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Ned Greenough / A Drop In The Bucket – CD-Review

Ned Greenough / A Drop In The Bucket

Ned Greenough ist ein junger Musiker, Produzent und Toningenieur aus Syracuse, NY. Bereits im November erschien seine EP "Chances" auf den Online-Plattformen. Als Begleitband rekrutierte Ned einige Freunde vom College und brachte nun im letzten Herbst die erste vollständige CD auf den Markt. Die Kompositionen stellen das Piano ausdrücklich in den Vordergrund, die Songs werden dazu mit spärlichen Applikationen klassischer Instrumente und gelegentlich auch mal mit dem Synthesizer unterlegt. Die Hauptrolle aber spielt Neds Stimme und sein Piano. Bruce Hornsby hat vor vielen Jahren mit einem ähnlichen, aber deutlich mehr poporientierten Ansatz mal einen ganz großen Fisch an Land gezogen, ich sage nur "The Way It Is".

"Breaking Even" beginnt sehr dynamisch und kraftvoll, könnte jedoch den Zuhörer in sofern auf falsche Gedanken bringen, da es sich hierbei um die temporeichste Nummer handelt, wo auch die elektrische Gitarre einen Akzent setzen darf. Dies ist aber nicht der Regelfall.
So bietet bereits die zweite Nummer, "Confessor", kleine Hänger, weil man sich in den instrumentalen Parts doch allzu sehr auf die Wirkung des Pianos verlässt. Die eigentümliche, melancholische Melodik der Strophen und Refrains hingegen berührt ausdrücklich.
Am stärksten wirkt die Musik nach, wenn sie sich dem hingibt, wo sie aus meiner Sicht am meisten hingehört: Dem klassischen Songwriting. "Rainy Day Submission" ist so ein beeindruckendr Song, wo man Neds Emotionen sehr eindrucksvoll und in einer Gänsehaut erzeugenden Tiefe dargeboten bekommt.
"Summer Sweethearts" hat besonders viel von diesem mitreißend einschmeichelnden Potential, ein Stück, das nach wunderschönem Auftakt Tempo aufnimmt und eine perfekte Harmonie bietet, die man fast 1977 bei Genesis und ihrem "And Then There Were Three" vermuten mag.

Und dann folgt mit "Tiger Striped Lily" eine aufregende Nummer mit teils harten Akkorden, wunderschönen Breaks und sehr eindrücklichen Gesangsparts, ja, das ist jetzt bester progressiver Rock mit einem ganz besonders authentischen Stempel. Dieser Song ist mein Favorit. Daran an schließt sich das beschwingte "In The Life Of A Dream" mit einem durchgängig treibenden, einnehmend leichten Rhythmus, der einen unwiderstehlich dazu animiert, diesen mit Nacken, Kopf oder in den Knien zu adaptieren. Dieses Lied könnte ein willkommenes und irgendwie massentaugliches Angebot auch an eine größere Hörerschaft darstellen. Es ist dies der längste Track auf dem Album und er hat einen wunderschönen Ausklang, der von ganz besonders sanften Piano-Klängen getragen wird. Der abschließende Titelsong, "A Drop In The Bucket", erhält diesen wirklich zutiefst ergreifenden Duktus, diese stille und hoch einfühlsame Meditation vermag sensible Gemüter sicher zu Tränen zu rühren. Eine wunderschöne, traurige Ballade voller Herzschmerz.
Damit erreicht das Album gerade zum Ende hin seine stärksten Momente, musikalische Augenblicke, die einem lange im Gedächtnis bleiben werden.

Der allgegenwärtige Schwerpunkt auf dem Piano als alles tragendem harmonischem Instrument und einer angenehmen, durchaus sehr authentischen Stimme, die aber nicht übermäßig variantenreich agiert und für mein persönliches Empfinden eben doch viel mehr klingt wie die eines musikalischen Geschichtenerzählers aus dem Spannungsfeld der klassischen Songwriter, das alles scheint mir als tragende Momente für eine, ausdrücklich als progressive Musik proklamierte Platte, doch ein Stück weit zu wenig für 54 Minuten. Die in den Strophen eingeflochtenen und mitunter scheinbar aus dem Nichts geborenen Tempowechsel sind für mich auch nicht immer nachvollziehbar und entwickeln sich zu wenig aus dem Flow der Musik. Dass zudem das Instrument der allmählichen Ausblendung zum Ende der Songs teilweise verwendet wird, nervt mich auch ein wenig, denn auf einem progressiven Album sollte man sich die Mühe eines komponierten Finales in den Liedern schon geben.

Für mein Empfinden werden auf "A Drop In The Bucket" in sich schöne und nachdenkliche Songs geboten, die aber eben weitgehend nicht wirklich mit dem Prädikat Progressive Rock behaftet werden sollten. Eine Etikettierung ist aber letztlich nur Schall und Rauch, ich möchte halt nur wahrheitsgemäß und nach bestem Gewissen berichten. Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden.

Wer jedoch Gefallen findet an sensiblen Musikstücken mit einer eigenen Magie, die sie eben aus den primären Befähigungen ihres Erzeugers generiert, der wird auf diesem Album viele kleine Perlen von großer Schönheit entdecken können.


Line-up Ned Greenough:

Ned Greenough (vocals, piano, organ, synthesizer)
Michael Gentile (guitar, backing vocals #6)
Thomas Draper (bass, guitar #5,6,7, backing vocals #6)
Joey Small (percussion, backing vocals #1,5,8)
Christiana Santoro (oboe #3)
A.J. Barbera (violin #5)
Haley Wright-McGivney (backing vocals #2,8)
Maura Sullivan (backing vocals #8)

Tracklist "A Drop In The Bucket":

  1. Breaking Even
  2. Confessor
  3. Rainy Day Submission
  4. Eternal Of Eden
  5. Summer Sweethearts
  6. The Little Man
  7. Tiger Striped Lily
  8. In The Life Of A Dream
  9. A Drop In The Bucket

Gesamtspielzeit: 53:23, Erscheinungsjahr 2019

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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