Riff zu setzen, denn das drückt den Konflikt in der Geschichte aus, der sich in diesem Moment dort vollzieht. Darum sind meiner Meinung nach die Texte und die Musik unzertrennlich miteinander verbunden.

Randy: Wir hatten etwa 35 Minuten an Musik und Ideen zusammen und brachten die mit ins Studio. Ein Teil davon hat überlebt, aber Neal hatte noch weitere 40 Minuten Musik zwischen unserer initialen Schreib-Session und dem Drum-Tracking zusammengekratzt. So hatten wir genug Ideen zusammen, um daraus schöpfen zu können. Und dann haben wir einfach all das ergänzt, was für den Drum Tracking-Prozess nötig ist. Das Material ist hinreichend auf eine gewisse Härte gebracht, um Schlagzeugspuren zu bekommen und dann fängt der Spaß wirklich an.

Randy George / Photocredit Robert Smith

Randy George / Photocredit Robert Smith

Jeder von uns zieht sich ins stille Kämmerchen zurück und erarbeitet seinen Teil. Ich bin dabei derjenige, der erst einmal für sich allein aufnimmt, weil ich das Material der anderen Jungs erst ganz zum Schluss bekomme, um den Bass einzuspielen. Aber ich gehe immer wieder zurück, ändere Dinge, von denen ich glaube, dass sie besser passen, wenn ich all die anderen Instrumente gehört habe. So ist das ein sich ständig verändernder und sich entwickelnder Prozess, der in den ursprünglich gelegten Schlagzeugaufnahmen verankert ist.

RockTimes: Am Ende des Albums, in der Textzeile »The Son’s Coming Home« gibt mir die Musik einen ungeheuren emotionalen Kick und es wirkt fast ein wenig, als ob Rockmusik selbst ihre Bestimmung gefunden hat. Siehst Du selbst das auch so emotional?

Neal: Das ganze Album ist sehr emotional für mich, also ja. Der Song fühlt sich für mich sehr erhebend an und ich freue mich sehr, dass es Dir auch so geht. Vielleicht ist der letzte Abschnitt von "So Far Gone" der emotionalste Song für mich, der bringt mich jedes Mal zum Weinen. Manchmal fühlen wir, dass wir Gott enttäuscht haben – und das trifft mich immer in meinem Herzen.

RockTimes: Gehen wir bisschen zurück in Deiner Geschichte, Neal. In einer Doku über Spock’s Beard habe ich mal gesehen, dass Eure Band damals eine tief verwurzelte Familiensache gewesen ist. Als Du 2002 nach Eurem großartigen Album "Snow" die Band verlassen hast, wie hat denn Dein Bruder Alan (Anmerkung der Redaktion: Gitarrist von Spock’s Beard) darauf reagiert?  War das ein Problem für Euch?

Neal: Es war eine harte Zeit. Aber ich denke, dass wir inzwischen unseren Weg gefunden haben, damit umzugehen. Es war schwierig, wie Du Dir vorstellen kannst. Jedes Mal, wenn jemand eine Band verlässt, ist das unangenehm, aber mit den familiären Bezügen – oh Mann, das ist eine harte Sache. Und so war es dann auch bei uns. Zum Glück sind mein Bruder Alan und ich wieder zu einer wirklich guten Beziehung gekommen, und dafür ich bin wirklich sehr dankbar.

RockTimes: Du spielst ja nicht nur Rockmusik und entsprechende Konzerte, sondern Du veranstaltest auch sogenannte 'Worship Concerts', die in Kirchen stattfinden. Wie wichtig ist es Dir, Glaube und Musik zusammenzubringen. Siehst Du Dich in einer spirituellen Führungsrolle für die Menschen?

Neal: Ich fühle, dass Gott mich dazu berufen hat, eine Art von Führung zu leisten. Aber hauptsächlich versuche ich, ein Helfer für die Menschen zu sein, mit Gott in Verbindung zu treten und zu bleiben. Und die Menschen mit Liebe zu führen, so gut ich kann.

RockTimes: Eine letzte Frage für Euch beide. Was erwartet Ihr von der Zukunft, wird die Neal Morse Band Euer Hafen sein, in dem Ihr anlegt? Wird es vielleicht Neues von Transatlantic geben oder vielleicht etwas völlig anderes?

Photocredit Robert Smith

The Neal Morse Band / Photocredit Robert Smith

Neal: Die Neal Morse Band wird natürlich ein Hafen für mich sein. Das Projekt Transatlantic erfährt im Moment nur eine Unterbrechung und ich hoffe, demnächst wieder was mit denen zu tun. Erst letzte Woche war ich mit Flying Colours im Haus von Steve (Anmerkung der Redaktion: Steve Morse, nicht mit Neal verwandt) das gab eine Menge Spaß!

Randy: Wir hoffen sehr, dass die Neal Morse Band weitermacht und gedeiht. Wir spielen immer noch gerne miteinander und ich denke, solange es nicht zu viel wird auf einmal, wird es immer ein willkommenes Projekt sein für uns! Ich würde gerne sehen, wie die Band weiter wächst. Ich möchte nur nicht, dass es letztlich etwas wird, was uns so viel abverlangt, dass der Spaß dabei am Ende auf der Strecke bleibt. Ich denke, andere Projekte zeitgleich zu pflegen, ist immer sinnvoll und ich bin sicher, jeder von uns wird auch weiterhin andere Sachen machen! Ich plane ein neues Soloalbum in nicht allzu ferner Zukunft. Aber ich denke, die Neal Morse Band wird für eine Weile weiter bestehen und wir werden alle da sein, wenn es so kommt!

Der Gedankenaustausch wurde schriftlich geführt. RockTimes bedankt sich bei Neal Morse und Randy George ganz herzlich für das Interview und bei Kai Manke für die Ermöglichung und die Bereitstellung der Fotos von Robert Smith. Und abschließend bemerkt hat sich für den Interviewer ein lang gehegter Traum erfüllt, zwei wirklich sehr geschätzte Musiker im direkten Dialog erfahren zu können.

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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