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Nico Rivers – Konzertbericht, 21.09.2024, Sande, Zur Scharfen Ecke

Nico Rivers – Sande, Zur Scharfen Ecke

Im Rahmen seiner diesjährigen Europatournee ließ es sich Nico Rivers nicht nehmen, auch wieder ein Konzert in Sande anzubieten, wiederum in der Musikkneipe 'Zur Scharfen Ecke'. Nur war er dieses Mal ganz solo unterwegs, denn seine Verlobte Emily Graham-Handley blieb zu Haus, weil sie derzeit mit ihrem Filmprojekt sehr eingebunden ist.

Eine neue Veröffentlichung hatte Nico auch im Gepäck. "Masquerades Of Lullabies" wurde zwar bereits in den frühen Monaten des Jahres 2020 produziert, doch durch Covid-bedingte Verzögerungen erschien die Platte nun erst voll umfänglich. So konnte man sich freuen auf einige ganz neue Songs, die hieraus stammten. Und gerade diese neuen Nummern, "Patient Harbor", "Exit Line", "If The Wind Blows" "Edge Of A Knife", zeugten davon, wie sich Nico sowohl als Songwriter als auch als Interpret auf der Bühne weiterentwickelt hat.

So stellte ich fest, dass er gesanglich noch ausdrucksstärker und sicherer agierte, seine häufigen Auftritte sorgten für eine große Bühnenerfahrung und einen hohen Grad an Professionalität. Das zeichnete sich auch im Gitarrenspiel aus, weil es viel Raffinesse ausstrahlte in den Arrangements, unter anderen auch durch sehr perkussives Spiel und sehr gutes Fingerpicking.

Nico Rivers mit der Harp

Nico Rivers mit der Harp

Fünf Coversongs wurden dieses Mal geboten und punkteten sowohl durch Detailgetreue als auch einen jeweils individuellen Zuschnitt, "Take It Easy" der Eagles, "You Can Call Me Al" von Paul Simon, "Honky Tonk Women" der Rolling Stones, "Heart Of Gold" von Neil Young und ein Song der Black Keys, "Lonely Boy". Ansonsten konnte man feststellen, dass sich 'alte' Stücke mittlerweile zu 'kleinen Klassikern' entwickelt haben, wie "Your Heart From The Inside" oder das ebenfalls unter dem Bandnamen Gold Hoax veröffentlichte "Fortune Teller". Hierzu verriet Nico übrigens, dass er einst neben seinen zwei Brüdern den wohl außergewöhnlichsten Job hatte: er arbeitete auf einem Friedhof, was im Übrigen wohl das Eine oder Andere erklären würde.

Im Übrigen gab Nico vor jedem Lied eine kurze Erklärung über die Bedeutung und die jeweilige Absicht, die dahinter steckte. Zum Beispiel ging es darum, wie man als Jugendlicher und Erwachsener die Dinge unterschiedlich betrachten kann, oder zum Ort, an dem man aufwuchs. War dieser klein und beschaulich, sehnte man sich nach den bunten Lichtern der Großstadt und später erkannte man, dass man eigentlich dort gern leben möchte, wo andere Urlaub machen: in Ruhe, direkt am Wasser etc. ("Patient Harbor"). Mit "Edge Of A Knife" wurde die Geschichte eines Mentors erzählt, jemand der als Tischler sehr geschickt war, sich Vieles aufgebaut hatte, durch Pillen in Abhängigkeit geriet, schwer erkrankte und alles verlor.

Den als Protestsong gegen das US-amerikanische Gesundheitssystem konzipierte "Even Holding", zu dem es ein herrliches Video mit einem Roboter gibt, spielte Nico dann sehr schnell, unter der Zwei-Minuten-Grenze. "Your Heart Was Just The Start" kündigte er als den ersten gemeinsam mit Emily geschriebenen Song an. Neben dem einen oder anderen Rocker konnte das leider nicht sehr zahlreich erschienene Publikum (die Werbung wurde wohl leider nicht ausreichend geschaltet) solche melancholisch-folkigen Stücke wie das sehr schöne "Misty Nebraska" oder das spukige "Ghosts", das nach gut drei Minuten dann doch noch reichlich elektrisch verstärkte Fahrt aufnimmt, genießen.

Nico und Wolfgang

Nico und Wolfgang

Sicher konnte sich Nico sein, dass, immer wenn er zu den schnelleren und mehr rockenden Titeln griff, drei Damen aus dem Publikum zur Bühne strebten und sich sozusagen als 'Go Go Girls' zum Tanzen animiert fühlten. So denke ich, dass seine Musik trotz geringer Besucherzahlen doch gut ankam und nicht unbeachtet blieb.

War er einst, beim ersten Konzert, noch allein mit seinem Koffer unterwegs, das heißt, das war und ist es noch heute, seine per Fußpedal selbst gespielte Rhythmusmaschine, die »suitcase bass drum« und gelegentlichem Tambourin-Einsatz sowie der Mundharmonika, so ist er mittlerweile technisch wesentlich besser ausgestattet – mit einer Looping-Station. Deshalb konnte er entsprechende Sounds vorbereiten und speichern und jederzeit abrufen, seien es Gitarrenspuren, Perkussions-Klänge und auch Gesangsspuren, die ihm letztlich ermöglichten, mit einem Background-Chor zu agieren. Das führte insofern zu einer großartigen Abwechslung und Auflockerung zu den teils nur mit akustischer Gitarre begleiteten Kompositionen.

So erlebten wir einen sehr belebenden musikalischen Abend eines sehr sympathischen Künstlers, den wir hoffentlich bald wieder für eine Live-Show als auch persönlich wieder treffen werden!


Line-up Nico Rivers :

Nico Rivers (lead and background vocals, acoustic guitar, harmonica, suitcase bass drum, looping)

 

Bildnachweis für alle Bilder des Events: © 2024 | Wolfgang Giese | RockTimes

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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