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Neil Young With Crazy Horse / Early Daze – CD-Review

Neil Young with Crazy Horse - "Early Daze" - CD-Review

Nach dem Ende von Buffalo Springfield brachte Neil Young im November 1968 sein erstes Soloalbum raus, mit dem er aber noch nicht viel reißen konnte. Möglicherweise unzufrieden mit der musikalischen Umsetzung beschloss er direkt darauf eine feste Band zu gründen, anstatt sich weiterhin von zwar superben, jedoch in mancherlei Aspekten für seinen Geschmack zu routinierten Session-Musikern unterstützen zu lassen. Diese neue Begleitband fand er dann schon sehr bald in Gestalt von The Rockets, die sich nach einem gefloppten Album als Sexett wieder zu einem Quartett mit den Musikern Danny Whitten (guitars, vocals), Jack Nietzsche (keyboards), Billy Talbot (bass) sowie Ralph Molina (drums) gesund geschrumpft hatten. The Rockets nahmen Youngs Angebot unter der Voraussetzung an, dass sie dennoch weiterhin auch als eigenständige Band agieren und neben eigenen Auftritten auch eigene Alben einspielen konnten. Der gute Neil willigte zwar ein, setzte aber umgehend einen dermaßen strikten und zeitlich dichten Probe-Plan in Kraft, der sein gerade gemachtes Versprechen wie eine Farce erscheinen ließ. The Rockets wurden von Young ursprünglich in War Babies umbenannt, wählten jedoch schon sehr bald Crazy Horse als ihren neuen Bandnamen.

Wie dem auch sei, die Proben begannen und ehe die Musiker sich versahen, waren sie bereits mitten in die Aufnahme-Sessions für Youngs zweites Album ("Everybody Knows This Is Nowhere", 1969) involviert. Der Rezensent will gar nicht verhehlen, dass die gerade genannte Scheibe immer schon in seiner persönlichen Top 3 des Kanadiers zu finden war und hatte bei der vor wenigen Wochen erschienenen Platte "Early Daze" ein gewisses Näschen dafür, was darauf zu finden sein könnte. Und genau das, nämlich Outtakes aus dem Album sowie alternative Versionen sind auf diesem neu geschnürten Zehn-Song-Paket auch enthalten. Der Band-Sound ist unverkennbar der, wie er auch auf dem fertigen Album zu hören ist, selbst wenn dafür noch mal alles verfeinert wurde und sich die Nummern auf "Early Daze" bis auf eine Ausnahme auch noch – mal mehr, mal weniger – in der Entwicklung befanden.

Alle der hier enthaltenen Tracks sind bereits auf unterschiedlichen Alben erschienen, den letzten Mohikaner stellt diesbezüglich das sehr schöne "Winterlong" dar, das bis zu der 1977er Compilation "Decade" auf eine Veröffentlichung warten musste. Ansonsten herrschte zu jener Zeit offensichtlich eine echte Band-Atmosphäre, was unter anderem daran festzumachen ist, dass Danny Whitten bei dem Whitten/Young-Stück "Come On Baby, Let’s Go Downtown" sowie bei seinem "Look At All The Things" die Lead Vocals übernehmen durfte. Speziell die Tracks "Down By The River" oder auch "Helpless" (das letztendlich dann überarbeitet auf der Crosby, Stills, Nash & Young-Platte Déjà Vu landete) sind eigentlich schon so gut wie fertig. Bei "Cinnamon Girl" konnte der Verfasser dieser Zeilen außer einem minimal dumpferen Sound gar keinen Unterschied zur veröffentlichten Version mehr erkennen. Der ist zwar da – ein anderes Gitarren-Outro als auf dem Album -, tatsächlich haben wir hier aber die dann veröffentlichte Single-Version des Tracks vorliegen.

Mit "Dance, Dance, Dance", "Look At All The Things" sowie "Downtown" (aka "Come On Baby, Let’s Go Downtown") landeten drei der hier enthaltenen Tracks in neuen Einspielungen auf dem ersten, gleichnamigen Album von Crazy Horse (1971). Leider verfiel Danny Whitten immer mehr seiner Heroin-Sucht und Young musste ihn bereits einmal während der Aufnahme-Sessions zu seinem Folge-Album "After The Goldrush" (1970) nach Hause schicken. Der weitere Versuch einer Zusammenarbeit scheiterte Ende 1972, als der Kanadier den vollkommen neben sich stehenden Whitten ein zweites Mal entlassen musste. Der Musiker verstarb noch in der selben Nacht an einer tödlichen Mixtur aus Diazapem und Alkohol. Was dazu führte, dass Neil Young viele Jahre von einem nagenden Schuldgefühl geplagt wurde.

"Early Daze" von Neil Young With Crazy Horse ist jedoch eine echte Perle für alle, die einerseits "Everybody Knows This Is Nowhere", das gerade im letzten Absatz genannte erste Album von Crazy Horse oder ganz allgemein einen etwas raueren ungeschliffeneren Rock-Sound der damaligen Zeit lieben.


Line-up Neil Young With Crazy Horse:

Neil Young (lead & rhythm guitars, lead vocals)
Danny Whitten (lead & rhythm guitars, background vocals, lead vocals – #2,7)
Billy Talbot (bass, background vocals)
Ralph Molina (drums, background vocals)

With:
Jack Nietzsche (tambourine – #1, piano – #2,3)

Tracklist "Early Daze":

  1. Dance, Dance, Dance
  2. Come On Baby, Let’s Go Downtown
  3. Winterlong
  4. Everybody’s Alone
  5. Wonderin'
  6. Cinnamon Girl
  7. Look At All The Things
  8. Helpless
  9. Birds
  10. Down By The River

Gesamtspielzeit: 38:41, Erscheinungsjahr: 2024 (1969)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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